Junge Macherqualitäten in Handewitt

Junge Macherqualitäten in Handewitt

Emily und Niklas (11. Klasse) engagieren sich mit Tatkraft in der SV der Siegfried-Lenz-Schule

Schule ist für Emily und Niklas mehr als ein Ort des Lernens – sie ist ein Lebensraum, in dem man als Schülerin und Schüler viel Zeit verbringt. Gerade weil ihnen ihre eigene Schule so am Herzen liegt, wollen sie sie stetig verbessern und sich für Wünsche nach mehr Toleranz, gelebter Vielfalt und digitalem Zeitgeist einsetzen.

Wie kam es zu eurem Engagement in der Schülervertretung (SV)?

Niklas: Emily und ich sind beide Schülersprecherin und Schülersprecher und wir haben uns für die Mitarbeit bei der SV entschieden, weil wir mitgestalten wollen. Wir haben gemerkt, dass noch viel ungenutztes Potenzial besteht und dachten uns, warum nicht Extraarbeit übernehmen, wenn wir dadurch etwas für viele bewirken können?

Emily: Vor allem der Wunsch, mehr auf Augenhöhe mit allen an der Schule Beteiligten kommunizieren zu können, hat mich motiviert, Teil der SV zu werden. Ich hatte immer das Gefühl, wenn mir etwas an der Schule nicht gefällt, kann ich daran wenig ändern. Als Schülervertreterin kann ich anders mit Mitschülerinnen und Mitschülern sprechen und meistens treiben sie die gleichen Themen um, sodass wir dann gestärkt durch die Meinung vieler, in den Dialog mit den Lehrerinnen und Lehrern treten und Dinge umsetzen oder ändern können. Wir verbringen hier neben den Lehrkräften viel Zeit und möchten als starke Stimme etwas bewirken.

Worin seht ihr das bislang ungenutzte Potenzial, das euch motiviert?

Niklas: Was die Schülerinnen- und Schülerbeteiligung anbelangt, sehe ich uns auf einem guten Weg. Gerade arbeiten wir daran, dass Schülerinnen und Schüler ab der achten Klasse – statt wie bislang ab der zehnten Klasse – in den Pausen ihre Handys nutzen dürfen. Im Unterricht darf das Handy bereits zur Recherche verwendet werden. Wir leben schließlich in einer digitalen Welt und das ist der Zeitgeist. Vielleicht sind wir irgendwann so weit, dass Schülerinnen und Schüler ab der fünften Klasse ein digitales Endgerät erhalten und damit arbeiten dürfen, aber wir wollen auch nicht zu weit in die Zukunft blicken. Wir möchten die Digitalisierung mit voranbringen.

Seit wann habt ihr das Amt inne und welche Vorhaben konntet ihr bereits umsetzen?

Emily: Etwa seit März dieses Jahres sind wir Teil der Schülervertretung und konnten uns seitdem schon relativ viel einbringen. Während der Wahlen zur SV haben Niklas und ich jede Klasse besucht und mit unseren Mitschülerinnen und Mitschülern darüber gesprochen, was sie bewegt. Um eine lockere und ehrliche Atmosphäre zu schaffen, sollten die Unterrichtenden das Klassenzimmer verlassen. So konnten wir Antworten auf die Fragen sammeln, was den Schülerinnen und Schülern nicht gefällt und was geändert werden sollte. Die Bandbreite reichte von mehr Sitzmöglichkeiten und Pausenaktivitäten über Probleme mit Lehrerinnen und Lehrern bis hin zu dem Wunsch nach mehr Aufklärung über Themen wie Homosexualität, LGBTQ+ und Diversity. Wir geben den Wünschen und Sorgen der Schülerinnen und Schüler eine Stimme .

Ein Mädchen lacht sitzend auf einer Treppe.Als SV rückt ihr Themen in den Fokus, die Schülerinnen und Schüler bewegen und die bei manchen Lehrerinnen und Lehrern noch nicht angekommen sind. Konntet ihr dahingehend schon etwas erreichen?

Niklas: Die gesammelten Themen, Sorgen und Wünsche haben wir dann an unsere Schulleiterin Frau Rothberg herangetragen. Mit ihr haben wir das Gespräch gesucht und sind auf große Offenheit gestoßen.

Emily: So erfuhren wir, dass konkrete Wünsche wie mehr Sitzgelegenheiten umsetzbar sind, größere Projekte, die die Schulhofgestaltung mit einbezog, jedoch nicht ohne Weiteres. Beim Thema Smartphone-Nutzung sind wir schon weiter und haben bereits zusammen mit Eltern Arbeitskreise gebildet. Bezüglich des Themas Vielfalt kam gerade eine Lehrerin auf uns zu. Zusammen kamen wir auf die Idee, dass beispielsweise im Rahmen der Vorhabenwochen Aufklärungsseminare angeboten werden könnten.

Niklas: Es kam auch die Idee auf, Lehrkräfte mehr für das Thema Diversity zu sensibilisieren. Ich glaube, einige sind da bisher noch nicht so weit.

Was steht hinter der Idee der Smartphone-Nutzung während der Pause, für die ihr euch einsetzt?

Emily: Gemeinsam mit der ganzen SV, also allen Jahrgangssprecherinnen und -sprechern haben wir Pro- und Contra-Argumente gesammelt. Dabei fiel uns auf, dass die Schülerinnen und Schüler sehr reflektiert sind und es viel um die Nutzung für bestimmte Zwecke geht beispielsweise um Notfälle. Alle Schülerinnen und Schüler nutzen das Programm ISerf. In diesem Zusammenhang ging es darum, dass Lehrende und Lernende einander besser erreichen könnten, wenn man den Stundenplan einsehen oder nachsehen kann, welche Stunde ausfällt.

Niklas: Weiter sind wir auch schon, was die Zusammenarbeit mit anderen Schulen anbelangt. Aktuell organisieren wir ein Netzwerktreffen mit anderen Schülervertretungen aus der Umgebung. Dabei soll der Austausch im Fokus stehen und Fragen wie: Wie arbeiten andere Schülervertretungen? Welche Probleme und Wünsche werden an ihren Schulen identifiziert? Wie können wir uns gegenseitig unterstützen? Auf Landesebene gibt es das Landesschülerparlament, auf Kreisebene das Kreisschülerparlament – in unserem Kreis leider noch nicht, daher ist dies ein längerfristiges Ziel für uns. Der Fokus liegt zunächst auf dem direkten Austausch.

Wie erlebt ihr den Austausch mit den Lehrkräften, Eltern und Mitschülerinnen und Mitschülern? Wo gibt es Überschneidungen, wo Differenzen?

Emily: Mit den Schülerinnen und Schülern gibt es aktuell am meisten Überschneidungen, aber auch mit den Verbindungslehrkräften, an die wir uns als Schülerinnen und Schüler wenden können. Derzeit sind zwei Lehrkräfte direkte Ansprechpartner für uns.

Niklas: Wir sprechen zudem mit der Schulleitung und mit Lehrerinnen und Lehrern direkt, wenn wir Anliegen haben. Auf der Gemeinschaftsschullehrerkonferenz haben wir das Thema Handy vorgestellt und sind auf viel Zuspruch gestoßen.

Wie gestaltet sich der Kontakt zu den Eltern?

Emily: Zu ihnen haben wir Kontakt durch den Elternbeirat. Es gibt auch eine Messenger-Gruppe, über die wir uns austauschen. Die Eltern selbst haben sich eine Intensivierung des Kontaktes gewünscht.

Niklas: Vor unserer Zeit wurden Themen wie ein Regelsatz für Klassenfahrten angestoßen. Bei Schulkonferenzen werden bestimmte Mehrheiten benötigt, daher müssen Schülerinnen und Schüler sowie Eltern ihre Anliegen erläutern. Das funktioniert ganz gut.

Was bedeutet euch die Schule?

Emily: Für mich spielt die Schule eine enorm wichtige Rolle. Die Klassengemeinschaft kann einen sehr erfüllen. Man verbringt tagtäglich in der Schule viel Zeit miteinander, daher sollte die Schule ein Ort sein, den jeder mag und gerne hingeht.

Niklas: Die Schule ist Gemeinschaft, ein Stück Heimat. Doch einige Schülerinnen und Schüler sehen das auch anders. Sie kommen nicht gerne in die Schule oder haben Probleme. Auch das sollte thematisiert werden. Die Schule sollte  ein  Ort sein, an dem sich jeder wohl fühlt.

Hat sich euer Ansehen bei Mitschülerinnen und Mitschülern und den Lehrkräften verändert?

Niklas: Ich werde regelmäßig von Jüngeren angesprochen. Die Lehrkräfte nehmen Rücksicht darauf, wenn wir Aufgaben für die SV zu erledigen haben. Natürlich holen wir den Stoff dann nach, aber es ist schön zu sehen, dass sie Verständnis zeigen und damit auch die Belange der Schülerinnen und Schüler ernst nehmen.

Ein Junge lacht.Als Schülervertreterin und -vertreter schenkt ihr der Schule Zeit und Engagement. Was ist für euch der Gegenwert? Würdet ihr euch auch für andere Dinge so einsetzen?

Emily: Ich kann mir schon vorstellen, ein anderes Ehrenamt auszuüben, wenn man sich mit den Werten identifizieren kann. Ich bin motiviert, die Schule weiter zu verbessern, weil ich gerne dort bin. Außerdem bereitet mir die Arbeit in der SV viel Freude. Wir verstehen uns sehr gut mit den Schülerinnen und Schülern und man erlebt sehr viel. Das Landesschülerparlament zu besuchen, war eine spannende und bereichernde Erfahrung. Es war ein langer Tag, aber er hat viel Spaß gebracht. Durch die Arbeit in der SV lernt man dazu und verbessert seine Kompetenzen in Sachen Teamarbeit.

Niklas: Das Engagement in der SV gibt mir viel. Ich weiß, dass ich etwas erreichen kann und blicke auf Erreichtes zurück. Man schläft mit einem guten Gefühl ein, wenn man weiß, das war ein extrem langer Tag, aber man hat etwas erreicht.

Engagiert ihr euch auch in anderen Bereichen?

Niklas: Ich bin Jugendgruppenleiter bei der Jugendfeuerwehr und Kreisjugendgruppenleiter. Außerdem engagiere ich mich politisch und bin als Teamer in der Kirche aktiv. Ich nehme mir die Zeit dafür gerne.

Emily: Ich kann mir vorstellen, mich noch anderweitig zu engagieren, aber neben der Schule fehlt mir oft die Zeit. Ich denke, dass ich ein großes Gerechtigkeitsempfinden besitze und das auch umsetze und Menschen in meiner Umgebung gerne helfe.

Was hat persönliches Engagement für euch mit beruflicher Orientierung zu tun?

Niklas: Ich glaube, dass man sich oft automatisch vorstellen kann, einen Beruf in dem Bereich auszuüben, in dem man sich engagiert. Es stärkt die eigenen Macherqualitäten, die Eigenständigkeit und Kreativität, sodass man auch im Beruf später etwas bewegen möchte. Ich spiele mit dem Gedanken, beruflich in Richtung Lehramt zu gehen.

Emily: Ich würde sagen, dass ich das, was ich in der SV leiste und lerne, mit ins Berufsleben nehmen möchte. Man lernt, sehr gut im Team zu arbeiten, aber auch anzuleiten. Diese Komponenten würde ich später gerne in meinem Beruf wiederfinden. Aktuell kann ich mir vorstellen, dass es für mich nach der Schule in Richtung Tiermedizin geht, aber auch die Bundeswehr finde ich als Arbeitgeber interessant.

 

Text: Sophie Blady, Kristina Krijom
FOTO Sebastian Weimar