Die Kulturvermittlung zählt für den Lehrer Tim Engel zu den Top-Leistungen, die eine Schule erbringen sollte – Er ist Sprecher des Arbeitskreises Kulturschule an der GMS Kronshagen
Tim Engel kommt aus Heide, hat 1992 in Meldorf sein Abitur absolviert und im Anschluss an der Musikhochschule in Hamburg Popularmusik studiert. Während dieser Zeit tourte er bereits mit Bands durch die Republik und besserte nebenbei seinen Lebensunterhalt durch Nachhilfe auf. Jungen Menschen etwas beizubringen bereitete Tim Engel so viel Freude, dass er beschloss, noch ein Lehramtsstudium mit den Fächern Deutsch, Englisch und Sport anzuschließen – auch, um sich ein sicheres zweites Standbein zu schaffen. Seit 2009 unterrichtet er an der GMS Kronshagen, ist Leiter der Schulband und seit 2020 Sprecher des Arbeitskreis Kulturschule.
Herr Engel, die Schule wurde gerade als Kulturschule des Landes erneut bestätigt. Was muss man für eine solche Auszeichnung leisten?
Wir haben durch unsere vielfältigen kulturellen Projektarbeiten die Anforderungen erfüllt und im vergangenen Jahr mit verschiedenen Workshops glänzen können. Nun sind wir rezertifiziert und in der Lage, durch die mit dem Siegel verbundenen Fördergelder neue Projekte auf die Beine zu stellen.
Welche Projektarbeiten konnten Sie im vergangenen Jahr beispielsweise anbieten?
Da erinnere ich mich zum Beispiel an unseren Comic-Workshop in der Kunsthalle Kiel, einen tollen Tanzworkshop, ein Poesie-Projekt oder auch mehrere Musikworkshops. Wir bieten unseren Schülerinnen und Schülern eine sehr breite Palette an musischen, literarischen und künstlerischen Projekten an, damit sie sich in jeglicher Richtung ausprobieren können. Durch die Förderhilfe und das unglaubliche Engagement vieler Kulturschaffenden, die hier oder extern ihre Workshops mit unseren Schülerinnen und Schülern durchführen, sind wir in der Lage, in allen Jahrgangsstufen entsprechende Projekte anzubieten.
Wer entscheidet denn welche Jahrgänge welchen Projekten zugeteilt werden?
Wir achten hierbei sehr auf die Ausgewogenheit mit dem Ziel, die kulturellen Angebote in den Unterricht und Stundenplänen aller Jahrgänge zu implementieren. Als Kulturschule unterstützen wir den Gedanken, dass – neben den üblichen Kernfächern – jeder einen Zugang zu einer kulturell-ästhetischen Bildung erhält. Kunst und Ästhetik sind nicht einfach etwas für Spinner, sondern gehören für uns zu einer ganzheitlichen Bildung schlichtweg dazu. Übrigens profitieren nicht nur die Jugendlichen von diesen Projekten, auch wir als Lehrerinnen und Lehrer erhalten dadurch neue Sichtweisen, die wir in unsere Unterrichtsgestaltung einfließen lassen können.
Welche Außenwirkung hat das Label Kulturschule?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dies durchaus eine ausschlaggebende Rolle spielt. Viele Schülerinnen und Schüler meiner Schulband haben sich zum Beispiel nach der Vorstellung des Fachbereichs Musik ganz bewusst für den Besuch dieser weiterführenden Schule entschieden. Das gleiche gilt für unseren anderen Schwerpunkt MINT, der im Bereich der naturwissenschaftlichen Fächer großartige Angebote bereithält. Die GMS Kronshagen bietet ein breites Spektrum an Entfaltungsmöglichkeiten für unterschiedliche Interessensgebiete.
Was steht im neuen Jahr auf dem Kultur-Programm?
Gerade haben wir mit einer sechsten Klasse in Kooperation mit einem Filmschaffenden der Muthesius Schule einen Film gedreht, der bald online gehen wird. In 2024 werden wir eine Lesung der Kriminalbuchautorin und Kronshagenerin Annison Moore in der Gemeindebücherei durchführen, dann veranstalten wir ein Klassenzimmertheater mit dem Landestheater Rendsburg, einen Zauberworkshop, einen Cajon-Trommel-Workshop unter meiner Leitung, einen Tanzworkshop mit Elena Kraft der Leiterin der Tanzschule K-System in Kiel, einen Kokedama-Kurs (Deko-Trend aus Japan), einen Besuch der Musiculum – Lern- und Experimentierwerkstatt Kiel oder auch einen Workshop mit Andreas Schauder vom Lüdemann Theater für den WPU Darstellendes Spiel und die Theater AG vor.
In welcher Form liefern diese Projekte auch Impulse für eine Berufsorientierung?
Gerade im Bereich der Berufsorientierung werden viele Interessen geweckt. Sei es in technischer, handwerklicher oder auch gestalterischer Hinsicht. Wir arbeiten zum Beispiel mit der Firma Contzept Veranstaltungstechnik GmbH & Co. KG zusammen, die unseren Jugendlichen Bild-,Ton- und Lichttechniken für Aufführungen usw. vermittelt. Der Chef dieser Firma ist übrigens einer unseren ehemaligen Schüler, der auch Schülerinnen und Schüler in Praktikums– und Ausbildungsstellen übernimmt. Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Begegnung mit Autoren, Musikern, Malern etc. immer wieder kreative und neue Berufsfelder eröffnet und gleichzeitig konkrete Informationen liefert, was es beinhaltet, in diesen Bereichen zu arbeiten.
Was bedeutet Ihnen die Arbeit an der GMS Kronshagen?
In erster Linie die Möglichkeit den Schülerinnen und Schülern das weiter zu geben, wovon ich selbst überzeugt bin und ihren Blick über den Tellerrand hinaus zu schärfen. Ich möchte als Mensch und Lehrer nicht nur meinen Lehrplan erfüllen, sondern die jungen Leute auch für andere Dinge begeistern. Deshalb halte ich die kulturelle Teilhabe für einen ganzheitlichen Ansatz und bin davon überzeugt, dass sie zu einem selbstbestimmten glücklichen Leben maßgeblich beiträgt. Die Vermittlung von Kultur und Kunst ist für mich daher ein Beitrag von vielen, den eine Schule leisten sollte, um einen Menschen zu formen.
TEXT Anja Nacken
FOTO Michael Ruff