Schulsozialarbeit ist nicht nur in unsicheren Zeiten unverzichtbar

Schulsozialarbeit ist nicht nur in unsicheren Zeiten unverzichtbar

Der Bereich Schulsozialarbeit existiert bereits seit 2009 an der HBS. Damit war die Schule eine der ersten im Kreis Rendsburg-Eckernförde, die abseits des Lehrplans zusätzliche sozialpädagogische Betreuung ihrer Schülerinnen und Schüler einführte. Die Fachkräfte Sonja Finger-Westphal und Laura Giza sind ein gutes Team und kümmern sich mit großem Engagement um notwendige Beratungs-, Kontakt-, Präventions- und Projektangebote, die zu Problemlösungen im Schulalltag und damit zu einem positiven Klima beitragen. Im Interview berichten die Sozialpädagoginnen über ihre Arbeit.

Wie war Ihr beruflicher Werdegang und wie sind Sie an die Schule gekommen?

Finger-Westphal: Ich bin seit 2009 an der HBS. Nach meinem Realschulabschluss habe ich zunächst eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht und parallel meine Fachhochschulreife absolviert. Nach 2 jähriger Berufstätigkeit als Erzieherin habe ich ‚Soziale Arbeit‘ an der FH in Lüneburg studiert und als Diplom Sozialpädagogin bzw. Diplom Sozialarbeiterin abgeschlossen. Als der Schulverband Bordesholm diese Vollzeitstelle für den ländlichen Raum erstmals anbot, habe ich mich sofort darauf beworben und bin bis heute glücklich, in dieser tollen Atmosphäre arbeiten zu dürfen.

Giza: Ich bin seit 2021 als Sozialpädagogin an der Schule. Vorher habe ich Kindheitspädagogik an der FH in Kiel studiert und habe im Anschluss die staatliche Anerkennung als Schulsozialpädagogin erworben. Ich empfinde die Möglichkeit, im Team für die Belange der vielen Schülerinnen und Schüler unserer Schule zuständig zu sein, als großen Luxus, sehe aber auch gleichzeitig tatsächlichen Bedarf.

Als Schulsozialarbeiterinnen sind Sie für Aufgaben wie Konfliktbewältigung, Krisenintervention, Suchtprävention und vieles mehr zuständig. Wo sehen Sie persönlich die Schwerpunkte in Ihrer Arbeit?

Giza: Ich würde die Schwerpunkte in der Einzelberatung von Schülerinnen und Schülern sehen. Natürlich auch bei Bedarf in Verbindung mit den Familien der Jugendlichen. Wir sind die primären Ansprechpartnerinnen für alle ratsuchende Schülerinnen und Schüler, um dann zu entscheiden, welche Art von Hilfestellung konkret notwendig ist.

Finger-Westphal: In diesem Zusammenhang möchte ich als weiteren Schwerpunkt die kollegiale Beratung von Lehrkräften hervorheben, die sich, wenn sie Probleme bei ihren Schülerinnen und Schülern wahrnehmen, an uns wenden. Manchmal braucht es einfach mehr Zeit und mehr hilfreiche Ideengeber, um Konflikte zu lösen.

Wie läuft so eine Konfliktberatung ab?

Finger-Westphal: Das kommt immer auf den Fall an. In der Regel machen wir mit den Betroffenen Beratungstermine aus. Manchmal besuchen wir aber auch die Familien zu Hause, wenn es die Situation erfordert. Wir agieren in dieser Hinsicht sehr flexibel und achten immer darauf, möglichst alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen.

Sie sind auch durch die OGS-Betreuung den ganzen Tag an der Schule, aber haben Sie trotzdem feste Sprechzeiten, in denen die Schülerinnen und Schüler Sie erreichen können?

Giza: Ganz starre Sprechstunden sind schlecht zu realisieren, da wir den ganzen Tag an der Schule unterwegs sind, aber wenn wir nicht in unserem Büro anzutreffen sind, haben die Schülerinnen und Schüler auch die Möglichkeit uns per Briefkasten eine Nachricht zu hinterlassen, uns anzurufen oder eine WhatsApp zu schreiben. Eine Kontaktaufnahme ist also jederzeit ganz leicht möglich und das klappt prima!

Finger-Westphal: Durch unsere Teilnahme an allen schulischen Veranstaltungen, in Klassenratssitzungen oder auf Elternabenden und bei Bedarf auch in Elternsprechstunden sind wir ein fester Teil des Schullebens und haben auch von daher eine gute Wahrnehmung dafür, wo Hilfebedarf besteht.

Welche Angebote sind im Bereich Prävention und Intervention an der HBS gesetzt?

Finger-Westphal: Wir führen zum Beispiel in der Jahrgangsstufe 5 regelmäßig eine Mobbingprävention durch und nehmen darüber hinaus an Klassenratssitzungen teil. Diese frühzeitige Kontaktaufnahme mit den Schülerinnen und Schülern schafft von Anfang an ein solides Vertrauensverhältnis, das uns sehr viel bedeutet. Für speziellere Themen laden wir auch regelmäßig externe Präventionsfachleute zu Vorträgen ein.

Welche Externen sind das zum Beispiel?

Giza: Zum Beispiel die Polizei, die in Neumünster eine eigene Präventionsstelle eingerichtet hat, oder Mitarbeiter der DROGE 70, die ihr aktuelles Wissen im Bereich Suchtprävention vermitteln können. Zusätzlich laden wir themenspezifisch natürlich auch Organisationen wie pro familia, DIE PETZE, SCHLAU SH etc. ein. Durch die Mithilfe dieser Spezialisten können wir an unserer Schule eine umfangreiche Mischung an Aufklärungs- und Präventionsarbeit anbieten.

Unterstützen Sie die Lehrkräfte auch im Unterricht?

Finger-Westphal: Natürlich nicht hinsichtlich einer Lernstoffvermittlung, aber wenn eine Schülerin oder ein Schüler ein besonderes Verhalten im Unterricht zeigt, nehmen wir am Unterricht teil, um uns ein besseres Bild zu verschaffen und eine gemeinsame Problemlösung zu erarbeiten.

Sie unterstützen die Schülerinnen und Schüler auch im Bereich der Berufsorientierung durch das Programm Schule und Praxis (SUP), was bedeutet das genau?

Finger-Westphal: Das bedeutet, dass wir schulmüden und leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern – in Absprache mit den Lehrkräften, der Schulleitung und den Eltern – die Möglichkeit geben, in Betriebe reinzuschnuppern und Praxistage zu erleben. Die Ergebnisse sind mehrheitlich positiv und eröffnen für viele ganz neue schulische und berufliche Perspektiven.

Giza: Ja, wir erhalten öfters Rückmeldungen von begeisterten Ausbildung- oder Betriebsleitern, die ungeahntes Potenzial bei genau diesen Schülerinnen und Schüler sehen und ihnen nach dem Schulabschluss direkt eine Ausbildungsstelle anbieten möchten.

In letzter Zeit ist gerade Antisemitismus ein Thema an Schulen. Wie reagieren Sie als Sozialarbeiterinnen auf solche Tendenzen?

Giza: Wir sind als Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage zertifiziert und gehen aktiv gegen jede Form von Diskriminierung vor. An der HBS bilden wir zusammen mit dem Kollegium einen festen Arbeitskreis und widmen uns regelmäßig den aktuellen Themen, die nicht nur uns, sondern auch unsere Schülerschaft umtreiben. Je nach Bedarf greifen wir auch auf die oben genannten externen Unterstützer zurück.

Finger-Westphal: Sobald seitens der Schülerschaft rassistische Bemerkungen aufkommen, versuchen wir den Konflikt sofort zu lösen, indem wir die Schülerinnen und Schüler zu einem Gespräch zusammenbringen. Unsere Lehrkräfte sind da aber auch sehr sensibilisiert und lösen viele Konflikte bereits im Unterricht. Wir verstehen unsere Arbeit als Ergänzung zum Schulalltag und versuchen, für jedes persönliche Problem unserer Schülerinnen und Schüler eine Lösung zu finden.

TEXT Anja Nacken
FOTO privat