Down Under auf dem Traktor – Work and Travel in Australien

Down Under auf dem Traktor – Work and Travel in Australien

Theresa Becker (26) aus Göttingen war 8 Monate mit ihrem Freund Robert zum Work and Travel in Australien.

„Wir sind in Perth gelandet und von dort aus die Westküste entlang Richtung Norden gefahren. Eigentlich haben wir uns vorgenommen, keine Schrottkarre zu kaufen, die schon von tausend anderen Backpacker benutzt wurde. Das haben wir aus Geldgründen dann aber doch getan – und das Ding war wirklich ein einziger Schrotthaufen! Nach 500 Kilometern hatten wir bereits einen Totalschaden. Das war ein echter Genickbruch gleich am Anfang. Dann haben wir all unser Geld zusammengekratzt und uns ein verlässliches Auto gekauft. Ich kann also jedem Backpacker raten: Kauft euer Auto nicht überstürzt und investiert lieber ein paar Dollar mehr. Wir sind dann mit dem neuen Auto hoch bis nach Broome gefahren und von dort aus in das Innenland. Die Regenzeit hatte nämlich angefangen, was bedeutete, dass es weiter nördlich einfach zu heiß geworden wäre.

Work and Travel Australien

Theresa und Robert haben sich dazu entschieden, mit dem Auto und einem Dachzelt zu reisen

Wir haben insgesamt zwei Monate gearbeitet und sind sechs Monate gereist. Das ist für Backpacker in Australien ein normales Verhältnis, denn man verdient sich mit den richtigen Jobs dort eine goldene Nase. Man sollte sich vorher gut informieren, um sich nicht über den Tisch ziehen zu lassen und dann bekommt man schnell sein Reisebudget zusammen.

Work and Travel Australien

Robert auf der Arbeit in Tumb Bay

Mein Freund Robert und ich haben in Tumby Bay gearbeitet, das ist ein kleines Dorf direkt am Wasser. Wir haben uns für Farmarbeit entschieden, weil Robert einen LKW-Führerschein hat und es sein großer Traum war, einen dieser riesigen Trucks zu fahren, die man aus amerikanischen Filmen kennt. Da gerade Weizensaison war, war es nicht allzu schwer, Arbeit zu finden. Der Familienbetrieb, für den wir dann gearbeitet haben, hat Robert direkt eingestellt und für mich war glücklicherweise auch ein Arbeitsplatz frei. Ich habe in den Silos das Korn angenommen, es getestet und Daten in den PC eingegeben. Das waren nicht allzu viele Stunden in der Woche, sodass ich nebenbei noch im Café aushelfen konnte. Die Abwechslung tat mir gut! Auf unserer Farm haben keine anderen Backpacker gearbeitet und so waren wir ausschließlich unter Australiern. Wir wurden direkt in das Dorfleben integriert und haben viele Einheimische kennengelernt.

Farmarbeit zählt meiner Erfahrung nach zu den beliebtesten Backpacker-Jobs. „Fruit Picking“, also die Ernte von Früchten wie Erdbeeren oder Mangos, steht dabei an erster Stelle. Aber das ist wirklich anstrengend. Teilweise arbeitest du nachts auf dem Feld, weil es sonst zu schwül und heiß ist. Geschlafen wird dann tagsüber bei 35-40 Grad im Zelt. Da ist es wirklich von Vorteil, einen LKW- oder Anhängerführerschein zu haben. Durch den kommt man auf Farmen nämlich häufig an die entspannteren Jobs und wird zudem auch noch besser bezahlt! Man muss sich aber im richtigen Moment bewerben. Informiert euch also beispielsweise über die Erntezeiten, sodass ihr euch pünktlich um Jobs kümmern könnt.

Nach dem Arbeiten sind wir über die Ostküste wieder Richtung Norden gefahren, mit Zwischenstopps in Adelaide, Melbourne, und Sydney. Rückblickend kann ich sagen, dass Shark Bay mein Highlight in Australien war. Einfach traumhaft! Das Wasser dort ist kristallklar und wir waren bei einer Wassertemperatur von 25 Grad Schnorcheln. Wir haben Rochen, Haie, einen Walhai, Delfine gesehen … quasi alles auf einem Haufen! Roberts Highlight war das Truck fahren: Ein Männertraum wurde wahr.

Work and Travel Theresa

Kristallklares Wasser an den Traumstränden von Australien

Aber natürlich war auch in Australien nicht ein Jahr lang alles nur rosa und wunderbar. Auch dort gibt es Probleme. Mir war zum Beispiel vorher gar nicht bewusst, dass es auch dort viel regnet und was das angeht, hatten wir anfangs wirklich Pech! Unser Auto hatte ein Dachzelt, in dem wir geschlafen haben. Einmal hat es aber leider zwei Wochen am Stück geregnet. Unser Zelt war nass, wir kamen nicht wirklich weiter und konnten uns in der Zeit nur wenig anschauen. Da fragt man sich schon mal: „Wieso mache ich das überhaupt?“ Man braucht in solchen Situationen ein dickes Fell und darf nicht allzu zimperlich sein!

Welche Tipps ich angehenden Work and Travellern sonst noch geben kann?
Denkt nicht euer Englisch sei nicht gut genug. Das ist in der Regel überhaupt nicht das Problem – einfach hinfahren und man verbessert seine Sprachkenntnisse in Nullkommanichts!
Außerdem sollte man nicht an Orten hängen bleiben. Manche sind von einer Stadt oder einem Job nämlich so begeistert, dass sie nicht mehr weiter fahren. Schlussendlich ist man aber zum Reisen da und das sollte man auch machen. Gute Jobs sind zwar wichtig – aber wenn man sucht, findet man die überall! Es gibt viel zu viel zu sehen und es ist traurig, wenn man nur wenige Orte schafft. Einige bereisen beispielsweise nur die Ostküste. Die ist deutlich touristischer, viel erschlossener und urbaner als die Westküste. Die Leere und Weite hingegen, das war für mich das „wahre“ Australien!

Work and Travel Australien

Man sieht an der Westküste auch mal die ein oder andere Schlange oder Spinne, mit der man nicht weiter in Berührung kommen will. Gerade Eltern sind da im Voraus häufig sehr besorgt. So nach dem Motto: „Australien? Da will einen doch alles umbringen!“ Es ist für uns aber nie gefährlich geworden. Wenn man mit gesundem Menschenverstand hinfährt und den Sicherheitshinweisen folgt, kommt man in der Regel nicht verletzt aus Australien wieder.

Man sollte am Anfang außerdem ein bisschen Geld mitbringen und nicht total pleite hinfahren, sodass man nicht gleich in den Stress kommt einen Job finden zu müssen. Manchmal braucht es ein bisschen Zeit, bis sich etwas ergibt.

Work and Travel Australien

Die beeindruckenden Landschaften Australiens

Ob ein Gap Year verlorene Zeit ist? Wir arbeiten alle noch 40, wenn nicht sogar 50 Jahre und auf das eine Jahr kommt es dann auch nicht mehr an. Ich finde man nimmt von einem Auslandsaufenthalt persönlich unheimlich viel mit. Das kann man auch gar nicht an konkreten Qualitäten messen oder auf einer Check-Liste abhaken. Man lernt mit anderen Leuten und fremden Kulturen umzugehen, man muss sich ganz viel trauen, wie zum Beispiel fremde Menschen auf einer anderen Sprache anzusprechen, man muss alles selbst organisieren und sich um Jobs und die Reiseroute kümmern. Man wird dadurch selbstständiger und lernt damit umzugehen, wenn mal etwas nicht beim ersten Mal funktioniert. Man lernt auch sein Zuhause zu schätzen und sieht, was man dort hat. Vielleicht bekommt man auch eine Idee davon, was man beruflich machen möchte oder auch eben nicht. Ich würde ein Gap Year daher jedem empfehlen, der Lust darauf hat.“

TEXT Vanessa Strehlow
FOTOS Theresa Becker