Wenn wir bedenken, dass jeder Schultag eine Gelegenheit ist, die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler zu verstehen und maßgeschneiderte Lernumgebungen zu schaffen, wird deutlich: Lehrerinnen und Lehrer stehen täglich vor spannenden Herausforderungen, die ihre Kreativität und vor allem Flexibilität erfordern. Wir haben mit Christin Zyzik und Sieke Telkamp der Ferdinand-Tönnies-Schule über ihre Werdegänge und beruflichen Ziele gesprochen.
„Die FTS ist vielfältig und bunt und achtet auf die Bedürfnisse des Einzelnen.“
Sieke Telkamp ist seit August Lehrerin für Deutsch und Mathematik an der FTS. Sie kommt ursprünglich aus Drelsdorf und hat in Flensburg Lehramt studiert. Ihre berufliche Entwicklung zur Lehrerin war jedoch nicht von Anfang an vorgezeichnet. Nach ihrem Realschulabschluss in Bredstedt absolvierte sie zunächst eine Ausbildung zur Vermessungstechnikerin in Husum und arbeitete ein Jahr lang in diesem Beruf. Da sie sich aber immer schon für das Lernen und Lehren begeistert hat, wuchs während ihrer Arbeitstätigkeit der Wunsch nach einer ganz anderen Aufgabe. Sie entschied sich dazu, Lehrerin zu werden und holte sowohl ihre Fachhochschulreife als auch ihre Allgemeine Hochschulreife am RBZ Eckener-Schule Flensburg nach und schrieb sich im Anschluss für ein Lehramtsstudium ein. Heute ist sie Lehrerin an der FTS und begeistert von dem dortigen Klima: „Eigentlich bin ich ausgebildete Gymnasiallehrerin, aber ich schätze gerade an dieser Gemeinschaftsschule vor allem den Zusammenhalt, die Individualität und die Flexibilität. Hier wird nicht endlos diskutiert, sondern Ideen schnell und konsequent im Sinne der Schülerschaft umgesetzt.“ Im Bereich Berufsorientierung begrüßt sie eine leichte Aufwärtstendenz der Schülerinnen und Schüler in Richtung Ausbildung und kann auch aus eigener Erfahrung bestätigen, dass dieser Wunsch nicht das Ende einer beruflichen Entwicklung bedeutet. „Ich kann gut verstehen, dass bei einigen im Laufe der Schulzeit der Wunsch nach Spezialisierung oder mehr praxisbezogenen Lernstoff aufkommt und sehe das auch nicht als Einbahnstraße.“ Grundsätzlich würde sie sich jedoch von der Schulpolitik eine adäquate Eingrenzung des Lernstoffs und ein Umdenken in Bezug auf die Erwartungshaltungen wünschen: „Um als erfolgreicher Schüler zu gelten, wird heute erwartet, dass man alle Fächer gut findet und dort entsprechende Leistungen liefert. Das funktioniert aber in der Regel nicht, und vielleicht könnte eine frühere Differenzierung und Förderung einzelner Neigungen generell auch in Bezug auf die Berufsorientierung hilfreich sein.“
„Schule ist für mich ein Ort der vielfältigen Möglichkeiten und ich wünsche mir, dass er auch so wahrgenommen wird.“
Die 42-jährige Lehrerin Christin Zyzik arbeitet bereits seit 20 Jahren an Schulen und unterrichtet Deutsch sowie Weltkunde. Zwischenzeitlich hat sie es aber immer wieder an ganz andere Orte getrieben: So hat Frau Zyzik einen Auslandsaufenthalt an einer deutschen Schule in Helsinki, Finnland absolviert oder auch 4 Jahre lang an der Universität in Flensburg im Fachbereich Germanistik gearbeitet.
Dass Umwege oft zielführend sind, beweist der Lebensweg von Christin Zyzik. Bevor sie im Sommer ihre Lehrtätigkeit an der Ferdinand-Tönnies-Schule aufnahm, lehrte sie unter anderem an einer Gemeinschaftsschule in Nordfriesland, einer deutschen Schule in Finnland und an der Uni in Flensburg. Die beruflichen Erfahrungen, die sie in unterschiedlichen Bildungseinrichtungen sammeln durfte, empfindet Frau Zyzik als große Bereicherung, wie sie erzählt: „Ich bin sehr froh über die Erfahrungen, die ich in unterschiedlichen Schulen und an der Universität sammeln durfte. Der Input und die neuen Perspektiven haben mir viele wichtige Erkenntnisse gebracht. Besonders die Erkenntnisse der Wissenschaft in der Schule zu verankern empfinde ich als sehr bereichernd.“
Früher oder später hat es sie jedoch immer wieder an die Schulen Schleswig-Holsteins zurückgeführt, um Schülerinnen und Schüler zu unterrichten und auf ihrem Entwicklungsweg zu begleiten. Sie war bereits in Neukirchen, Nordfriesland, Mölln und Breitenfelde als Lehrkraft tätig. Seit diesem Sommer unterrichtet sie an der Ferdinand-Tönnies-Schule (FTS) in Husum ihre beiden Fächer und ist Klassenlehrerin einer 5. Klasse. Besonders wichtig ist ihr beim Unterrichten, jedem ihrer Schüler gerecht zu werden und individuelle Wege zu finden, einfach jeden beim Lernen mitzunehmen. Besonders motivierend findet Christik Zyzik dabei positive Rückmeldungen ihrer Schüler und das Anstoßen von Entwicklungen.
An der Schule stößt sie aber auch auf Herausforderungen: Neben den fehlenden finanziellen und personellen Ressourcen gehört der Umgang mit neuen technischen Entwicklungen wie Künstlicher Intelligenz dazu. Vor allem in den höheren Klassen werden KI-Chatbots wie ChatGPT als Quelle für ihre Ausarbeitungen genutzt, berichtet sie. „Mir sind die Vorteile, die sich aus der Arbeit mit Tools wie ChatGPT ergeben, absolut bewusst, wie z.B. als Ideengeber oder als Unterstützung bei der Erstellung von Gliederungen. Daher setzen wir diese Ressource auch gewissenhaft in unseren Unterricht ein. Allerdings ist mir der verantwortungsbewusste Umgang mit den Programmen und das Wissen, dass sie keine wissenschaftlichen Quellen ersetzen, äußerst wichtig.“
Nach Frau Zyzik ist der generelle Umgang mit Medien ein wichtiger Kompetenzbereich für Kinder und Jugendliche. So werden sie bereits ab der 5. Klasse in den Unterricht integriert. Zusätzlich finden thematisch passende Präventionswochen statt, um den Umgang zu schulen. Weiterbildung ist auch für die Lehrenden wichtig, stellt Christin Zyzik dar: „Ich versuche ich mich über aktuelle Neuheiten zu informieren, Fortbildungsmöglichkeiten wahrzunehmen und Apps für Lehrende zu nutzen, um mit den Digital Natives Schritt zu halten.“
Gerade als Weltkunde-Lehrerin findet Frau Zyzik aber auch die Beschäftigung mit aktuellen Konflikten der Welt wichtig und versucht sie bei Bedarf in den Unterricht zu integrieren. Themen wie der Nahost- oder der Ukraine-Konflikt spielen häufig bereits für junge Schülerinnen und Schüler eine Rolle. „Einige von ihnen sind durch ihre Familien emotional mit den Themen verbunden und sprechen privat miteinander darüber. Hier können auch Falschinformationen weitergegeben werden. Ich versuche dann darauf einzugehen und sachlich zu informieren sowie offene Fragen zu klären. Es ist mir einfach von besonderer Wichtigkeit, dass die Schüler und Schülerinnen sich in ihren Auffassungen und Meinungen wahrgenommen und ernst genommen fühlen.” Als Lehrkraft sei ist es wichtig, diese Welten miteinander zu verbinden.
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TEXT Anja Nacken / Jessie Sperling
FOTO Sophie Blady