Weiblicher Nachwuchs gesucht! – MINT4girls an der GMS Kronshagen

Weiblicher Nachwuchs gesucht! – MINT4girls an der GMS Kronshagen

Trotz der bahnbrechenden Entwicklungen in Bereichen wie künstlicher Intelligenz, regenerativer Energien und der Demokratisierung des Weltraums durch wiederverwendbare Raketen bleiben die Rollenbilder in der Arbeitswelt häufig traditionell verankert. Besonders Berufszweige im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) werden immer noch stark von Männern dominiert. Projekte wie MINT4girls der Technischen Akademie Nord spielen eine Schlüsselrolle bei der Überwindung traditioneller Rollenbilder in der Arbeitswelt, insbesondere in Bezug auf Frauen und ihre Teilhabe in den STEM-Fächern (Naturwissenschaften, Technologie, Ingenieurwissenschaften und Mathematik). MINT4girls zielt darauf ab, das Bewusstsein junger Frauen zu schärfen, Barrieren abzubauen und sie dazu zu ermutigen, ihre Potenziale in technologischen und wissenschaftlichen Disziplinen zu entfalten. Im Gespräch mit der Projektleiterin Svea Benninghoff und den Schülerinnen Mara und Nele aus der achten Klasse erfahren wir, warum Mädchen geradezu prädestiniert für die Ausübung von MINT-Berufen sind.

Frau Benninghoff, Sie leiten das Projekt MINT4girls an der GMS-Kronshagen, warum engagieren Sie sich als Lehrerin für Englisch, Geographie und Theater für das Thema MINT?

Ich habe im letzten Jahr meine Kollegin Frau Schmidt bei dem Projekt unterstützt und war total begeistert von dem Programm. Mir hat die Idee sehr gut gefallen, dass die Mädchen eine Woche lang Einblicke in eine männerdominierte Berufswelt bekommen, die gerade in Zeiten der Digitalisierung viele spannende Berufsfelder eröffnet.

Mara und Nele, warum habt ihr euch für die Projektwoche MINT4girls angemeldet?

Mara: Ich wollte die Chance wahrnehmen, viele unterschiedliche Berufe im Bereich MINT kennenzulernen und erfahren, wie die Firmen in dem Sektor arbeiten. Besonders gefällt mir das Fach Informatik. Ich interessiere mich außerdem sehr für physikalische Gesetze und technische Prozesse.

Nele: Mich hat das Programm interessiert, da ich durch meinen Vater, der Kristalle für Brillen herstellt, bereits Einblicke in technische Berufe erhalten habe und mehr darüber erfahren wollte.

Wie seid ihr auf MINT4girls aufmerksam geworden, und welche Erfahrungen oder Eindrücke haben euch dazu bewegt, an dem Programm teilzunehmen?

Mara: Wir haben von dem Projekt über unsere Mitschülerinnen und Mitschüler erfahren, die MINT4girls in unserer Klasse mit großer Begeisterung vorgestellt haben.

Nele: Nachdem die Mädels mich mit ihrer Präsentation überzeugt haben, nahm ich an einem Vorbereitungstag teil. Spielerisch lernten wir uns kennen und fanden uns in der Gruppe ein. Wir haben beispielsweise einen menschlichen Knoten geformt und anschließend wieder entknotet. Besonders inspiriert hat mich, auch von anderen Mädchen zu hören, dass sie sich für technische Berufe interessieren und, wie ich, davon überzeugt sind, dass Frauen mindestens genauso gut Schreiben, Sägen und Schleifen können wie Männer und wir endlich den Vorurteilen Paroli bieten müssen.

Könnt ihr eure Erfahrungen während der Woche bei MINT4girls mit uns teilen und erzählen, was ihr gemacht habt?

Mara: Unser Auftakt an der Technischen Akademie Nord war sehr aufregend, da wir uns intensiv mit dem Thema Robotik auseinandersetzen. Wir durften kleine Roboter programmieren und ihre Funktionen erkunden.

Nele: Am darauffolgenden Tag verlagerten wir unsere Aktivitäten in eine Werkhalle, wo wir gemeinsam Anhänger für einen Ring fertigten. Nachdem wir sie sorgfältig geschliffen hatten, konnten wir sie stolz als Erinnerung mit nach Hause nehmen.
Unser dritter Tag an der FH Kiel bot uns einen Einblick in den dynamischen Alltag der Studierenden. Wir tauchten in verschiedene Experimente zum Thema erneuerbare Energien ein, die wir eigenständig durchführen durften.

Mara: Mein besonders Highlight war der vierte Tag, an dem wir uns intensiv mit dem Thema Marketing beschäftigten. Nach einer inspirierenden Einführung entwickelten wir eigenständig innovative Konzepte zur Vermarktung von Gummibärchen, die wir später bei unserem Besuch der Firma Stryker in Schönkirchen präsentierten.

Nele: Am abschließenden fünften Tag stand die Besichtigung der Stadtwerke Kiel auf dem Programm, bei der wir ein umfassendes Verständnis für das Thema Energie gewannen. Eine unerwartete Sprengung verhinderte leider, dass wir ein Kraftwerk der Stadtwerke besichtigen konnten, da die Durchfahrt gesperrt war.

Welche Erfahrungen haben euch nachhaltig beeindruckt?

Nele: Mich haben die großen Maschinen bei der Firma Stryker sehr beeindruckt. Deshalb habe ich mir direkt einen Praktikumsplatz bei der Firma gesichert.

Mara: Mir hat die Programmierung der Roboter in der Technischen Akademie Nord sehr gut gefallen. Beruflich interessiere ich mich auch für Architektur und könnte mir daher gut vorstellen, meine Leidenschaft für das Programmieren im Bereich Smart Living weiterzuverfolgen.

Warum seid ihr davon überzeugt, dass gerade Frauen für MINT-Berufe gut geeignet sind?

Nele: Ich finde es wichtig, dass wir Frauen uns die MINT-Berufe zutrauen sollten. Ich glaube sogar, dass viele Frauen mit viel mehr Feingefühl und Geduld handwerkliche Berufe ausüben können. Hinzu kommt, dass viele Maschinen heutzutage die Muskelkraft ersetzen. Ich hätte kein Problem damit, in einem männerdominierten Umfeld zu arbeiten.

Mara: Ich bin davon überzeugt, dass Frauen für technisches Denken sehr geeignet sind, da sie besser logisch denken können und sich daher technische Berufe zutrauen sollten. Ich habe kein Problem mit vielen männlichen Kollegen zusammenzuarbeiten.

Frau Benninghoff, welche Beobachtungen haben Sie bezüglich geschlechtsspezifischer Berufszuordnungen in Bezug auf die berufliche Orientierung gemacht?

In meiner Klasse habe ich festgestellt, dass viele Jungen ihr Praktikum in der 9. Klasse in Grundschulen, Kindergärten und auch in der Pflege absolvieren. Bei den Mädchen ist das Interesse an sogenannten „typisch männlichen Berufen“ noch nicht so stark ausgeprägt. Deshalb halte ich es für äußerst wichtig, ihnen durch Projekte wie MINT4girls den Zugang zu erleichtern und mögliche Hürden in diesem Bereich abzubauen.

TEXT Sophie Blady
FOTO Michael Ruff