Fußball gegen Diskriminierung und Theater für die Demokratie
Torben Lorenzen ist bereits seit einigen Jahren Lehrer an der Ferdinand-Tönnies-Schule und unterrichtet die Fächer Deutsch und Gestalten. Hinter Letzterem verbirgt sich das darstellende Spiel an der Schule, für das Lorenzen sich begeistert; zudem spielt er gerne Fußball. Beide Vorlieben hat er in das für die Schule wichtige Thema Demokratie – Vielfalt – Toleranz eingebracht und gemeinsam mit Schülern praktisch umgesetzt. Entstanden sind die Teilnahme an einem Fußballturnier sowie die Aufführung von zwei Theaterstücken.
In Husum ist im Februar „Querbeet“, das Turnier der Vielfalt, vom Husumer SV und Partnern ausgetragen worden. Es steht für „Fußball gegen Diskriminierung, gegen Rassismus, gegen Queerfeindlichkeit sowie für Integration und Akzeptanz“. „Als wir davon erfahren haben, dachten wir uns: Da machen wir gerne mit“, erzählt Lorenzen. „Dann haben wir Lehrer innerhalb der Schülerschaft gefragt, wer gerne an dem Turnier teilnehmen möchte, und daraus hat sich automatisch eine vielfältige Mannschaft ergeben. An unserer Schule gibt es nämlich unterschiedliche Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Ländern, sowie Jungen und Mädchen, die gerne Sport machen.“ Außerdem war die Mannschaft altersgemischt und sowohl Lehrkräfte als auch Schüler haben mitgespielt. „Es war ein Spaßturnier, bei dem es nicht um Platzierungen ging, sondern um ein nettes, vielfältiges und freudiges Miteinander“, sagt der Lehrer.
FTS-Mannschaft beim Turnier der Vielfalt
Zur FTS-Mannschaft beim Turnier der Vielfalt gehören die Schüler Sfuk, Lara, Norwin und Lennox aus der neunten Jahrgangsstufe. Im Gespräch erzählen sie, wie zu dem Thema Demokratie und Vielfalt stehen und wie sie das Fußballspiel erlebt haben.
„Es ist nicht gut, wenn man andere Leute ärgert, weil sie aus anderen Ländern kommen oder eine andere Sexualität haben. Man sollte alle Menschen gleich behandeln“, sagt Lennox.
„Ich glaube, in unserem Jahrgang ist das Thema nicht so präsent. Wir sind alle nicht rassistisch. Wir sind halt alle Menschen, so sehen wir das“, erzählt Norwin. Es habe mal einige Schüler gegeben, die sich rassistisch geäußert hätten, aber mit denen sei geredet worden und daraufhin hätten sie es gelassen. An dem Turnier hätten die vier teilgenommen, um ein Zeichen zu setzen, aber auch weil sie Spaß am Fußballspielen haben.
Lennox sagt, dass es eine neue Erfahrung für ihn gewesen sei, gegen Beeinträchtigte, aber auch gegen Mädchen zu spielen. Das habe er noch nicht so oft gemacht. „Ich glaube aber, dass wir sehr gut damit umgegangen sind und es hat sehr viel Spaß gebracht“, sagt er. „Es gibt ja auch das Vorurteil, dass Mädchen nicht so gut Fußball spielen können, aber bei dem Turnier waren die Mädchen sehr gut. Daher war es dann im Spiel nicht mehr wichtig, wer gespielt hat“, ergänzt Norwin.
In der Mannschaft ist Lara das einzige Mädchen und sie findet es nicht belastend. Zu Hause spielt sie selber Fußball, allerdings mehr für sich privat und nicht im Verein. „Ich habe mir einmal den Fußballverein angesehen, aber das hat mir nicht so viel Spaß gebracht. Für mich ist es schöner in der Familie zu spielen oder mit Freunden.“
Sfuk hat in dem Turnier eine positive Erfahrung gemacht: „Es gab eine Altherrenmannschaft, die ich zunächst unterschätzt hatte. Im Endeffekt hat diese das Turnier gewonnen und es hat mich überrascht, dass ältere Menschen noch einen so starken Kampfgeist zeigen.“
Insgesamt war es eine tolle Erfahrung für die Spieler. Dazu gehörte natürlich die gemeinsame Vorbereitung im Vorfeld. Man hat sich am Nachmittag getroffen und gespielt und ist dann gemeinsam als Mannschaft mit den entsprechenden Trikots angetreten. „Das gehört für mich zum Schulleben einfach mit dazu. Wir hoffen daher, dass sich eine derartige Gelegenheit erneut ergibt“, erklärt Torben Lorenzen.
Neben Vielfalt und Rassismus ging es um Demokratie. Ein Beispiel hierfür ist die Augenhöhe, die für Lorenzen viel mit Demokratie zu tun hat. So sind sich Lehrer und Schüler auf dem Spielfeld ebenbürtig begegnet und haben sich, als Ausdruck hierfür, geduzt. „Ihr werdet die nächsten Erwachsenen sein“, sagt Lorenzen zu den vier Schülern. In Kürze würden sie im Berufsleben stehen.
Mehrere Auftritte beim FTS-Theater-Festival
Torben Lorenzen hat mit seinen Gestalten-Kursen im 10. Jahrgang im Rahmen eines FTS-Theater-Festivals ebenfalls zum Thema Demokratie – Vielfalt – Toleranz zwei Stücke auf die Bühne gebracht.
Bei einem Stück wurden Szenen aus dem Briefroman „Adressat unbekannt“ aus dem Jahr 1938 von Kressmann Taylor dargestellt. Dieser Roman spielt in den Monaten um Hitlers Machtergreifung und schildert in bewegender Schlichtheit den Briefwechsel zwischen einem Deutschen und einem amerikanischen Juden. Dabei zeichnet er die dramatische Entwicklung ihrer Freundschaft im Schatten von Verrat, Schuld und Rache nach.
Beim anderen Theaterstück handelt es sich um eine Aufführung von Sequenzen aus „Einmal Klimbo und…“ Es geht dabei um einen Schüleraustausch, bei dem ein Mädchen aus Deutschland als Austauschschülerin in Klimbo, einem totalitären Land, landet. Sie muss sich in dieser streng reglementierten, durchgetakteten und gleichförmigen Welt zurechtfinden, ohne Änderungsmöglichkeiten zu haben. Letztendlich haben die Schüler einen Protest gestartet.
„Für die Schüler ist es eine Herausforderung gewesen, diese Stücke als Schauspieler umzusetzen“, sagt der Lehrer. Es sei gar nicht so einfach, als Jugendliche vor so vielen Menschen im Publikum aufzutreten. Einige Szenen seien sehr emotional und dadurch schwer zu spielen. Beispielsweise bei „Einmal Klimbo und…“ die Szene im Gerichtssaal, in der das Mädchen nach seiner Verurteilung aufgrund der Proteste erneut protestiert und auf das Grundgesetz pocht. Oder die Szene in „Adressat unbekannt“, in der die Schwester des Juden, die vom Deutschen verraten worden ist, getötet wird. „Es war eine Sternstunde für mich als Lehrer, dass hier die Emotionen so gut dargestellt worden sind“, so Torben Lorenzen.
Gestalten ist an der FTS ein Wahlpflichtfach, das mit vier Stunden wöchentlich von der siebten bis zur zehnten Klasse unterrichtet wird. Das Fach ist persönlichkeitsbildend und sehr vielfältig. Die Kurse setzen sich aus den unterschiedlichsten Schülerinnen und Schülern zusammen, darunter auch Förderschüler und im Hinblick auf unterschiedliche geplante Schulabschlüsse. „Wir haben hier nicht nur ein Projekt zum Thema Vielfalt durchgeführt, sondern so, wie wir zusammenkommen, sind wir bereits vielfältig“, betont der Lehrer. Für ihn gehe es dabei vor allem um Akzeptanz, unabhängig davon, ob jemand eine Beeinträchtigung habe oder gut lesen könne. Lorenzen: „Jeder versucht hier, seinen Part bestmöglich umzusetzen. Und Akzeptanz bedeutet in diesem Zusammenhang, diese Leistung unabhängig von einer Wertung untereinander zu akzeptieren.“
Eingebracht und geplant hatten die Theaterstücke die Schüler. Die Auswahl wird in jedem Jahr von der Schülerseite getroffen, denn es ist nicht das Projekt des Lehrers, sondern das Projekt der Schüler. Das ist ebenfalls eine Art von Demokratie. Allerdings müssen demokratische Mehrheitsentscheidungen mitgetragen werden und ein Spielleiter muss ebenfalls akzeptiert werden. Auch das macht Demokratie aus.
TEXT Hilke Ohrt
FOTO Reinhart Witt