Studierende der Fachhochschule (FH) Kiel haben im Rahmen eines internationalen Hochschulwettbewerbs ein nachhaltiges Segelboot designt und gebaut. Aktuell trainiert das Team auf der Kieler Förde, am Freitag (20.09.24) geht es dann nach Italien zum 1001VELAcup. Rund 14 Hochschul-Teams treten in Triest vom 25. – 29. September 2024 auf dem Wasser und im Rahmen eines Designwettbewerbs gegeneinander an.
Glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) ist im Yachtbau seit den 1970er Jahren das Maß der Dinge. Doch das Verbundmaterial ist umstritten: Seine Produktion verschlingt viel Energie, die für die Laminierung der Glasfaserschichten verwendeten Epoxidharze basieren auf Erdöl. Hinzu kommt, das sich GFK nicht zufriedenstellend recyceln lässt. Daher gibt es auch im Bootsbau Bestrebungen, auf andere Materialien zurückzugreifen. Um Studierende für einen nachhaltigeren Bootsbau zu sensibilisieren, haben zwei italienische Architekten 2005 den 1001VELAcup ausgerufen, einen Internationalen Konstruktions- und Segelwettbewerb für Hochschulen. Teilnehmen dürfen nur Boote, die mindestens zu 75 Prozent aus recycelfähigen Materialien bestehen. Weitere Vorgaben: Eine Länge von 4,60 Metern, eine Breite von 2,10 Metern und eine Gesamtsegelfläche von 33 Quadratmetern.
Mix aus Innovation und Recycling
Seit 2019 stellt sich das Team Förderacer der Fachhochschule Kiel dieser Herausforderung. „Damals ist die Entscheidung gefallen, für die Konstruktion des Rumpfes schnell nachwachsende und biologisch abbaubare Fasern aus Flachs zu verwenden“, erklärt Justin Bednarek. „Beim Laminieren der Fasern ersetzen wir das erdölhaltige Industrieharz mit einer Variante, die Pflanzenöl enthält“, fährt der 23-Jährige fort, der im 7. Semester Schiffbau und Maritime Technik (Bachelor) studiert.
Das Rigg mit einem Aluminium-Composite-Mast stammt von einem 49er, das Team hat ihn recycelt. Die Segel hingegen sind neu und speziell an die Segeljolle Typ Skiff angepasst. „Die Segel bestehen aus einem Polyester-Folien-Laminat und sind daher leider nicht nachhaltig“, bedauert Teamchef Lucas Hummel. „Die Produzenten arbeiten aber bereits an recycelten Polyester-Materialien für Segel, das lässt für die Zukunft hoffen.“
Selbst entwickelte Sensortechnik ermöglicht Rückschlüsse auf Performance
Natürlich möchten die Studierenden um die vorderen Plätze mitsegeln und haben das Skiff so leicht wie möglich konstruiert. Aber die künftigen Ingenieur*innen haben auch die Wissenschaft im Blick und ihr Boot mit umfangreichen Sensoren ausgestattet. „Wir wollen wissen, wie sich Kräfte und Spannungen auf das Boot auswirken, um mehr über die Festigkeit und Stabilität unserer Flachsfaser-Sandwich-Konstruktion zu erfahren“, betont Hummel. „Mithilfe einer Echtzeituhr können wir die Messdaten an Umweltbedingungen wie Windstärke, Wellenhöhe und Temperatur und den Trimm koppeln“, ergänzt Bednarek. „Sogar die benötigten Messfühler haben wir selbst gebaut, weil Standardkomponenten nicht erfassen, was wir brauchen.“
Zukunftsvision: Vollständig recycelbare Yachten
Die Teilnahme am 1001VELAcup ist ein wichtiger Meilenstein für das Team Förderacer. Aber er bedeutet nicht das Ende ihres Engagements. Die Verwendung natürlicher Materialien sei nur ein Schritt zu einem nachhaltigeren Bootsbau, erklärt Bednarek. „Wenn es um das Recycling geht, liegt noch ein weiter Weg vor uns. Das Ziel ist erreicht, wenn wir unsere Boote nach 40 Jahren zerlegen und auf dem Komposthaufen entsorgen können“, ist der Schiffbau-Student aus Kiel überzeugt.
TEXT Fachhochschule Kiel
FOTO Leandra Freese