Natürlich wird auch heutzutage Handarbeit groß geschrieben im Handwerk. Doch als leistungsfähige „Werkzeuge“ setzen inzwischen fast alle Betriebe computergesteuerte Maschinen, Apps auf Smartphones, Software und vieles mehr ein. Damit soll die Arbeit leichter, schneller und kundenfreundlicher werden. Die zunehmende Digitalisierung im Handwerk erweist sich als vorteilhaft, das ist gut für die Mitarbeiter/innen und damit auch für die Azubis.
Handwerksbetriebe, die konsequent digitale Technologien einsetzen, gewinnen Zeit für ihre eigentliche Aufgabe: das Handwerk.
– Bernhard Rohleder
Computer und Handwerk? Klingt zunächst ungewöhnlich. Ist es aber ganz und gar nicht. Beispiele gibt es genug aus fast allen Gewerken. Der Dachdecker etwa misst das Haus des Kunden mit einem 3D-Scanner aus. Dann bestellt er mit Hilfe einer Datenanalyse die genaue Anzahl Dachziegel online und lässt sie zum richtigen Zeitpunkt an die Baustelle liefern. Das bringt ihm Vorteile: geringere Kosten, weil die Ziegel kürzer gelagert werden und weniger Reste anfallen – und weniger Arbeitsaufwand. Mit einer speziellen Software plant der Dachdecker außerdem den Einsatz seiner Mitarbeiter. Und zu guter Letzt behält er über PC oder Smartphone einen stets aktuellen Überblick über seine Einnahmen und Ausgaben.
Vielfalt und Flexibilität: Digitalisierung im Handwerk
Auch Betriebe im Baugewerbe vereinfachen ihre Arbeit dank digitaler Terminvereinbarung, Auftragszettel und Zeiterfassung per Smartphone und einem mobilen Baustellenmanagement. Selbst kleinere Betriebe, die etwa bei öffentlichen Bauvorhaben Aufträge bekommen, setzen die Software „Building Information Modeling“ (BIM) ein. Damit kann der Chef oder die Chefin die Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden digital steuern und überwachen. Daran erkennt man: Die Digitalisierung bietet dem Handwerk dank seiner Vielfalt und Flexibilität enorme Möglichkeiten. Mehr und mehr Unternehmen nutzen die Potentiale, auch wenn bei ihnen „digital“ nicht „draufsteht“. Aber es steckt immer öfter „drin“. Tischler geben ihren Kunden zum Beispiel die Möglichkeit, Möbel auf speziellen Webseiten zu konfigurieren. Maler ermöglichen das Mischen des Wunschfarbtons für die eigenen vier Wände – ebenfalls online.
Digitaler Wandel
Das Interesse an digitalen Technologien ist groß, wie eine aktuelle Studie des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) nachweist. Demnach zeigen sich vier von fünf Handwerksbetrieben gegenüber der Digitalisierung aufgeschlossen. Zwei Drittel der Betriebe sehen sie als Chance. Ohnehin ist die Entwicklung längst im Gange: Der digitale Umbau hat unser Leben und die Unternehmenswelt bereits tiefgreifend erfasst. Auch das Handwerk wandelt sich. Die Ausbildung orientiert sich ebenfalls daran: Die Werkstätten in den Berufsschulen oder der Kreishandwerkerschaften werden ständig auf den neusten Stand gebracht. So lernt der Berufsnachwuchs etwa, computergesteuerte CNC-Maschinen im Tischlerhandwerk zu programmieren oder Diagnosegeräte in der Kfz-Werkstatt zu bedienen.
Besonders für kleine Handwerksbetriebe sind Büro-, Verwaltungs- und Planungsarbeiten echte Zeitfresser.
– Karl-Sebastian Schulte
Die Digitalisierung im Handwerk trägt also auch dazu bei, die dringend benötigten Fachkräfte zu sichern. In körperlich anspruchsvollen Berufen entlastet sie Mitarbeiter erheblich – zum Beispiel mit Robotern im Gerüstbau oder mit maschinenunterstützten Arbeitsabläufen in der Backstube, durch die sich nächtliche Arbeitszeiten reduzieren lassen. Die Arbeit wird sicherer, schneller und einfacher. So steigert der Einsatz digitaler Helfer die Attraktivität der Berufe. „Handwerksbetriebe, die konsequent digitale Technologien einsetzen, gewinnen Zeit für ihre eigentliche Aufgabe: das Handwerk“, meint Bernhard Rohleder vom Verband Bitcom.
Büroarbeit ist längst digital
Bereits weit verbreitet ist Software für Büro- und Verwaltungsarbeiten. Ein Kunde im Baubereich unterschreibt zum Beispiel den Auftrag direkt vor Ort auf dem Smartphone des Handwerkers. Dann wird der Auftrag erfasst und digital im Büro archiviert, so dass die Rechnung später papierlos per E-Mail versendet werden kann. „Besonders für kleine Handwerksbetriebe sind Büro-, Verwaltungs- und Planungsarbeiten echte Zeitfresser. Software-Lösungen können die Organisation eines Betriebs enorm vereinfachen“, betont Karl-Sebastian Schulte, Chef beim ZDH.
Handwerksunternehmen haben verstanden. Das zeigen zwei wichtige statistische Werte: 95 Prozent haben eine eigene Website. Und 89 Prozent sind in Online-Verzeichnissen zu finden, die die Kunden bei der Handwerker-Suche im Internet leicht finden können. Der Umgang mit Onlinemedien und Software ist also nicht nur für den Berufsnachwuchs ganz selbstverständlich. Mit qualifizierten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen kann die digitale Revolution ruhig kommen. Das Handwerk ist dabei!
TEXT Joachim Welding
FOTOS Shutterstock