„Es geht darum, eine persönliche Tür zu öffnen, zum Herzen und zum Kopf”: Der Werkstatttag gegen Rassismus an der HBS Bordesholm

„Es geht darum, eine persönliche Tür zu öffnen, zum Herzen und zum Kopf”: Der Werkstatttag gegen Rassismus an der HBS Bordesholm

Als wir von ME2BE am 08. März 2024 die Eingangshalle der Hans-Brüggemann-Schule in Bordesholm betreten, liegt Engagement und Einsatzbereitschaft in der Luft. Unser Blick fällt zuerst auf ein großes, schwarz-weißes Banner, das stolz die Worte „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ trägt. Diese Worte sind nicht nur eine bloße Dekoration, sondern repräsentieren den Geist und die Vision dieser Schule. Heute stehen sie im Mittelpunkt, denn an diesem Tag steht der Werkstatttag gegen Rassismus an der HBS an. Die Veranstaltung erstreckt sich von der ersten bis zur sechsten Stunde und die gesamte Schule nimmt daran teil. In jedem Jahrgang liegt der Fokus auf einem individuellen Schwerpunkt, begleitet von verschiedenen Referenten, die ihre Perspektiven und Erfahrungen teilen. Diese Vielfalt an Stimmen und Ansätzen verspricht ein aufschlussreiches Erlebnis für alle Beteiligten.

Unser Team hat das Privileg, an diesem Tag bei vier verschiedenen Jahrgängen präsent zu sein und somit eine breite Palette an Eindrücken und Inspirationen zu sammeln. Wir sind gespannt darauf, Zeugen zu sein, wie junge Köpfe sich treffen, um über Themen zu diskutieren, die nicht nur ihre Schule, sondern auch die Welt um sie herum prägen.

Der Anspruch der HBS Bordesholm ist deutlich.

„Rassismus wird nur aus der Perspektive von Rassismus-Betroffenen authentisch erklärt.” – Ibrahim Arslan, Überlebender des Brandanschlags in Mölln 1992

Als erstes besuchen wir den 12. Jahrgang im Kommunikationszentrum in der Mensa der Schule. Die Schülerinnen und Schüler verbringen heute den Tag mit Ibrahim Arslan, einem Überlebenden des rechtsextremistischen Brandanschlags vom 23. November 1992 in Mölln. Bei diesem Anschlag, der auf zwei von türkischen Familien bewohnte Häuser verübt wurde, gab es drei Todesopfer und neun Schwerverletzte. Zu Beginn seines Workshops zeigt Arslan den Schülerinnen und Schülern seinen Dokumentarfilm „Der zweite Anschlag”, der nicht nur über den Angriff selbst, sondern auch über ähnliche Anschläge und deren Opfer spricht.

Ibrahim Arslan im Interview mit Redakteurin Mira

Während der Film über die Leinwand flimmert und die Jugendlichen gebannt zuschauen, nutzen wir von ME2BE die Gelegenheit, ein Gespräch mit Ibrahim Arslan zu führen und mehr über seine Motivationen und Hintergründe zu erfahren. „Ich mache diese Arbeit ehrenamtlich bundesweit, um der Gesellschaft aus der Perspektive von Betroffenen zu zeigen, was es bedeutet, zu gedenken”, erzählt er uns. Es gehe ihm nicht nur darum, in seinen interaktiven Workshops mit den Jugendlichen über Rassismus zu sprechen, sondern um Gewaltstrukturen generell. Dazu gehören auch Themen wie Sexismus oder Mobbing. Die Frage, was Arslan den Jugendlichen mit seinem Workshop mitgeben möchte, beantwortet er so: „Ich möchte einen Empowerment-Prozess bei den Schülerinnen und Schülern auslösen. Sie sollen erfahren, wie es ist, als Betroffene von Gewalt darüber in einem geschützten Raum zu sprechen.” Zu seiner eigenen Erfahrung mit Alltagsrassismus findet Arslan zum Abschluss unseres Gespräches folgende erschütternde Worte, die die Dringlichkeit seiner Mission unmissverständlich machen: „Sobald ich mit meinem Aussehen und meiner Hautfarbe auf die Straße gehe, leiste ich Widerstand gegen Rassismus. Ich bin dem Alltagsrassismus ausgesetzt. Ich versuche einfach, in dieser Gesellschaft zu überleben.”

Ibrahim Arslan spricht mit den Jugendlichen über die türkische Schriftstellerin Semra Ertan.

Nach diesem bewegenden Gespräch haben wir noch die Möglichkeit, für etwa eine Dreiviertelstunde an Ibrahim Arslans Workshop teilzunehmen, der an den Dokumentarfilm anschließt. Er beginnt damit, alte schwarz-weiß Fotos von seiner Familie zu zeigen. Insbesondere seine Großmutter Bahide, die als erstes Mitglied der Familie Arslan als Gastarbeiterin nach Deutschland kam, ist häufig auf den Bildern zu sehen. Sie kam bei dem Brandanschlag im Jahr 1992 ums Leben. Eindrücklich zeigt Ibrahim Arslan durch die Bilder die Geschichte seiner Familie, die keine Mühe scheute, sich in Deutschland zu integrieren. Trotzdem, so erzählt er weiter, wird er selbst in Deutschland immer als Ausländer angesehen, während er bei seiner Familie in der Türkei immer als Deutscher gelte – denn er sei hier geboren. Arslan erzählt so bildhaft und lebhaft, dass auch Nicht-Betroffene sich langsam eine Vorstellung davon machen können, wie es sich anfühlen muss, nirgendwo vollständig dazugehören. „Ich habe nie das Gefühl gehabt, eine Heimat zu besitzen”, bringt Ibrahim Arslan es auf den Punkt.

Kurz bevor wir den Workshop von Arslan verlassen müssen, thematisiert er den Einfluss der Medien auf das rassistische Narrativ in der Gesellschaft. „Es ist schrecklich, dass wir Menschen aufgrund ihres Aussehens in Schubladen stecken”, meint er und zeigt währenddessen Schlagzeilen renommierter deutscher Medien wie „Gefährlich Fremd” oder „Zu viele Ausländer”. Diese Schlagzeilen sind mit Bildern von Migrantinnen und Migranten unterlegt. Während die Schülerinnen und Schüler beginnen, über die Bedeutung solcher Darstellungen in den Medien zu diskutieren, müssen wir den Workshop verlassen. Es ist an diesem Punkt jedoch bereits klar, dass Ibrahim Arslan einen intensiven Tag mit den Jugendlichen verbringen wird, an dem sie viel über sich selbst und über die Gesellschaft um sie herum lernen werden. Immer unter den Gesichtspunkten, die Ibrahim Arslan besonders am Herzen liegen: Die Berichterstattung über Rassismus aus der Perspektive von Betroffenen und das Gedenken an rassistische Anschläge und Gewalttaten.

„Ich setze mich in jedem Bereich gegen Rassismus ein, wo ich nur kann.“ – Gamze Yeşilyurt, Mitglied der Hochschulgruppe EmBIPoc und Jurastudentin

Im Neubau der Schule verbringt der 13. Jahrgang den Tag mit der Hochschulgruppe EmBIPoC („Empowerment von Black People, Indigenous People and People of Colour”) und dem Verein Zebra e.V. („Zentrum für Betroffene rechter Angriffe”). Wir haben die Gelegenheit, uns mit Gamze Yeşilyurt von EmBIPoc auszutauschen und einen Teil ihres Workshops mitzuerleben. Die Hochschulgruppe setzt sich für Menschen mit Migrationshintergrund ein und veranstaltet zu diesem Zwecke Events wie einen Schreib-Workshop, bei dem Studierende mit Migrationsgeschichte durch kreatives Schreiben Heilungs- und Denkprozesse anstoßen können. Außerdem legt EmBIPoc viel Wert auf Aufklärung, weshalb sie Vorträge und Workshops wie an diesem Tag an der HBS Bordesholm veranstalten.

Gamze Yeşilyurt gibt einen Workshop für die Schülerinnen und Schüler des 13. Jahrgangs.

„Mir ist wichtig, dass Kinder sich schon in einem jungen Alter mit Rassismus auseinandersetzen. Ich bin der Meinung, dass sie gerade in diesem Alter eine Menge bewirken können, wenn sie frühzeitig aufgeklärt werden und selbst auf Rassismus in ihrem Alltag achten und diesem entgegenwirken können”, erklärt Yeşilyurt ihre Motivation hinter der ehrenamtlichen Arbeit. Da sie selbst in ihrem Leben schon oft Rassismus am eigenen Leib erfahren musste und auch bei ihrer früheren Tätigkeit als Nachhilfelehrerin oft mit Kinder gesprochen hat, die Ähnliches erleiden, liegt es ihr sehr am Herzen, sich zu engagieren, aufzuklären und ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. „Ich setze mich in jedem Bereich gegen Rassismus ein, wo ich nur kann”, sagt sie stolz.

In ihrem Workshop legt sie vor allem Wert auf eine Kommunikation auf Augenhöhe mit den Schülerinnen und Schülern. Es handelt sich weniger um einen frontalen Vortrag, sondern vielmehr darum, dass die Jugendlichen sich selbst einbringen und Antworten auf wichtige Fragen finden können. So geht es beispielsweise um die Frage: „Was sind meine Privilegien und wie kann ich diese nutzen?”. Die Antwort eines Schülers zeigt ein Vorurteil auf: „Ich als typischer weißer Mann habe eher die Möglichkeit, in Deutschland in eine Führungsposition zu kommen, als jemand mit Migrationshintergrund.” Als dieser Fakt, der eigentlich bekannt ist, laut ausgesprochen wird, legt sich eine andächtige Stille über den Raum. Dies unterstreicht noch einmal, wie wichtig es ist, Jugendlichen die Möglichkeit zu gewähren, sich aktiv mit dem Thema Rassismus auseinanderzusetzen.

Es folgt eine Diskussion über die Frage: „Welche Vorgehensweisen fallen euch bei Begegnungen mit Rassismus ein?”. Eine Schülerin meint daraufhin, einige Menschen würden dazu raten, es einfach zu ignorieren und dass es dann von alleine aufhöre. Ihr Mitschüler wirft dagegen ein: „Das hilft nicht! Man muss den Täter konkret ansprechen und damit konfrontieren.” Es fällt auf: Der Workshop von Gamze Yeşilyurt lebt vom Austausch der Schülerinnen und Schüler untereinander und einer funktionierenden Diskussionskultur.

Nach diesen und weiteren inspirierenden Dialogen müssen wir uns nun vom Workshop von Gamze Yeşilyurt und der Hochschulgruppe EmBIPoC verabschieden. Zurück bleibt eine Gruppe junger Menschen, die, bereichert durch zahlreiche Denkanstöße, das Thema Rassismus aus frischen Perspektiven betrachten und mit neuen Einsichten nach Hause gehen wird.

„Dass die Warnungen, die ich einst aussprach, zur Realität werden würden, hätte ich mir niemals vorstellen können.“ – Jörg Weltzer, Historiker, Pädagoge und politischer Bildungsreferent

In der Aula der Schule treffen wir den 10. Jahrgang und den Referenten Jörg Weltzer. Weltzer kann auf einen beeindruckenden Lebenslauf zurückblicken: Als Historiker mit Schwerpunkt auf deutscher Geschichte im 20. Jahrhundert und einem zusätzlichen Studium in Pädagogik mit Fokus auf Rassismus und Rechtsextremismus, verfügt Weltzer über mehr als zehn Jahre Erfahrung als Pädagoge in der Stadt Halle, hauptsächlich in den Bereichen Schulsozialarbeit und Jugendzentrum. Zudem ist er als unabhängiger politischer Bildungsreferent tätig und führt Fortbildungen zum Thema Rechtsextremismus und Rassismus durch. Sein besonderes Fachwissen über Nazis resultiert aus seiner Infiltration einer Nazigruppe in Gütersloh und Bielefeld im Alter von 16 Jahren, wo er über ein Jahr lang Informationen sammelte und an Nazigegner weiterleitete. Da es bis heute „Fahndungen” mit Gewaltaufrufen von Rechtsextremisten gegen Weltzer gibt, bittet er uns auch darum, kein aktuelles Foto von ihm zu veröffentlichen. Unterstrichen wird diese Bitte von einigen Geschichten aus seinem Leben, die er erzählt: „Ich kenne es, dass jemand drei Meter vor mir steht und mir eine Pistole an den Kopf hält. Oder Leute, die mir auf offener Straße ein Messer vor den Bauch halten. Die wollen mich umbringen, weil ich ein Verräter bin.”

Weltzer spricht vor dem 10. Jahrgang.

Weltzers Zeit in der Nazigruppierung liegt schon mehrere Jahrzehnte zurück. Dennoch betont er, dass die Aufklärung über Rechtsextremismus und Rassismus seit den 80er-Jahren nicht weniger wichtig geworden ist. Im Gegenteil: Es sei zur Zeit wichtiger denn je, über diese Themen offen zu sprechen. Weltzer legt großen Wert darauf, einen persönlichen Zugang zu den Schülerinnen und Schülern zu finden, insbesondere wenn er über sensible Themen wie Rassismus und Rechtsextremismus spricht: „Es geht darum, eine persönliche Tür zu öffnen, zum Herzen und zum Kopf.” Er ist überzeugt, dass die Jugendlichen den Erwachsenen vertrauen müssen, damit sie wirklich zuhören, was sie zu sagen haben.

Während wir seinem Workshop beiwohnen, diskutiert Jörg Weltzer ein wichtiges Thema mit den Jugendlichen. Er nennt Themen, für die alle Nazis sich einsetzen, so zum Beispiel die Todesstrafe. „Alle Nazis sind für die Todesstrafe. Aber nur weil jemand für die Todesstrafe ist, ist er kein Nazi”, erklärt Weltzer mit Nachdruck. Ihm ist es sehr wichtig, den Schülerinnen und Schülern deutlich zu machen, dass sie keine Angst davor haben sollten, ihre eigene Meinung zu äußern. „Alle dürfen ihre Meinung frei äußern. Wenn das nicht ginge, würden wir nicht in einer Demokratie leben”, meint Weltzer und fügt noch hinzu: „Genau deshalb mache ich diese Sache hier. Damit jeder sagen darf, was er denkt. Das ist Demokratie. Wir haben ein gesellschaftliches Problem, das wir nicht lösen können, wenn alle schweigen.”

Nach diesem eindrücklichen Appell von Jörg Weltzer scheinen sich viele Schülerinnen und Schüler aus ihrer Deckung zu trauen und sich offen und ehrlich an den folgenden Diskussionen zu beteiligen. Immer wieder bedankt Weltzer sich für die ehrlichen Meinungsäußerungen der Jugendlichen und bereichert die Diskussion mit persönlichen Erzählungen aus seinem bewegenden Leben. Als wir die Aula verlassen müssen, um zum nächsten Workshop zu gelangen, haben wir das Gefühl, dass in diesem Raum heute eine Menge bewegt wird.

„Ich merke, dass Kinder viel zugänglicher für Rassismus-Kritik sind als Erwachsene” – Zainab Al-Windi, Angestellte beim Sozialministerium

Für die siebten Klassen steht heute das Thema Alltagsrassismus auf dem Programm. Referentin ist Zainab Al-Windi, die beim schleswig-holsteinischen Sozialministerium mit dem Aufgabenschwerpunkt Antirassismus angestellt ist. Ihr Workshop heute beschäftigt sich speziell mit anti-muslimischem Rassismus.

Um ein Gefühl dafür zu bekommen, inwiefern sich die Schülerinnen und Schüler der siebten Klasse mit Rassismus und dem Islam auskennen, stellt Al-Windi ihnen zu Beginn einige Fragen. So sollen die Jugendlichen berichten, ob sie schon einmal eine Moschee besucht haben oder ob sie muslimische Freunde oder Bekannte haben. Es stellt sich heraus, dass noch kein Schüler eine Moschee besucht hat und nur wenige Muslime in ihrem Bekanntenkreis haben. Spätestens jetzt ist klar: In diesem Workshop wird es vor allem darum gehen, den Schülerinnen und Schülern grundlegendes Wissen über den Islam, den muslimischen Glauben und den rassistischen Hass gegen diesen zu vermitteln.

Zainab Al-Windi gibt einen Workshop zu Alltagsrassismus.

Im Zentrum des Workshops steht die Frage, ob die Teilnehmenden schon einmal Zeugen von Ausgrenzung aufgrund der Religion oder Hautfarbe anderer wurden. Ein Teilnehmer schildert eine Begebenheit, in der ein Zugbegleiter von einem Passagier aufgrund seiner Hautfarbe beschimpft wurde, bis glücklicherweise ein Mitreisender einschritt. Ein weiterer Fall wird von einem Schüler eingebracht, bei dem eine Mutter mit ihren drei Kindern rassistischen Beschimpfungen ausgesetzt war. Diese Erzählungen bilden nur den Anfang eines tiefgreifenden Austauschs unter den Jugendlichen. Sie teilen ihre Erfahrungen und erkennen dabei die essenzielle Bedeutung des Eingreifens und Handelns anstelle des bloßen Zuschauens – ein kraftvolles Plädoyer für Zivilcourage und Solidarität.

Der lebhafte Dialog durchzieht den gesamten Workshop, der sich mit einer Vielzahl von Themen befasst – von Vorurteilen und persönlichen Erfahrungen bis hin zu Rassismus und dessen Erkennungszeichen. Zum Abschluss erhalten die Teilnehmenden die Gelegenheit, ihre Erkenntnisse des Tages zu reflektieren. Viele äußern sich bestürzt über die Tatsache, dass Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder Religion Opfer von Angriffen oder gar tödlicher Gewalt werden. Doch neben der Erschütterung kommen auch hoffnungsvolle Ansichten zur Sprache. Eine Schülerin fasst die Stimmung zusammen: „Das Wichtigste ist, jemanden wirklich kennenzulernen und sich nicht von Vorurteilen leiten zu lassen!“ Einigkeit herrscht darüber, dass sie in Zukunft nicht untätig bleiben wollen, wenn sie mit Rassismus oder Diskriminierung konfrontiert werden – sei es durch eigenes Eingreifen oder das Hinzuziehen von Erwachsenen. Auch diesen Workshop verlassen wir, inspiriert und bewegt von der Erkenntnis, welch tiefgreifenden Einfluss offene Gespräche in einem sicheren Raum auf das Denken haben können.

„Jede Schule hat die Möglichkeit, einen solchen Tag zu gestalten.“ – Sevda Temur, Initiatorin des Workshoptags gegen Rassismus

Lehrerin Sevda Temur

Bevor wir an diesem ermutigenden Tag die Schule verlassen, ergreifen wir noch die Gelegenheit, ein Gespräch mit Lehrerin Sevda Temur zu führen, die als Verantwortliche hinter dem Werkstatttag steht. Sie unterrichtet Spanisch und Geschichte an der HBS Bordesholm und ist Teil des Arbeitskreises „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage (SORSMC)”. Da sie selbst einen Migrationshintergrund hat und viele persönliche Erfahrungen mit Rassismus machen musste, liegt es ihr besonders am Herzen, in der Schule einen Raum zu schaffen, in dem über dieses Thema aufgeklärt werden kann.

Während unseres Gespräches appelliert Sevda Temur an andere Schulen: „Natürlich ist es von Vorteil, dass ich durch meinen eigenen Hintergrund für dieses Thema sensibilisiert bin. Auch hilfreich waren meine Vernetzungen, durch die ich in der Lage war, für diesen Tag viele verschiedene Referenten an die Schule einzuladen. Es braucht aber nicht unbedingt Betroffene, um einen Werkstatttag ins Leben zu rufen. Jede Schule ist in der Lage, solch einen Tag zu organisieren!“ Dabei gehe es vor allem um Solidarität, erklärt sie und fügt hinzu: „Es ist für Betroffene sehr wichtig, das Gefühl von Solidarität zu bekommen.” Temur spricht außerdem über andere Möglichkeiten, das Thema Rassismus an Schulen zu behandeln: „Es braucht aber auch nicht unbedingt einen Werkstatttag. Auch im Unterricht kann viel über das Thema aufgeklärt werden. Zum Beispiel wenn man sich im Geschichtsunterricht den Jargon der Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs anschaut.” Zum Abschluss unseres Gesprächs erwähnt Sevda Temur noch lächelnd: „Der Werkstatttag kommt bei den Schülerinnen und Schülern sehr gut an. Wir sind dankbar dafür, dass wir einen Tag dafür von der Schule zur Verfügung bekommen!”

Nach diesem letzten Gespräch verlassen wir die Hans-Brüggemann-Schule in Bordesholm. Wir hatten die Möglichkeit, viele spannende Menschen und ihre Geschichten kennenzulernen und anregenden Gesprächen beizuwohnen. Vor allem hat der Tag uns gezeigt, wie wichtig es ist, Schülerinnen und Schülern einen Raum zu geben, um offen über Rassismus und Gewalt zu sprechen und gemeinsam Strategien zu entwickeln, um diesen entgegenzuwirken.

Wir bedanken uns herzlich, dass wir an diesem Tag dabei sein durften und auch für uns selbst neue Denkanstöße sammeln konnten!

TEXT Mira Jacobsen
FOTO Michael Ruff