Technische Akademie Nord: Chancen für Mädchen

Technische Akademie Nord: Chancen für Mädchen

Die Technische Akademie Nord bringt Schüler und Unternehmen zusammen.

Praxisnah und fokussiert schließt der gemeinnützige Verein Technische Akademie Nord (TAN) die Lücke zwischen Schulen und Unternehmen im Bereich MINT. Aus der Not der Betriebe heraus, geeignete Azubis für ihr Unternehmen zu gewinnen, entwickelte die TAN mit der Techniker Fachschule und der Akademie für Technik die Schulprojekte MINT4Girls und MakeMINT.  Wer jetzt denkt, das interessiert doch wieder nur die Jungs, der sollte seine Klischee-Schublade öffnen und diesen Gedanken nach ganz hinten verbannen, denn das Angebot der TAN ist abwechslungsreich, bunt und gerade für Mädchen eine große Chance. 

Isabella Sommer, Bereichsleitung des Projekts TAN

Petra Gaede, Projektkoordination und Fachkräftesicherung Ausbildung ahoi! Segel setzen für Industrie 4.0

Sabine Kubisch, Projektleitung Ausbildung ahoi! Segel setzen für Industrie 4.0

MINT4Girls

Das Pilotprojekt, gefördert von NORDMETALL / AGV, der Agentur für Arbeit und im ersten Durchlauf KielRegion, mit dem Ziel, Mädchen für technische Berufe zu begeistern, begleitet Schülerinnen des 8. und 9. Jahrgangs an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen ein Jahr lang mit Projektwochen, Bewerbungstrainings, Praktikumsvermittlung und Ausflügen. Bevor sich die Schülerinnen der Kooperationsschulen für das Angebot der TAN entscheiden, nehmen sie an einem unterrichtsbegleitenden Workshop teil. Das erklärte Ziel: spielerisch das Wirgefühl stärken und Interesse für MINT wecken. „Das Training stellt immer den direkten Bezug zu MINT her. Wir haben beispielsweise mit den Schülerinnen einen Turm gebaut, der möglichst stabil und tragfähig sein sollte”, erklärt Isabella Sommer, Bereichsleiterin der Technische Akademie Nord.

Erst nach diesem Workshop entscheiden die Schülerinnen, ob sie an dem Angebot der TAN teilnehmen möchten. MINT4Girls richtet sich gezielt an Mädchen, da diese meist wenig Berührungspunkte mit MINT-Berufen haben und viel zu oft durch Vorurteile und Stereotype ausgebremst werden. „Das wollen wir ändern und zeigen, wie spannend technische Berufe sein können – beispielsweise im Bereich Medien: Berufsbilder wie Kommunikationsdesign, Industriedesign, Webseitengestaltung fallen alle in den Bereich MINT. Zusätzlich bieten wir im Rahmen unserer Projektwoche Praxisangebote wie Unternehmenstage, den Besuch des Maschinenmuseums Kiel-Wik und Bewerbungstraining an”, führt Isabella Sommer aus. 

Technische Akademie Nord

Werkstatt mit allen technischen Voraussetzungen, die Azubis in MINT-Berufen benötigen. Hier können Azubis aus kleinen Unternehmen, die nicht alle Ausbildungsinhalte abdecken können, Praxiserfahrungen sammeln.

Vom Schulprojekt zum Ausbildungsplatz

Anschließend geht es darum, den Mädchen Praktikumsplätze zu vermitteln. „Wir waren beispielsweise mit den Schülerinnen in der Gebrüder Friedrich Werft und konnten direkt zwei Mädchen für ein Praktikum begeistern”, so Sommer. Die TAN unterstützt in solchen Fällen die Schülerinnen aktiv bei der Bewerbung und nimmt bereits im Vorfeld Kontakt zum Betrieb auf. Die vermittelten Praktika finden im Rahmen der Schulpraktika statt und passen sich somit perfekt in den Schulalltag der Jugendlichen ein. 

Als gemeinnütziger Verein setzen wir uns gerade für Zielgruppen ein, die auf den ersten Blick für Unternehmen nicht so attraktiv erscheinen.

Auch bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz unterstützt die TAN mit ihrem Netzwerk Unternehmen und geht mit interessierten Schülern in ein sogenanntes Matching, in dem die Anforderungen eines Unternehmens mit den Fähigkeiten des potenziellen Bewerbers abgestimmt werden, so dass eine vielversprechende Vermittlung erfolgen kann. „Durch die enge Zusammenarbeit mit den Ausbildungsbetrieben können wir die Schülerinnen ganz individuell vermitteln und einen Betrieb finden, der zu ihren Fähigkeiten und Interessen passt. Als gemeinnütziger Verein setzen wir uns gerade für Zielgruppen ein, die auf den ersten Blick für Unternehmen nicht so attraktiv erscheinen”, hebt Sommer hervor. 

Immer mehr gefragt: Girl-Power in technischen Berufen!

Dass Unternehmen verstärkt das Potenzial weiblicher Arbeitskräfte in technischen, männerdominierten Berufen entdecken, ist längst kein Geheimnis mehr. Aber warum ist das so? Worin unterscheiden sich die Fähigkeiten von Männern und Frauen? „Sie sind oft sozialer und kommunikativer und zudem exzellente Netzwerker”, stellt Petra Gaede fest. Zudem öffnet der Fachkräftemangel den Blick für Veränderung. Das führt dazu, dass Frauen sogar oft als Aushängeschild für Fortschritt in den Fokus rücken. Auch die TAN richtet sich mit ihrem Angebot verstärkt an eine weibliche Zielgruppe und präsentiert ihren Teilnehmerinnen, die sich ohne Probleme in einem männerdominierten Umfeld behaupten und mit ihren Fähigkeiten große Wertschätzung erfahren. „Im Zuge der Digitalisierung haben sich viele Tätigkeitsfelder sogar zugunsten weiblicher Fähigkeiten verändert”, betont Dr. Sabine Kubisch, Projektleiterin von „Ausbildung ahoi! – Segel setzen für Industrie 4.0”.

Technische Akademie Nord

Dr. Sabine Kubisch, Projektleiterin von „Ausbildung ahoi! – Segel setzen für Industrie 4.0″.

Viele körperliche Arbeiten werden mittlerweile von Maschinen übernommen, sodass Aufgabenbereiche in gewerblich technischen Berufen interdisziplinärer und vielseitiger geworden sind. „Das klassische manuelle Drehen und Fräsen übernehmen heute CNC-Maschinen. Es geht vielmehr darum, das Programm zu steuern und vernetzt zu denken”, so Kubisch. Diese Entwicklung, weg von schwerer körperlicher Arbeit, hin zum professionellen Umgang mit Maschinen, räumt auch mit den längst überholten Stereotypen auf, dass die Arbeit im gewerblich-technischen Bereich schmutzig ist. Die Automatisierung hat die Anforderungen an die Fachkräfte modernisiert. „Wir sind daher sehr interessiert daran, Stereotype aufzubrechen und Mädchen für dieses Thema zu sensibilisieren”, betont Isabella Sommer. 

MakeMINT – Roboterarme bauen und Schmuck gestalten 

Dass Berufsorientierung nicht immer in der Schule stattfinden muss, beweist das Projekt MakeMINT. „Wir bieten Praxisangebote für Schülerinnen und Schüler, die ein Grundinteresse für technische Berufe mitbringen und offen für Neues sind. An vier Nachmittagen in Folge kommen Schüler aus den Jahrgangsstufen 8 und 9 zusammen mit ihrer Lehrkraft in unser Ausbildungszentrum, wo sie fachmännisch in neue Technologien eingeführt werden: Die Schüler dürfen Roboterarme aufbauen, Schmuckstücke herstellen und sich an unseren 3-D-Druckern ausprobieren”, erklärt Isabella Sommer. Mit MakeMINT hat die TAN ein Nachmittagsangebot entwickelt, das sich im Rahmen von AGs perfekt in den Schulalltag integrieren lässt. Die AGs finden freiwillig, aber in einer festen Gruppe statt. 

MakeMINT ist ein Teilprojekt der Technische Akademie Nord, das in Kooperation mit der Europa-Universität Flensburg (EUF), ZBW und dem IPN unter dem Namen Science@Sees realisiert wird. Die EUF und das IPN ergänzen das Praxisangebot der TAN in den Schulen in diesem Jahr mit einem MINT Festival der Kulturen. Im Rahmen dieses Events wird die TAN an fünf bis sechs Standorten in Deutschland MINTmach-Experimente für Schülerinnen und Schüler anbieten, in denen sie beispielsweise  einen 3-D-Scan ausprobieren und Roboterarme bewegen können. Das IPN übernimmt die Begleitforschung und analysiert, wie erfolgreich sich die Projekte in den unterschiedlichen Zielgruppen erweisen. 

Technische Akademie Nord

Petra Gaede, Projektkoordinatorin und Fachkräftesicherung „Ausbildung ahoi! – Segel setzen für Industrie 4.0″.

nordbord – Net(t)-Working vom Praktikum bis zur Fortbildung

nordbord ist ein Club mit sozialer Onlineplattform, in dem sich MINT-Interessierte mit Gleichgesinnten austauschen und vernetzen können. Die Teilnehmenden bekommen zudem exklusiven Zugang zu Unternehmenstagen in der Region und zu Veranstaltungen, die über den Club koordiniert werden: darunter fünf Unternehmenstage pro Jahr sowie Workshopangebote der Technische Akademie Nord an unterschiedlichen Lernorten in ganz Schleswig-Holstein. „Da Präsenzveranstaltungen im letzten Jahr nicht immer möglich waren, haben wir den Jugendlichen beispielsweise Elektrobaukästen zugeschickt, mit denen sich die Teilnehmenden zu Hause ein eigenes Thermometer oder einen Parkpiepser bauen konnten“, ergänzt Sommer. „Mit unserem Angebot decken wir die gesamte Lernkurve ab: von technikinteressierten Jugendlichen über Berufsorientierung an Schulen bis hin zu lebenslangem Lernen in der Fort- und Weiterbildung”, fasst Isabella Sommer zusammen. 

TEXT Sophie Blady

FOTOS Anna Leste-Matzen