Die BOM wird erwachsen

Die BOM wird erwachsen

Margrit Gebel hat die BOM vor 18 Jahren ins Leben gerufen. Ihr Baby wird nun flügge

Margrit Gebel, seit 2020 auch Landeskoordinatorin für das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT Schleswig-Holstein, ist weit über die Grenzen der Friedrich-Junge-Schule (FJS) hinaus DAS Gesicht für das Thema Berufsorientierung an Schulen in Schleswig-Holstein. Vor genau 18 Jahren hat die Lehrerin in ihrer Schule erstmals die Berufsorientierungsmesse BOM organisiert. Seitdem sind die BO-Messe sowie das BOM-Bildungsprogramm zu einer stattlichen Größe herangewachsen. Wie hat diese Erfolgsgeschichte begonnen? Wo soll es noch hingehen? ME2BE hat nachgefragt.

Die Idee zur ersten BOM wurde seinerzeit auf einem Elternabend vorgestellt, erinnert sich Margrit Gebel. Als damalige BO-Koordinatorin aktivierte die engagierte Lehrerin Eltern von Schülerinnen und Schülern, ihre eigenen Berufe auf einer Veranstaltung vorzustellen. Aus diesem Pilotprojekt entwickelte sich eine der bekanntesten Berufsorientierungsmessen für Kiel und Umgebung. Seitdem ist die BOM ein wichtiger Bestandteil des sich fortlaufend weiterentwickelnden Berufsorientierungsunterrichts an der Friedrich-Junge-Schule. Mittlerweile präsentieren regelmäßig bis zu 80 Aussteller ihre Unternehmen und Ausbildungsmöglichkeiten auf der BOM. Wobei Margrit Gebel dort auch die Grenze setzt. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass mehr eben auch zu viel sein kann.

Welches Alleinstellungsmerkmal hat die FJS mit der BOM?

Die Friedrich-Junge-Gemeinschaftsschule setzt auf ihrer Homepage ein Statement für das Thema BO: „Berufsorientierung ist der Kompass für ein selbstbestimmtes Leben!” Die FJS sieht Schule nicht als Zwischenstation auf dem Weg ins Erwachsenenleben, sondern sieht die Aufgabe von Schule darin, die berufliche Zukunft der Schülerinnen und Schüler für die Zeit nach deren Abschluss schon heute zu fördern und das entsprechende Rüstzeug dafür mitzugeben. Seit vielen Jahren bildet das BOM-Kompakt-Programm der Friedrich-Junge-Gemeinschaftsschule mit dem jährlich stattfindenden Großevent BOM und den anschließenden BOM-Datings einen maßgeblichen Schwerpunkt der Schule. Dieser geht weit über das Übliche hinaus und genießt in Politik und Wirtschaft der Kieler Region höchste Anerkennung. Die FJS wurde seit 2016 vom Bildunsministerium wiederholt mit dem Berufswahl-SIEGEL ausgezeichnet.

Ein ganzes Berufs-Leben für den Brückenschlag

Margrit Gebel bringt jetzt auch ihre schulischen Erfahrungen und Kompetenzen als Landeskoordinatorin für das Land Schleswig-Holstein im bundesweiten Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT Deutschland ein. Hierin engagieren sich seit 70 Jahren bundesweit und regional Vertreter von Schule und Arbeitswelt schulart- und branchenübergreifend für eine gute und fundierte Bildung und die Zukunft junger Menschen.

Für Margrit Gebel ist die Ausgestaltung und Weiterentwicklung der BOM und den flankierenden weiteren Projekten an ihrer Friedrich-Junge-Gemeinschaftsschule nach wie vor der zentrale Punkt ihres Engagement für die FJS. Dafür steht sie als Ansprechpartnerin und in beratender Funktion auch in Zukunft zur Verfügung.

BOM 2024 – die Mitmach-Messe

Margrit Gebel berichtet, dass sie in diesem Jahr – aufgrund der nach wie vor andauernden Baumaßnahmen am angestammten Standort der Schule an der Langenbeckstraße – die komfortable Situation vorgefunden habe, dass man am Ersatzstandort durch die unmittelbare Nachbarschaft zum RBZ Schützenpark mehr Platz zur Verfügung habe. In den großen Sporthallen sei man auch in der Lage, neben den gewohnten Messeständen den Unternehmen auch Flächen für Mit-Mach-Aktionen zur Verfügung zu stellen, bei denen die Jugendlichen Hands-on die Arbeitswelten von heute und morgen im wörtlichen Sinne begreifen und erfahren können.

Frau vor Backsteinmauer

Margrit Gebel ist ein Fan von Machen statt Konsumieren.

Hand in Hand: Analog ergänzt Digital

Margrit Gebel ist ein Fan von Machen statt Konsumieren. Denn das haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt: Es ist nicht die Masse an digitalen Informationsmedien, die ihre Schülerinnen und Schüler weiter bringt, sondern die Qualität der Mitmach-Angebote, die sie erleben dürften. Die beiden Praktika, die im Curriculum der Sekundarstufe 1 vorgesehen sind, reichen ihrer Meinung nach allein nicht aus, um Jugendlichen einen realistischen Einblick in Berufs- und Arbeitswelten mitzugeben. Der praktische, erlebnisorientierte Charakter der BOM, ergänzt um digitale Angebote wie Digibo.School, aber auch das analoge Print-Magazin, das stets begleitend als Schulheft herausgegeben werde, würden sowohl bei Schülerinnen und Schülern als auch in der Elternschaft einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Das seien rückblickend auf die letzten 15 Jahre jedenfalls die Rückmeldungen gewesen: „So ein analoges Heft hat einfach eine andere Wertigkeit, das nehmen Schülerinnen und Schüler sich gemeinsam mit ihren Eltern auch lange nach der BOM immer noch mal wieder vor, um darin zu blättern. Und sich gemeinsam über die Zukunft des Nachwuchses auszutauschen”, berichtet Margrit Gebel.

Warum dieser Aufwand für eine Schülermesse?

„Alles, was ich anfassen kann, alles was merkwürdig, weil besonders ist, bleibt nachhaltig in Erinnerung und verfestigt sich im Langzeitgedächtnis”, weiß die erfahrene Pädagogin aus vielen Jahrzehnten im Schuldienst zu berichten. Sie ist der Meinung, dass dieses Großereignis für die Schülerschaft sich auf ihr ganzes späteres Leben auswirkt. Es sei einfach eine gute Erfahrung. „Ich hatte beispielsweise mal einen Schüler, der an dem Info-Stand eines Hotels mit einem Koch gebrannte Zuckermandeln herstellte. Den traf ich 20 Jahre später wieder und er hat immer noch mit der gleichen Begeisterung wie als 14-Jähriger von diesem Tag erzählt.” Das, was Schülerinnen und Schüler hier an Eindrücken gewinnen, prägt sich besser ein. Und so fordert Margrit Gebel auch Unternehmen nachdrücklich auf, sich auf der BOM möglichst anschaulich zu zeigen. Ein Schornsteinfeger sollte in vollem Ornat erscheinen und nicht nur mit schwarzem Overall. Ein Tech-Unternehmen macht, aus dem Blickwinkel von Schülern betrachtet, zum Beispiel ordentlich was her, wenn diese auf einer Mitmach-Station einen Roboter zum Laufen bringen können. Schweißen, Löten, Backen, Bauen – natürlich hat das Handwerk es da leichter, den Schülerinnen und Schülern etwas Anschauliches zu präsentieren. Andere Unternehmen müssten da schon kreativer werden, um einen Wow-Effekt zu erzeugen. Und auf diesen kommt es an. Das, was bei Schülerinnen und Schülern an Eindrücken so hängen bleibt, kann man unmittelbar nach einer Berufsmesse eigentlich noch gar nicht evaluieren, sagt Margrit Gebel. Die Wirkung zeige sich häufig erst , auch nach den pflichgemäßen Besuchen der BOM ab dem 7. Schuljahr, im Langzeiteffekt. Und dieser entfaltet sich manchmal einfach erst mit der wiederkehrenden Erinnerung an den Duft gebrannter Mandeln.

TEXT Natascha Pösel
FOTO Sebastian Weimar