Die Friedrich-Junge-Gemeinschaftsschule hat erstmals an dem bundesweit erfolgreichen Projekt „Lernen durch Engagement (LdE)“ teilgenommen. Die Schülerinnen und Schüler des WPU-Fachs „Lernen fürs Leben“ haben in diesem Zusammenhang im vergangenen Halbjahr zwei Monate lang an eigenen sozialen Projekten gearbeitet und dabei viel über sich und andere lernen können. Wir haben mit dem Schulleiter Ulf Schweckendiek und der verantwortlichen Lehrerin Margrit Gebel über die Durchführung und den Erfolg des Projekts gesprochen.
Woher kam die Idee, das Projekt LdE an der Schule durchzuführen?
Schweckendiek: Das Programm Lernen durch Engagement besteht bereits seit einigen Jahren und ist überaus erfolgreich. Mittlerweile gibt es sogar Überlegungen, das Projekt im Laufe der nächsten Jahre verpflichtend in den Wahlpflichtbereich der Gemeinschaftsschulen aufzunehmen. So lange wollten wir aber warten, da wir vom Lernwert des Programms überzeugt sind. Wir sehen aus didaktischer Sicht die größten Vorteile des Projekts in der Steigerung der Selbstwirksamkeit unserer Schülerinnen und Schüler.
Sie haben das Projekt erstmalig mit einer zehnten Klasse durchgeführt. Wie sind Sie dabei vorgegangen?
Gebel: Ich habe das Projekt LdE in meinen WPU-Unterricht „Lernen fürs Leben“ integriert, da es zum einen gut zu den dortigen Schwerpunktthemen passt und ich zum anderen den Eindruck hatte, dass meine Schülerinnen und Schüler ihre Komfortzone dringend mal verlassen müssen. Keiner war vorher ehrenamtlich aktiv und mein Ziel war es, dass sie die Erfahrung machen, wie es sich anfühlt, selbstlos und ohne eigenen kommerziellen Vorteil etwas für andere zu tun. Wir haben uns im Unterricht zunächst mit dem Programm des LdEs und der Ideenentwicklung beschäftigt. In einem zweiten Schritt mussten die Jugendlichen ihre Ideen auf Umsetzbarkeit überprüfen und sich zum Beispiel mit den Verantwortlichen ihrer Projekte in Verbindung setzen.
Gab es dabei keine Probleme?
Gebel: Der Start war zugegebenermaßen teilweise etwas holprig, weil einige die Erfahrung machen mussten, dass sich nicht alle Ideen praktisch umsetzen ließen oder dass zur Projektdurchführung mehr als ein Telefonat notwendig ist. Während dieser Phase gab es intensive Diskussionen zwischen mir und den Projektteilnehmern, aber selbst diese Anfangsschwierigkeiten waren hilfreich, um die Schülerinnen und Schüler in Bewegung zu bringen.
Schweckendiek: Das sehe ich genauso. Es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler überhaupt ins Handeln kommen und dazu gehört, manchmal auch die Erfahrung zu machen, mit Rückschlägen umzugehen. Wichtig ist doch, dass sie lernen, lösungsorientiert zu denken und ein Projekt gemeinschaftlich von Anfang bis Ende durchzuführen. Im Endergebnis hat der Großteil volles Engagement gezeigt und von der gemeinnützigen Projektarbeit nur profitieren können.
Wie hat sich die Sozialkompetenz bei den Schülerinnen und Schüler im Laufe der Projektarbeit verändert?
Gebel: Durch die eben erwähnten Gespräche legte sich bei allen sukzessive ein Schalter um, und ihr Problembewusstsein und ihre Einsatzbereitschaft schärften sich ganz von selbst.
Wie lief die Aufbereitung der Projekte im Unterricht ab?
Gebel: Während der Ausführungsphase haben wir uns regelmäßig im Unterricht darüber ausgetauscht, wo in den einzelnen Gruppen noch Schwierigkeiten bestehen und gemeinsam nach Lösungen gesucht. Nachdem die weiteren Handlungsschritte festgelegt waren, haben die Gruppen entweder im Schulgebäude oder im Praxiseinsatz selbständig an ihren Projekten gearbeitet. Sie mussten währenddessen ihre Projektarbeit schriftlich dokumentieren und standen dabei im ständigen Kontakt mit mir. Sehr schön war es aber auch zu sehen, dass bei Hindernissen selbständig neue, alternative Ideen in den Teams entstanden, um Lösungen zu finden.
Schweckendiek: Auch an Schulen herrscht oftmals die Einstellung vor, zunächst einmal Gründe dafür zu finden, warum etwas nicht geht. Die Teilnahme am LdE-Projekt hat gezeigt, dass es immer Lösungswege gibt und verdeutlicht:
‚Wenn man etwas nicht will, findet man immer Gründe es nicht zu tun, aber wenn man etwas wirklich will, sucht man Wege es doch zu tun.‘
Inwieweit hat sich die Teilnahme am Programm auf die Gruppendynamik der Schülerinnen und Schüler ausgewirkt?
Gebel: In den meisten Fällen als sehr positiv und nach Überwindung von einigen gruppendynamischen Schwierigkeiten lief das Teambuilding gut, Sozialkompetenzen wurden ausgebaut und selbst die eher stilleren Schülerinnen und Schüler haben von dem Projekt profitiert oder sind sogar über sich hinausgewachsen. Für einige Schulabgänger war diese Projektarbeit für ihren weiteren Karriereweg sogar ausschlaggebend.
Insgesamt war es sehr erfreulich zu sehen, wie bei allen Schülerinnen und Schülern der Blick über den Tellerrand gelungen ist. Die Freude am eigenen Tun, besonders wenn Schwierigkeiten gemeistert wurden, war an der bemühten Gestaltung ihrer Projektdokumentationen wunderbar ablesbar: Es hat sich gelohnt!
Wie beurteilen Sie zusammenfassend die Relevanz solcher Projekte in Schulen?
Schweckendiek: Ich bin bekanntermaßen ein großer Freund von Selbstwirksamkeit. Es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler, neben der Fachsystematik in den Kernfächern, lernen, dass ihre gesamtgesellschaftlichen Handlungen wichtig sind. Solche projektbezogenen Erfahrungen wirken sich meiner Meinung nach positiv auf ihr Selbstwertgefühl und ihre Motivation aus und sind von elementarem Wert für die Gestaltung ihrer Lebenswege.
Was ist LdE?
Service-Learning – Lernen durch Engagement (LdE) ist eine Lehr- und Lernform, die gesellschaftliches Engagement von Schülerinnen und Schülern mit fachlichem Lernen verbindet. Kinder und Jugendliche setzen gemeinnützige Projekte mit Engagementpartnern im entsprechenden Stadtteil oder der Gemeinde um. Sie werden für andere Menschen und für die Gesellschaft tätig und sammeln durch ihr Engagement demokratische Erfahrungen (Service). Das Engagement wird im Unterricht gemeinsam geplant, die Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler werden reflektiert und mit Inhalten der Bildungspläne verknüpft (Learning).
Zu den Projekten:
- Wie nachhaltiges Handeln an der FJS in Kiel für alle zum Glücksfall wird.
- Wie Osterhasen helfen können ein Tierheim zu unterstützen.
- Lebensmittelrettung an der FJS
- Wie junge Menschen aus Kiel auch Ältere dazu motivieren können, einen Baum zu pflanzen
Mehr zur Friedrich-Junge-Gemeinschaftsschule:
Im Oktober 2023 betreten die Mitglieder des Rotary Clubs Kiel-Eider und des jungen Rotaract Club Kiel gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern des 10. Jahrgangs die Bühne der Berufswelt.
TEXT Anja Nacken
FOTO Sebastian Weimar