Ein Interview mit dem Berufscoach Ingmar Jonsson
Auf die Initiative der Schulleiterin Frau Märzhäuser hin richtete die Gemeinde Schönkirchen 2020 eine Planstelle für den Berufscoach Ingmar Jonsson in der Gemeinschaftsschule im Augustental ein. Die Vision: Wir schaffen für jeden Schüler ein passendes Ausbildungsangebot in der Region. Wir wollten von Herrn Jonsson wissen: Wie gestaltet sich die Arbeit als Berufscoach an der Schule im Augustental, und welche Herausforderungen und Aufgaben gehen damit einher?
Herr Jonsson, wie wird man Berufscoach?
Durch Zufall. Ich hatte eine eigene Bäckerei, die ich 2016 schließen musste, weil mir schlichtweg das Personal fehlte. Auf der Suche nach einer spannenden Perspektive, beschritt ich als Berufseinstiegsbegleiter bei der Akademie der Wirtschaft einen ganz neuen Weg: Ich betreute Schulen in Kiel und Umgebung und half den Schülerinnen und Schülern bei ihrer Berufswahl und -vorbereitung. Diese Tätigkeit ebnete mir den Weg zu meiner jetzigen Aufgabe: Als Berufscoach in der Schule im Augustental in Schönkirchen im Auftrag der Gemeinde, allen Schülerinnen und Schülern eine Ausbildungsmöglichkeit zu vermitteln.
Die Gemeinde stellt eine Planstelle für einen Berufscoach, das ist einzigartig. Was zeichnet Ihre Tätigkeit aus?
Als Berufscoach leiste ich Netzwerkarbeit für die Betriebe und die Schule. Ich arbeite sehr eng mit unserem Bürgermeister Herrn Radisch zusammen, kenne die Betriebe in der Gemeinde und habe so die Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler sehr individuell zu vermitteln. Im Gegensatz zu einer BO-Lehrkraft, habe ich zeitliche Kapazitäten von 37 Wochenstunden, um die berufliche Orientierung an der Schule so zu begleiten, dass ich jedem Schüler eine sichere Anschlussperspektive garantieren kann – das kann eine Ausbildung, aber auch ein Freiwilliges soziales Jahr oder der Übergang in eine weiterführende Schule sein. Unser Slogan: Finde etwas, woran du Spaß hast! Davon profitieren sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Betriebe.
Welche Aufgaben fallen in Ihren Verantwortungsbereich?
In meiner Rolle als Berufscoach an der Schule im Augustental koordiniere ich sämtliche Aspekte der beruflichen Orientierung, die sowohl die Schule als auch die Gemeinde betreffen. Dazu gehören die Organisation der Werkstatttage, die Durchführung der Potenzialanalyse, das Bewerbungstraining mit unseren Kooperationsbetrieben, die Planung und Umsetzung der Berufsorientierungsmesse sowie die Leitung regelmäßiger Treffen des Arbeitskreises, bestehend aus fünf Betrieben aus den Bereichen Handwerk, Industrie und Soziales. Darüber hinaus führe ich regelmäßig Gespräche mit Eltern, Schülern und Lehrern, um sicherzustellen, dass die Berufsorientierung optimal auf die individuellen Bedürfnisse und Interessen der Schülerinnen und Schüler abgestimmt ist.
Als Berufscoach haben Sie sich für ein außergewöhnliches Messekonzept entschieden. Wie unterscheidet sich die Berufsorientierungsmesse der Schule im Augustental von anderen Messen?
Unser Ziel auf der Messe ist es, Impulse bei den Schülerinnen und Schülern zu setzen und sie in ihren Interessensgebieten zu bestärken. Um herauszufinden, für welche Berufe sich die Jugendlichen interessieren, erstelle ich daher im Vorfeld eine Umfrage über IServ und stimme meine Planung individuell auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler ab. In einem kleinen, aber intensiven Rahmen stellen jedes Jahr zehn bis 12 Betriebe auf der Berufsorientierungsmesse unserer Schule ihre Ausbildungsberufe in Form von Workshops vor. Während der Messe besucht jeder Schüler zwei 60-minütige Workshops und hat in der Pause, während eines Come together in der Aula, die Möglichkeit, Kontakt zu weiteren Betrieben aufzunehmen. Bei einer positiven Teilnahme am Workshop haben die SchülerInnen die Möglichkeit, ein Zertifikat durch den Betrieb zu erhalten. Dieses Zertifikat kann einer späteren Bewerbung beigefügt werden. Konkret haben sich bereits mehrere Praktikumsmöglichkeiten für die Osterferien aus der Berufsorientierungsmesse ergeben.
Was planen Sie noch, um Schule und Betriebe enger zu vernetzen?
Das nächste angestrebte Ziel ist, Betriebe einzuladen, in berufsspezifischen Unterrichtsfächern mit den Fachlehrern Unterrichtsstunden auszuarbeiten. Zudem soll ermöglicht werden, dass Betriebe während der Projektwochen einzelne Projekte begleiten. Auf diese Weise können sie den Schülerinnen und Schülern praktisch demonstrieren, wie das, was sie gerade lernen, in einem realen Arbeitsumfeld angewendet wird und welche Bedeutung es für ihren Betrieb hat. Wir denken darüber nach, für kleine Handwerksbetriebe eine Sprechstunde einzurichten, in der die SchülerInnen und Schüler die Möglichkeit bekommen, bestehende Fragen persönlich mit einem Handwerksbetrieb zu besprechen.
Viele Betriebe bemängeln fehlende Motivation bei jungen Nachwuchskräften. Worin sehen Sie als Berufscoach die Herausforderung der Gen Z in Bezug auf das bevorstehende Berufsleben?
Ich nehme die Jugendlichen als sehr offen wahr, beobachte jedoch auch, dass sie sich von dem Ausmaß des Angebots erschlagen fühlen – kein Wunder bei 340 Ausbildungsmöglichkeiten im dualen System, den schulischen Ausbildungen, weiterführenden Schulen, dem FSJ, kulturellen Jahr und was es noch alles gibt. Ich helfe dabei, Orientierung zu schaffen und die unterschiedlichen Felder einzugrenzen.
Wie arbeiten Sie mit den Eltern zusammen?
Die Eltern spielen im Berufsorientierungsprozess eine entscheidende Rolle. Ich führe regelmäßig Elterngespräche, in denen wir über die individuellen Stärken und Interessen der Schülerinnen und Schüler sowie mögliche berufliche Perspektiven sprechen. Durch die enge Zusammenarbeit mit Eltern und Schülern besteht eine gute Vertrauensbasis, die es mir ermöglicht, positiv auf die Entscheidungen der Jugendlichen Einfluss zu nehmen.
Inwiefern sehen Sie ihre Aufgabe auch darin, die Schülerinnen und Schüler nach der Schule auf ihrem beruflichen Weg zu begleiten?
Ich betreue die Schülerinnen und Schüler aktiv während ihrer Probezeit im Unternehmen und helfe auch gerne weiter, wenn im weiteren Verlauf ihres beruflichen Werdegangs Fragen oder Probleme auftreten, bei denen ich weiterhelfen kann.
TEXT Sophie Blady
FOTO Sebastian Weimar