Wahrnehmung für ein besonderes Schulklima

Wahrnehmung für ein besonderes Schulklima

„Lehrkraft an der Toni zu sein, ist mehr als ein Job. Wir nehmen uns gegenseitig wahr und schaffen mit viel Engagement und Herzblut eine tolle Schulatmosphäre“, sagt Schulleiter Jörg Thomas im Interview.

Schulleiter Jörg Thomas hat sich vor vielen Jahren in die Toni-Jensen-Gemeinschaftsschule “verliebt”. Nach seinem Referendariat kam er als Kunst- und Geographielehrer hierher und ist geblieben, zunächst als Lehrer und Klassenlehrer, später als Schulleiter. Studiert hat er seinen Herzenswunsch, Kunst, an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel und zusätzlich Geographie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Einen Grund für seine “Verliebtheit” in die Schule stellt zum einen die Vielfalt der Schülerinnen und Schüler dar, zum anderen ist es seine Liebe zur Kunst, die er hier im Rahmen der Schule mit vielen Projekten umsetzen konnte.

Bitte schildern Sie einmal die Projektarbeit an der Toni

Als Lehrer habe ich in der Vergangenheit mit Künstlern zusammengearbeitet und gemeinsam mit den Schülern viele Projekte durchgeführt, wie zum Beispiel Auftritte am Theater oder im Ballett. Heute gebe ich motivierten Kollegen, die Projekte durchführen möchten, den entsprechenden Rahmen durch die Schule, wodurch viele Initiativen unterstützt werden.
Beispielsweise sind im NaWi-Bereich die Blumen- und Insektenwiese umgesetzt worden. Auch der Schulgarten hat sich verändert, es gibt jetzt Hochbeete und das Aquarium funktioniert ebenfalls. Solche Projekte werden jahrgangsübergreifend innerhalb von Projektwochen oder in Klassen und Kursen umgesetzt.

Welchen Stellenwert besitzt das Engagement der Lehrkräfte?

Unsere Schule lebt von der Initiative einzelner Kollegen und Kolleginnen, die sich über die Arbeitszeit hinaus engagieren. Natürlich setzt es auch voraus, dass die Schüler Zeit für Projekte haben und verlässlich sind, denn Schulprojekte und -veranstaltungen brauchen verlässliches Engagement. Dann ist es möglich, Projekte durchzuführen, in denen theoretisches Wissen in praktische Erfahrung umgesetzt wird.

Wie geht die Schule mit aktuellen Themen wie Rassismus oder dem Weltgeschehen um?

Für uns ist das Thema Rassismus ständig präsent. Die Bezeichnung „Schule ohne Rassismus“ ist für uns nicht nur ein Titel, sondern ein kontinuierlicher Arbeitsprozess. Zum Beispiel haben wir kürzlich ein Friedensfest veranstaltet, um unsere Werte und unser Engagement für Vielfalt und Zusammenhalt zu unterstreichen.
Im Unterricht legen wir Wert darauf, aktuelle Themen im Kontext ihrer historischen Hintergründe zu behandeln. Unser Ziel ist es, den Schülern eine neutrale Sichtweise zu bieten und einseitige Blickwinkel zu vermeiden. Wir bereiten die Schüler so vor, dass sie sich fundierte eigene Meinungen bilden können.

Werden an der Toni demokratische Werte transportiert?

Demokratie wird bei uns im Rahmen des Lehrplans unterrichtet und darüber hinaus auch aktiv gelebt. Ein Beispiel hierfür ist der Klassenrat, den wir als demokratische Institution etabliert haben. Jede Klasse vom fünften bis zum elften Jahrgang bekommt wöchentlich eine Stunde, in der wichtige Themen mit allen Schülern und beiden Klassenlehrern besprochen werden. Die Schüler können hier ihre eigenen Probleme einbringen.
Jede Klasse verfügt zudem über zwei Klassenlehrer, sodass die Schüler zwei unterschiedliche Ansprechpartner erhalten. Die Klassenlehrer können sich untereinander zu zweit austauschen und gemeinsam über bestimmte Schüler oder ihre Klasse reflektieren, und sie können sich in jahrgangsbezogenen Lehrerstützpunkten austauschen. Das ist ebenfalls ein Ausdruck demokratischer Prinzipien.

An der TJG gibt es eine große Vielfalt unter den Schülerinnen und Schülern. Auf welche Art geht Ihre Schule damit um?

Wir spiegeln mit unserer Vielfalt die Herausforderungen der Gesellschaft in unserem Land wider und gehen diese mit großer Verantwortung, aber auch mit Elan an. Es ist mir als Schulleiter besonders wichtig, dass jeder Schüler an unserer Schule gemäß seinen individuellen Fähigkeiten gefordert und gefördert wird. Dies erreichen wir unter anderem durch besondere Aufmerksamkeit für unsere Förderschüler, in unseren DaZ-Klassen oder die engagierte Arbeit unserer kompetenten Schulsozialarbeiter.
Für unsere Lehrkräfte ist der Beruf an der Toni weit mehr als nur ein Job. Mit großem Engagement und Herzblut schaffen sie eine positive Lernatmosphäre und ein gutes Schulklima. Dies ist entscheidend, um mit der großen Vielfalt unserer Schülerinnen und Schüler umzugehen, die unterschiedlichen Bedürfnisse wahrzunehmen und individuell darauf einzugehen.

TJG ist eine Gemeinschaftsschule mit Oberstufe. Was ist das Besondere daran?

Wenn wir das Modell der Gemeinschaftsschule betrachten, sehen wir, dass sich unsere Programme im Wesentlichen nicht stark von denen unterscheiden, die an anderen Schulen der Fall sind. Dennoch zeichnet sich unsere Schule durch eine besondere Struktur aus: Wir nehmen uns die Zeit, unseren Schülern zuzuhören und innerhalb der bestehenden Rahmenbedingungen auf ihre spezifischen Anforderungen einzugehen.
Als Gemeinschaftsschule mit integrierter Oberstufe bieten wir den klassischen Vorteil, dass unsere Oberstufe sowohl Aufbau- als auch Erweiterungskurse umfasst. Dies ermöglicht es den Schülern, bei eventuellen Schwierigkeiten oder Lernrückständen den verpassten Stoff nachzuholen und dennoch ihr Abitur abzulegen, wenn sie dies wünschen.

Unser Ansatz unterstützt auch jene, die zusätzliche Zeit oder Unterstützung benötigen, um ihre Ziele zu erreichen.

Werden Schüler bei Ihnen auf den Beruf vorbereitet?

An unserer Schule beraten wir die Schüler individuell, basierend auf ihren Fähigkeiten, ihrem Wissen und ihrem Potenzial. Unser Ziel ist nicht zwangsläufig, dass alle Schüler das Abitur machen. Für viele ist der Erwerb des ESA oder MSA in Kombination mit einer Ausbildung die passende Wahl. Mit unseren BO-Koordinatoren Ann-Kathrin Wille und unserer Berufsberaterin Ulrike Gronau stehen zwei kompetente Fachkräfte zur Verfügung, die die Schüler umfassend unterstützen. Dies entspricht unserem Schulkonzept.
Unsere Oberstufe wird von Schülern besucht, die bereits in der Unterstufe bei uns waren, sowie von externen Schülern. Wir bieten Profile in Kunst, Sport, Biologie und Wirtschaft/Politik an und haben damit eine vierzügige Oberstufe. Auch hier werden Schulabgänger entsprechend auf die Wahl von Beruf oder Studium vorbereitet.

Wie ist das Schulklima?

Ich möchte betonen, dass es uns gelingt, ein positives und produktives Schulklima zu schaffen. Durch die achtsame Wahrnehmung der Schüler durch unsere Lehrer entsteht eine unterstützende Lernatmosphäre.
Zu dieser besonderen Wahrnehmung gehört ebenfalls, dass die Kollegen neben fachlichen Aspekten soziale Komponenten berücksichtigen. Sie sind hierfür speziell geschult. Darüber hinaus verfügen wir über eine ausgezeichnete Schulsozialarbeit.

Wir nehmen uns Zeit für Schüler und Eltern und beziehen bei Bedarf Experten mit ein.

Wie wird die TJG im Viertel wahrgenommen?

Wir sind eine Schule, die sehr gut von Schülern und ihren Eltern angenommen wird. Die Schule ist im Stadtteil eingebettet und als Schulleiter schätze ich vor allem die gute Zusammenarbeit. Wir haben hier Partner wie das Stadtteilbüro, die Stadtteilbücherei, die Kirche, die FH, die AWO oder den Sportverein Holstatia. Mit diesen und weiteren Partnern stehen wir im guten und schnellen Austausch.
Das bedeutet zudem gemeinsame Projekte für unsere Schüler, die unsere Schulsozialarbeit beantragen kann. Zu nennen sind hier als Beispiele, dass Schüler aus der Oberstufe beim Sportfest Kindergartenkinder unterstützt oder in einem Altenheim im Viertel eine Schulaufführung durchgeführt haben. Ein Kurs aus dem Bereich Naturwissenschaften hat sich mit der neuen Situation am Strand in Hasselfelde beschäftigt. Im Kunstkurs wurden Entwürfe für Bildtafeln entwickelt, die vor der Stadtbücherei aufgestellt wurden. Auf diese Weise eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten für Projekte, die wir mit unseren Schülern im Stadtteil realisieren können.

TEXT Hilke Ohrt
FOTO Reinhard Witt