„Kann und möchte ich eng mit Menschen arbeiten?“ Als Verantwortliche für das Ausbildungsmarketing und Ansprechpartnerin für Schüler schlägt Anika Warszta von den Westküstenkliniken die Brücke zwischen Klassenzimmer und Klinikausbildung. Im Interview verrät sie, was gute Berufsorientierung bieten sollte, welche Fragen Schülerinnen und Schüler zum Pflegeberuf stellen und was angehende Pflege-Azubis von heute erwartet.
Frau Warszta, wie sieht Ihr Berufsalltag im Ausbildungsmarketing der Westküstenkliniken aus?
Meine Hauptaufgabe besteht darin, den Kontakt zu Schülern herzustellen. Dazu besuchen wir den Berufsorientierungsunterricht von neunten und zehnten Klassen der Region, stellen uns dort als Ausbildungsbetrieb vor und zeigen den Schülern die Vielfalt der Ausbildungswelt in den Westküstenkliniken. Bei uns kann man zwi-
schen zehn Ausbildungsberufen wählen. So lernen die Schüler die passenden Ansprechpartner unmittelbar kennen und können Berührungsängste abbauen. Erste Kontakte zu knüpfen und bereits früh ein Netzwerk aufzubauen, ist das Wichtigste. Zum Ausbildungsmarketing gehört zudem, Schul- und Berufsorientierungsmessen zu besuchen, dort Beratung anzubieten, aber auch Beratung bei uns vor Ort.
Also haben Sie vorwiegend mit Schülern und weniger mit den Auszubildenden der WKK zu tun?
Genau, wir gehen auf die Schüler zu und sind Ansprechpartner für ihre Fragen. So können Interessierte herausfinden, welche Ausbildung die Richtige für sie ist. Im Gespräch mit uns können aber auch Verständnisfragen geklärt werden; beispielsweise, wenn es um die Unterschiede zwischen den einzelnen Ausbildungsberufen geht. Wichtig ist uns, dass es passt: und zwar, dass auch der Schüler spürt, der Beruf passt zu mir, ich passe ins Krankenhaus. Auch wenn am Ende eines Beratungsgesprächs die Einsicht steht „Ich passe nicht in diesen Beruf“, dann haben wir den Schüler in seiner Berufsorientierung ein Stück weitergebracht! Hier steht die Beratung im Mittelpunkt.
Wie stellen Sie den Kontakt zu den Schulen her?
Wir haben über die IHK mit verschiedenen allgemeinbildenden Schulen, Gymnasien und Gemeinschaftsschulen in ganz Dithmarschen Kooperationsverträge abgeschlossen. Mit diesen Schulen haben wir somit immer einen verbindlichen Austausch und arbeiten hier zusammen, treffen uns regelmäßig und planen gemeinsame Projekte über das Schuljahr. Zum Beispiel besuchen wir im Herbst, zu Beginn der Bewerbungsphase, die neunten und zehnten Klassen. Aber auch im Frühjahr schauen wir noch mal vorbei und stellen uns als Ansprechpartner vor. Dann gibt es noch Messen und Projekte und die Möglichkeit, uns im Krankenhaus zu besuchen, um konkrete Einblicke in die Ausbildungsberufe zu erhalten. Es macht einen enormen Unterschied, ob man sich das Arbeiten in einer Klinik vorstellt oder es mal konkret mitbekommt; erfährt, wie es dort aussieht, wie es riecht, wie die Atmosphäre ist – das bringt viele weiter.
Warum ist es für das WKK so wichtig, eng mit den Schulen zusammenzuarbeiten?
Weil der persönliche Kontakt der größte Hebel ist, um Auszubildende zu gewinnen. Viele Schüler in Dithmarschen sind sehr familiär und möchten in der Region bleiben.
Sind die Menschen aus der Region besonders heimatverbunden?
Ich nehme das schon so wahr. Deshalb sind die regionale Arbeit und Zusammenarbeit für uns so wichtig. Viele unserer Auszubildenden kommen aus der Region.
Welcher Weg hat Sie ins Ausbildungsmarketing geführt?
Seit eineinhalb Jahren bin ich im Ausbildungsmarketing der WKK tätig. Vorher habe ich im Personalwesen gearbeitet. Ich habe zwei Kinder, und als wir nach Heide zogen, war ich auf der Suche nach einem passenden Halbtagsjob im Personal- oder Marketingbereich und bin glücklicherweise auf diese Stelle gestoßen.
Wie zielstrebig sind Schülerinnen und Schüler von heute bei ihrer Berufswahl?
Es gibt die, die genau wissen, was sie wollen. Es gibt jene, die wissen, sie wollen im Krankenhaus arbeiten, aber nicht, als was. Und dann gibt es natürlich auch diejenigen, die noch gar nicht wissen, wo es sie hinzieht und was sie machen wollen. Das ist der Querschnitt, wenn wir Schulklassen besuchen und sich alle einmal vorstellen.
Welche Fragen bewegen die Schüler?
Bei Rundgängen hier in der Klinik hört man schon öfter die Frage, wie es ist, wenn jemand stirbt und wie man damit umgeht. Wir haben einen Andachtsraum für Patienten und Mitarbeiter, den wir in unserem Klinikrundgang zeigen. Zum Thema „Tod und wie gehe ich damit um“ haben wir in unseren Ausbildungen ein einwöchiges Seminar, so dass unsere Schüler mit dem sensiblen Thema nicht allein sind und für Situationen im Job vorbereitet werden. Mir persönlich ist sehr wichtig, den Schülern zu vermitteln: Was bedeutet es tatsächlich, in der Pflege zu arbeiten? Viele haben den Wunsch, etwas mit Menschen zu machen, zu helfen. Zur Pflege gehört aber auch, Menschen anzufassen, Krankheitsbilder zu erkennen und Verantwortung für einen Patienten zu übernehmen. Sie sollen ein realistisches Bild vom Beruf bekommen. Viele Schüler machen sich Gedanken um ihren Notenspiegel und die Voraussetzungen für Ausbildungsplätze bei uns. In der Pflege ist jedoch vor allem eins entscheidend: Kann und möchte ich so eng mit Menschen arbeiten? Denn viele besitzen einen Helferinstinkt, aber man benötigt auch Empathie und Geduld und man muss auf Menschen zugehen können. Zudem muss man lernen, professionell damit umzugehen, dass Patienten krankheitsbedingt nicht immer dankbar und gut gelaunt sind.
Was würden Sie jungen Menschen raten, die in der Pflege arbeiten möchten?
Voraussetzung für einen Pflegeberuf ist ein Praktikum in diesem Bereich. Zusätzlich sollte man sich so umfassend wie möglich informieren und den Kontakt zu Azubis suchen, die gerade eine solche Ausbildung absolvieren. Ich würde außerdem raten, uns zu kontaktieren, denn dafür sind wir da. Wichtig finde ich auch, dass mit dem Abschluss der Pflegeausbildung die Möglichkeiten im Gesundheitswesen erst beginnen!
Gerade in diesem Bereich gibt es mittlerweile zahlreiche und ganz unterschiedliche Weiterbildungsangebote – vom Studium, bis zur Fachweiterbildung oder auch eine Weiterbildung in Richtung Pflegemanagement oder Pflegepädagogik. Hier kann man seinen ganz eigenen Weg gehen.
Welche Impulse würden Sie gerne durch Ihren Beruf setzen?
Ich würde gerne Hemmschwellen abbauen. Die Brücke schlagen von der Schule hin zur Berufsfindung. Ich möchte dabei helfen, dass sich die Schüler nicht verloren und überfordert fühlen, wenn es aus dem gewohnten Schulumfeld heraus geht in die Berufswelt. Für mich war das damals ein Riesenschritt und ich habe mehrere Anläufe gebraucht, um Fuß zu fassen. Deshalb ist mir wichtig, den Schülern zu vermitteln: So schlimm ist das gar nicht!
Inwiefern sehen Sie Schulen in der Verantwortung, Hemmschwellen bei der Berufsorientierung mit abzubauen?
Es gibt sehr engagierte Schulen und Lehrer, denen es am Herzen liegt, dass die Schüler ihren Weg finden. Solche, die ihren Schülern helfen wollen, die richtigen Kontakte zu knüpfen. Manche Schulen setzen sich sehr für die Berufsorientierung ein, veranstalten Ausbildungsmessen, geben Tipps für Bewerbungsgespräche oder laden Fotografen ein.
Ist es für Sie schwierig, gute Auszubildende zu finden?
Im Moment sind die Bewerberzahlen noch gut. Unser Schwerpunkt liegt auf der Pflege. Hier bilden wir zweimal im Jahr aus und zusätzlich einmal im Jahr zur Krankenpflegehilfe.
Wie könnte man den Pflegeberuf attraktiver gestalten?
Ich glaube, es gibt viele Vorurteile. Zudem legen die jungen Menschen heutzutage viel Wert auf Anerkennung. Es müsste sichtbarer sein, was Pflege eigentlich ist, was es heißt, einen Patienten zu betreuen und ihn zu pflegen und während des Krankenhausaufenthaltes zu begleiten. Jugendliche möchten heute ihre Werte leben, gerne auch in beruflicher Hinsicht, aber diese Werte und der Wert dieser Arbeit sollten auch von der Gesellschaft anerkannt werden.
ERZÄHL MAL…
Theresa absolviert eine Ausbildung zur MTRA
„Ich wollte schon immer im medizinischen Bereich arbeiten, aber nicht unbedingt in der Pflege. Auf die Ausbildung zur MTRA hat mich meine Mutter gebracht, sie hat MTLA gelernt und hat mir schon als Kind viel über ihre Arbeit im Labor erzählt. Da ich als Turntrainerin oft mit Verletzungen zu tun habe und mich für Naturwissenschaften interessiere, wollte ich irgendwann verstehen, was Röntgenbilder sichtbar machen.”
Das Auswerten der Bilder und die enge Zusammenarbeit mit den Ärzten ist hochinteressant.
„Eigentlich hatte ich vor, Medizin zu studieren, da mein Notendurchschnitt jedoch nicht ganz reichte und ich nicht in die Stadt ziehen wollte, habe ich mich für die Ausbildung zur MTRA entschieden. Ein sehr verantwortungsvoller Beruf, da wir Menschen nicht unnötig Strahlungen aussetzen dürfen. Bisher haben sich meine Erwartungen voll erfüllt. Auch wenn es mir wichtig ist, Menschen mit meiner Arbeit zu helfen, interessiere ich mich mehr für die diagnostische Arbeit. Das Auswerten der Bilder und die enge Zusammenarbeit mit den Ärzten ist hochinteressant. Wir lernen zum Beispiel, was die Farbunterschiede auf dem Röntgenbild zu bedeuten haben, was auf Schwellungen in den Weichteilen hinweist, wo Verkalkungen zu erkennen sind und wo es eine Fraktur zu diagnostizieren gibt. Besonders freue ich mich auf das vierte und fünfte Ausbildungsjahr: zwei Praxishalbjahre, in denen wir unser theoretisch erlerntes Wissen anwenden können. Als Alternative zum Studium an der Uni könnte ich mir sehr gut vorstellen, später das duale Studium Physician Assistent zu absolvieren.”
Benjamin absolviert eine Ausbildung zur Pflegefachkraft
„Ich habe vorher im Einzelhandel gearbeitet, merkte jedoch schnell, dass mir etwas fehlt. Zur großen Verwunderung von Freunden und Familie entschied ich mich, ein Freiwilliges Soziales Jahr beim WKK Brunsbüttel zu machen, um nicht unvorbereitet in die nächste Ausbildung zu schlittern. Schnell merkte ich: Die Arbeit im Team und der enge Kontakt mit den Patienten sind genau das Richtige für mich.”
Ich freue mich schon darauf, im dritten Jahr die Verantwortung für einen eigenen Patientenstamm zu übernehmen und mich von der Grundpflege bis zur Medikamentenvergabe um alle Belange zu kümmern.
„Besonders reizt mich das Zusammenspiel von Medizin und Pflege sowie das Kennenlernen unterschiedlicher Krankheitsbilder. Daher machte ich anschließend eine dreijährige Ausbildung zum staatlich geprüften Pflegeassistenten. Das reichte mir jedoch nicht; heute bin ich im zweiten Ausbildungsjahr zur Pflegefachkraft, begleite die Ärzte bei der Visite und darf Medikamente verabreichen. Ich freue mich schon darauf, im dritten Jahr die Verantwortung für einen eigenen Patientenstamm zu übernehmen und mich von der Grundpflege bis zur Medikamentenvergabe um alle Belange zu kümmern. Die Arbeit als Pflegefachkraft ist sowohl körperlich als auch mental eine große Herausforderung. Momentan bin ich auf der Kinderstation – eine echte Gratwanderung zwischen Empathie und Abgrenzung, das ist manchmal nicht ganz leicht. Ich habe jedoch das große Glück, dass meine Freundin auch im Gesundheitswesen tätig ist und wir über alles reden können. Der Beruf hat mir beigebracht, mich auf andere zu verlassen. Nach der Ausbildung möchte ich eine Weiterbildung zum Praxisanleiter machen, weil ich Lust habe, andere mit meiner Begeisterung anzustecken und mein Wissen weiterzugeben.”
TEXT Sophie Blady, Kristina Krijom
FOTO Sebastian Weimar
Dieser Beitrag ist auch in der HIERGEBLIEBEN-Ausgabe 2022/02 erschienen.