Ralf Albertsen unterrichtet seit 26 Jahren Englisch, Sport und Dänisch an der GMS in Bredstedt. Als stellvertretender Schulleiter ist er in erster Linie für die Erstellung der Stunden- und Vertretungspläne verantwortlich. Er koordiniert den laufenden Schulbetrieb für die Schülerinnen und Schüler der 37 Klassen.
In 40 Jahren Berufsleben haben Sie mit Sicherheit viel erlebt. Erzählen Sie uns bitte etwas über Ihre beruflichen Stationen!
Ich habe mein Lehramtsstudium in Kiel absolviert und im Anschluss an mein Referendariat in Husum als Vertretungslehrer an verschiedenen Schulen gearbeitet. Im Gegensatz zu heute gab es 1989 zu wenige Stellen für zu viele Lehrer, deshalb bin ich für sieben Jahre an die Deutsche Schule nach Sønderborg gegangen. Danach führte mich mein Weg wieder zurück in die Heimat, da hier in Bredstedt dringend eine Lehrkraft für das Fach Dänisch gesucht wurde.
Haben Sie Impulse aus dem dänischen Schulsystem mitgenommen?
Ja, gerade während der Umstellungsphase von der Realschule zur Gemeinschaftsschule konnte ich meine Erfahrungen aus dem dänischen Gemeinschaftsschulkonzept einbringen und die Anfangsskepsis einiger Kolleginnen und Kollegen gegenüber dem neuen Schulsystem ausräumen.
Welche Vorteile sehen Sie im Gemeinschaftsschulkonzept?
Ich halte das gemeinsame Lernen für vorteilhaft und ich würde sogar das dänische System, in dem die Kinder von der ersten bis zur neunten Klasse zusammen lernen, auch für das deutsche Schulsystem befürworten. Aber natürlich kann man die Gegebenheiten dort aufgrund kleinerer Klassen und ausreichendem Lehrpersonal nicht mit den Gegebenheiten in Deutschland vergleichen.
Dieses Gemeinschaftskonzept kann aber auch Nachteile beinhalten, wenn Kinder mit unterschiedlichen Leistungsniveaus entweder über- oder unterfordert sind. Wie fangen Sie das als Lehrer auf?
Das kann man nur auffangen, indem man den Unterricht gut vorbereitet und das entsprechende Material für die unterschiedlichen Niveaus der Kinder bereithält.
Sie haben zunächst ausschließlich als Lehrer gearbeitet. Warum haben Sie sich entschieden stellvertretender Schulleiter zu werden?
Diesen Posten hatte ich bereits in Sønderborg ins Auge gefasst, da ich dort ohnehin zwei Jahre die entsprechenden Tätigkeiten eines Konrektors ausgeführt habe. Damals, und das können sich unsere Schüler heute gar nicht mehr vorstellen, zog der Computer ins Schulwesen ein, ich kannte mich mit der EDV aus, erstellte Stundenpläne und organisierte den Schulbetrieb. Letztendlich bekam dann aber eine dänische Kollegin den Job und wir entschieden uns, nach Deutschland zurückzukehren. Im Rückblick die perfekte Entscheidung, denn ich konnte zurück in meinen Heimatort, zurück in meinen Handballverein und in eine tolle Schule, wo ich nun den Posten des stellvertretenden Schulleiters wahrnehmen darf.
Warum sind Sie Lehrer geworden und was hat sich im Laufe der Zeit verändert?
Für mich stand bereits während der Schulzeit fest, Lehrer werden zu wollen. Ein Englischlehrer hat mich damals sehr beeindruckt. Das war ein echter Motivator. An meinem Beruf schätze ich besonders, im Leben der Jugendlichen viel bewegen zu können und sie ins Erwachsenen- bzw. Berufsleben zu begleiten. Das erfüllt mich! Schule hat sich natürlich verändert, auch wenn man das in einer ländlichen Gegend nicht so sehr merkt, trotzdem wird heutzutage grundsätzlich von der Schule viel mehr erwartet, besonders was die Erziehungsarbeit angeht.
Müsste sich aus diesem Grunde nicht endlich auch das Lehramtsstudium praxisnäher gestalten?
Das sehe ich auch so. Heute sollten die Lehramtsstudenten etwas weniger fachbezogen, sondern vielmehr pädagogisch und praxisorientierter studieren können. Insgesamt sollte ein stärkeres Gewicht darauf gelegt werden, welche Kompetenzen abseits der Lernstoffvermittlung zusätzlich erforderlich sind.
Das schließt die Vermittlung des Medienumgangs heutzutage mit ein!
Das ist ein riesiges Thema bei uns. Mittlerweile gehören Handy, iPad sowie ChatGPT zur Lebenswelt, und wir können es uns als medienorientierte Schule nicht leisten, den Schülerinnen und Schülern die Nutzung zu verbieten. Natürlich ergeben sich daraus dann auch Probleme, wie zum Beispiel die Gefahr des Mobbings. Deshalb setzen wir auf eine Medienschulung, damit die Jugendlichen einerseits auf das Leben vorbereitet sind und andererseits lernen, sich zu schützen.
Welche Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es in digitaler Hinsicht für das Lehrpersonal?
Wir haben eine Schulentwicklungsgruppe ins Leben gerufen, um unsere Schule stetig weiterzuentwickeln. Diese Gruppe trifft sich alle zwei Monate an sogenannten Schulentwicklungstagen und diskutiert aktuelle Bedarfe. Dazu gehören auch Fortbildungsangebote, wie zum Beispiel bei der Einführung des iPads damals. Wir helfen uns gegenseitig, indem jeder seine individuellen Fähigkeiten einbringt und das Kollegium insgesamt davon profitieren kann.
Welchen Stellenwert hat die Berufsorientierung an der Schule und wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit den Eltern?
Obwohl Berufsorientierung ja kein Bestandteil des Curriculums ist, hat sie einen großen Stellenwert bei uns. Durch unsere BO-Lehrkräfte, unsere Berufsberatung, die JOBNight, Kooperationen mit Betrieben der Region und viele weitere berufsorientierende Maßnahmen sind wir breit aufgestellt. Wir bieten regelmäßig Info- und Elternabende besonders in Vorbereitung auf die Praktikumswochen an und bitten die Eltern mitzuarbeiten. Leider wird das Angebot unterschiedlich wahrgenommen.
Wie kooperieren Sie mit den beruflichen Schulen? Viele Schülerinnen und Schüler planen dort ihre weitere Ausbildung.
Wir sind gut vernetzt und haben halbjährliche Treffen mit den Bildungseinrichtungen, die unsere Schülerinnen und Schüler im Anschluss übernehmen. Durch diesen Austausch wissen wir genauer, welche Leistungsanforderungen das weiterführende Gymnasium oder die Berufsschulen im Umkreis stellen, was wir als Schule gut machen und woran wir mit unseren Schülerinnen und Schülern noch arbeiten müssen.
Dieser Artikel ist in der JobNight 2023 erschienen. Hier geht es zum E-Paper!
Mehr zur Gemeinschaftsschule Bredstedt: BO-Lehrer Marc Perry über die Vorzüge von Praktika bei der Berufsorientierung
TEXT Anja Nacken
FOTO Reinhard Witt