BO-Unterricht schult das Selbstvertrauen

BO-Unterricht schult das Selbstvertrauen

Stephan Zeiske unterrichtet seit elf Jahren Deutsch und Geschichte an der Goethe-Gemeinschaftsschule in Kiel. Seit Kurzem bekleidet er das Amt des BO-Beauftragten an seiner Schule. Sein eigener Ausbildungsweg verlief alles andere als gradlinig.

Herr Zeiske, wie sind Sie zu Ihrem Studium gekommen?

Ich habe auf dem 2. Bildungsweg mein Abitur abgelegt. Damals hatte ich nach der Schule noch gar keine berufliche Idee, aber immer schon ein Faible für Geschichte. Allerdings sind Stellen für Historiker rar; in dem Bereich habe ich keine berufliche Perspektive gesehen. Deshalb studierte ich an der CAU zu Kiel die Fächer Politik und Geschichte und wechselte später zu Deutsch und Geschichte. Geschichte war das Fach, für das ich wirklich motiviert war. Gerade durch das Geschichtsstudium habe ich auch einen Einblick in wirtschaftliche Zusammenhänge bekommen.

Weshalb ist für Sie gerade das Fach Geschichte so interessant?

Besonders interessant finde ich, dass man geschichtliche Ereignisse und Prozesse so einordnen und interpretieren kann, dass sie auch heutzutage Orientierung für jede einzelne Person geben.

Worin besteht Ihr pädagogisches Hauptanliegen, das Sie Schülerinnen und Schülern vermitteln wollen?

Das Wichtigste ist, dass sie wissen, in welcher Gesellschaft, in welchem Rahmen sie aufwachsen. Was bietet die Gesellschaft ihnen gegenwärtig? Hier geht es mir primär auch um die Wertevermittlung.

Was vermitteln Sie den Schülerinnen und Schülern im BO-Unterricht?

Bei uns an der Schule findet in der 8. Jahrgangsstufe die Berufsorientierung statt. Orientierung bieten heißt ja erst einmal zu fragen: Wie definiere ich meine „Jetzt-Position“? Welche Fähigkeiten besitze ich und welchen Beruf möchte ich erlernen? Auf wen treffe ich später im Berufsleben? Die Schülerinnen und Schüler haben da bestimmte Vorstellungen. Ich vermittle ihnen, dass auch die Betriebe bestimmte Erwartungen an ihre Auszubildenden haben. Es ist letztlich eine wechselseitige Beziehung. In der 8. Jahrgangsstufe ist ein einwöchiges Praktikum vorgesehen. Hierfür versuche ich den Jugendlichen mehr Selbstvertrauen zu geben, denn auch, wenn sie in einem Betrieb nicht angenommen werden oder das Praktikum nicht dem entsprach, was sie sich erhofft hatten, ist das auch positiv zu werten und keineswegs als Katastrophe, weil sie in diesem Fall etwas ausschließen können. So kristallisiert sich langsam der eigene Weg heraus.

Werden die Schülerinnen und Schüler auch darauf vorbereitet, wie sie sich im Unternehmen verhalten sollten?

Ich lasse die Jugendlichen Entscheidungskriterien erarbeiten. Hierbei werden auch Anforderungen, welche die Unternehmen stellen, wie zum Beispiel Englischkenntnisse oder Teamfähigkeit, thematisiert. Wir simulieren zum Beispiel Bewerbungsgespräche im Unterricht: Die Schülerinnen und Schüler spielen dabei ihre eigene Rolle, aber auch die des Personalchefs.

Eine Gruppe Schüler geht über eine Wiese, dahinter die Schule.
Wie bereiten Sie Ihre Schülerinnen und Schüler auf Bewerbungsgespräche vor?

Wie schon gesagt, es gibt zwei Seiten: die Erwartungen der Unternehmen und die Wünsche der Schülerinnen und Schüler. Meine Aufgabe sehe ich darin, ihnen zu vermitteln, dass sehr viel dazugehört, nicht zu viel zu fordern. Die Jugendlichen müssen wissen, welche Fähigkeiten sie besitzen. Dann können sie sich fragen, was sie vielleicht aufgrund ihrer Fähigkeiten beim Gegenüber einfordern können. Dies erfordert natürlich ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein. Die Bewerberinnen und Bewerber müssen aber aufpassen, keine übertriebenen Erwartungen zu formulieren. Aber selbst im Fall von Enttäuschungen sollten sie selbstbewusst bleiben.

Wie wird die Messe vorbereitet?

Im Zuge des Unterrichts erarbeiten die Schülerinnen und Schüler Fragen, die sie den Unternehmen stellen wollen. Es gibt bei uns an der Schule auch ausgearbeitete Arbeitsbögen, die die Jugendlichen nutzen können. Zum Beispiel Fragen wie: Welche Voraussetzungen müssen SuS mitbringen, um die Ausbildung antreten zu können? Aber die Schülerinnen und Schüler stellen auch selbständig Fragen, die sie in Gruppen vorher im Unterricht entwickeln. Nach der Messe werden die Bögen ausgewertet und besprochen. Einige Jugendliche gehen allerdings schon mit ihrer selbstverfassten Bewerbung zur Messe.

Was erwarten Sie von der diesjährigen Messe?

Ich wünsche mir, dass sie in einem vernünftigen Rahmen, ohne Corona-Einschränkungen, stattfindet. Für meine Schülerinnen und Schüler hoffe ich, dass sich berufliche Perspektiven eröffnen und sie mit unterschiedlichen Betrieben in Kontakt kommen.

TEXT ME2BE
FOTO Henrik Matzen