Ein starkes Team in Sachen Bildung: die Siegfried-Lenz-Schule und die Gemeinde Handewitt

Ein starkes Team in Sachen Bildung: die Siegfried-Lenz-Schule und die Gemeinde Handewitt

Interview mit dem Bürgermeister von Handewitt, Thomas Rasmussen, und der Schulleiterin der SLS, Sabine Rothberg

Warum junge Menschen gerade nach Handewitt kommen sollten? Thomas Rasmussen und Sabine Rothberg wissen es genau. Gemeinsam setzen sie sich für gute Bildung, viele Chancen und eine ausgeprägte Willkommenskultur in der Gemeinde Handewitt ein.

Welchen Stellenwert nimmt die Siegfried-Lenz-Schule für die Gemeinde Handewitt als Bildungszentrum ein?

Rasmussen: Die Siegfried-Lenz-Schule ist DIE Bildungseinrichtung in der Gemeinde und ein erheblicher Teil unserer politischen, finanziellen und auch unserer Verwaltungsressourcen geht in diesen Bildungsstandort. Das heißt, wir versuchen die Schule sehr gut auszustatten und begleiten die strategische Ausrichtung mit der Schulleitung zusammen. Unser Ziel ist es, dass alle Schülerinnen und Schüler den Lernort vorfinden, den sie auch erwarten. So wird es zum Beispiel 2026 einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung geben. Das erfordert nicht nur neue pädagogische Konzepte an der Schule, auch Raumkonzepte müssen neu durchdacht werden. Darüber haben wir uns gestern auf einer politischen Sitzung des Schulausschusses ganz aktiv ausgetauscht.

Sie bekommen also den Input von der Schule und prüfen dann, was möglich ist, zu realisieren?

Rasmussen: So kann man das sagen. Am Ende des Tages geht es darum, finanzielle Möglichkeiten auszuloten. Natürlich müssen wir uns auf eine Gebäudestruktur verständigen, die realistisch umsetzbar ist und die pädagogischen Konzepte optimal mit einbezieht.

Wie eng ist die Zusammenarbeit von Schule und Verwaltung in Handewitt?

Rothberg: Als Schule stehen wir in regem Austausch mit der Gemeinde. Mit Projekten und Kooperationen bringen wir uns aktiv als Ausbildungsschule in der Gemeinde ein. Während des Lockdowns begann etwa eine Kollegin mit ihrer Schülergruppe, älteren Menschen im Ort, die in einer Einrichtung leben, Briefe zu schreiben. So entstand ein reger Austausch zwischen Schülern und Senioren, von dem beide Seiten sehr profitierten.

Die Schulleiterin for einer gemauerten Wand

Schulleiterin Sabine Rothberg ist die Zusammenarbeit mit der Gemeinde sehr wichtig.

Des Weiteren errichten zwei Schüler des 12. Jahrgangs einen Calisthenics-Park auf dem Schulgelände, der sowohl im Sportunterricht genutzt werden soll als auch allen Gemeindemitgliedern und Besuchern zur Verfügung steht. Die Gemeinde unterstützt das Schulprojekt mit 12.000 Euro. Ein großer Vertrauensbeweis, denn es geht nicht in erster Linie um die Gelder, sondern darum, dass Konzepte mitgetragen werden. Auch bei dem geplanten Neubau der Schule freuen wir uns über einen sehr fruchtbaren Austausch mit der Gemeinde. Wir wollen die Schule zu einem Ort gestalten, an dem die Schülerinnen und Schüler sich wohlfühlen, Angebote, Möglichkeiten und Inspiration finden – auch am Nachmittag und Abend. In zehn Jahren sind wir hoffentlich so weit, dass wir dem Anspruch, um 7 Uhr zu öffnen und um 19 Uhr zu schließen, gerecht werden können.

Gibt es weitere Synergieeffekte oder Anknüpfungspunkte von Schule und Gemeinde?

Rothberg: In Bezug auf die Ukraine-Flüchtlinge arbeiten Schule und Gemeinde eng zusammen. Wir bekommen von der Gemeinde Informationen darüber, welche Menschen hier vor Ort aufgenommen wurden. Auf dieser Grundlage habe ich dafür gesorgt, dass DaZ-Unterricht angeboten werden kann. Die Gemeinde veranlasste im Gegenzug, dass unsere Gäste eine Fahrkarte bekommen. Das Zusammenspiel funktioniert sehr gut.

Rasmussen: Der Unterschied zu anderen Gemeinden ist vielleicht, dass wir einen Flüchtlingsbeauftragten aus Syrien haben. Er kennt die Situation aus eigener Erfahrung und setzt sich sehr für schnelle unbürokratische Lösungen ein. Die enge Zusammenarbeit mit der Schule spielt bei der Flüchtlingsintegration eine ganz wichtige Rolle – das gilt insbesondere für das Erlernen der deutschen Sprache. Sie eröffnet nicht nur den Kindern, sondern auch den Familien viele Chancen in der ,neuen Heimat`. Wir haben für Geflüchtete keine Sammelunterkunft, sondern – verteilt in der Gemeinde – eine ganze Reihe von Wohnungen und Häusern, denn wir legen großen Wert auf eine funktionierende Nachbarschaft.

Nehmen die Kinder in der Schule sowohl am DaZ- als auch am regulären Unterricht teil?

Rothberg: Richtig. Wir integrieren die Kinder sofort. Die Schülerinnen und Schüler sind vor und nach dem DaZ-Unterricht in einer festen Klasse. Sie erleben den normalen Alltag und erfahren keine Sonderbehandlung. So lernen sie viel schneller unsere Sprache und integrieren sich in den Klassenverband.

Welche Rolle spielt das Thema Bildung in der Gemeindeentwicklung?

Rasmussen: Bildung ist ohne Frage wichtig. Ehrlicherweise muss man dazu sagen, dass es alle Lebensphasen durchziehende Bildungsangebote so in Handewitt nicht gibt. Wir haben zum Beispiel keine Abendschule oder VHS. Dafür ist die Gemeinde zu klein. Außergewöhnlich ist jedoch, dass unsere Gemeinde eine untypische Struktur aufweist. Hier leben sehr viele junge Familien mit kleinen Kindern und sehr viele ältere Leute. Die Personengruppe der 30- bis 60-Jährigen ist eher gering. Das liegt daran, dass die Gemeinde vor 30 Jahren stark gewachsen ist und wir für junge Familien aktiv sind: Handewitt zeichnet sich durch gute Betreuungsangebote und jede Menge sportliche Möglichkeiten aus. Die geographische Lage mit der direkten Autobahnanbindung und die Nähe zur Stadt Flensburg ist sicherlich auch von Vorteil. Unser Bildungsangebot reicht von der Einschulung bis zum Abitur. Das zieht junge Familien an. Viele entscheiden sich bewusst dazu, aus der Stadt nach Handewitt zu ziehen.

Der Bürgermeister vor einer Schulmauer.

Bürgermeister Thomas Rasmussen setzt sich für das Thema Bildung in Handewitt ein.

Rothberg: Auch was das Thema Personal betrifft, profitieren wir sehr von der Nähe zu Flensburg: Viele junge Studentinnen und Studenten an unserer Schule kommen aus der Stadt, um an der Siegfried-Lenz-Schule ihr Referendariat zu absolvieren.

Wie setzt sich die Siegfried-Lenz-Schule noch von anderen Gemeinschaftsschulen in der Region ab?

Rothberg: Wir sind von jeher eine sehr sportliche Schule. So haben wir zum Beispiel mehr Sportstunden in der Woche als es in anderen Schulen üblich ist und ein Sportprofil in der Oberstufe. Als Modellschule Dänisch unterrichten wir das Fach von der 1. bis 4. Klasse und dann ab der 7. Klasse. Neu an unserer Schule ist das Lernen durch Engagement. Kolleginnen und Kollegen bieten den Schülerinnen und Schülern kleine Projekte in den Jahrgängen fünf bis acht an. Aktuell führen wir das Projekt ‚Alltagshelden’ durch: Die Kinder sammeln Flaschen, und
der Pfand wird zum Beispiel an das Tierheim gespendet. So lernen sie, dass jeder einzelne etwas bewegen kann. Auch im Fach Verbraucherbildung ruft die Siegfried-Lenz-Schule spezielle Projekte ins Leben. In diesem Schuljahr legen wir Hochbeete auf dem Schulhof an.

Welche Rolle spielt die Gemeinde bei der Umsetzung solcher Schulprojekte?

Rothberg: Um eine Idee zu realisieren sind wir auf die finanzielle Unterstützung der Gemeinde angewiesen.

Rasmussen: Da die Schule als Bildungsinstitution einen hohen Stellenwert in Handewitt einnimmt, sind wir sehr an der Unterstützung von Projekten interessiert und haben beispielsweise für die Hochbeete die Materialkosten übernommen.

Handewitt ist bekannt für seinen Handballverein. Nehmen die Spitzensportler eine Vorbildfunktion für die Schülerinnen und Schüler ein

Rothberg: In der Grundschule sind einige Väter bekannte Handballspieler aus dem Verein Handewitt. Ein Profi-Training für Grundschülerinnen und -schüler sorgte bereits für große Begeisterung. Auch Holger Glandorf kam bereits an die Schule und erzählte im Sportprofil von seinem Werdegang als Handballer. Einige Schülerinnen und Schüler spielen auch schon sehr erfolgreich in einem Verein. Bei Bedarf werden sie vom Unterricht freigestellt; aber wir achten darauf, dass die schulische Ausbildung nicht zu kurz kommt und sie einen Abschluss machen.

Rasmussen: Handball ist das verbindende Element in Handewitt. Man darf nicht vergessen, wie dicht alles beieinander liegt: Die Spielstätte ist gleichzeitig die Schulsporthalle. Ich merke in allen Bereichen, wie wichtig Handball als Imageträger in der Gemeinde ist.

Wirkt sich die örtliche Nähe positiv auf das Fach Berufsorientierung aus?

Rasmussen: Wir halten die Betriebe in der Region dazu an, sich auf der Berufsorientierungsmesse zu präsentieren. BO-Koordinator Thilo Jagow hat mit den Jahren ein gutes Netzwerk zu den Unternehmen in Handewitt aufgebaut. Eine wichtige Aufgabe, da die Berufswahl kein Zufall sein sollte. Die Schülerinnen und Schüler müssen sich breit gefächert informieren können. Für viele ist dieser Schritt gar nicht so einfach. Da machen es ihnen die verschiedenen Ausbildungsangebote der Betriebe vor Ort wesentlich leichter, sich zu bewerben.

Vielen Dank für die Einblicke in Ihre Zusammenarbeit und das Engagement für die Jugend der Gemeinde Handewitt.

TEXT Sophie Blady
FOTO Sebastian Weimar