Schulbiotop – lernen in der Natur

Schulbiotop – lernen in der Natur

Was motiviert mehr, als ein eigenes Projekt zusammen mit Freunden oder Klassenkameraden zu realisieren? Sei es ein Bienenhaus, der Bau von Gartenanlagen oder Wegen? Schulprojekte bieten sowohl Schülern als auch Lehrern die Möglichkeit, sich außerhalb des Klassenzimmers zu engagieren und ganz nebenbei noch ziemlich viel zu lernen – die perfekte Vorbereitung auf das anstehende Berufsleben.

Hier geht was: das Schulbiotop der Gemeinschaftsschule Bredstedt

Auf einer Fläche von über zwei Hektar können sich die Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule Bredstedt von der 7. bis zu 10. Klasse im Rahmen des NaWi-Unterrichts mit ihren eigenen Projekten verwirklichen. Sieben Teams lernen zu arbeiten, zu beobachten, zu pflanzen und gestalten den Lebensraum Biotop – sei es in der Schulimkerei oder auf Streuobstwiesen. „Bei dieser freien Form des Unterrichts bekommen die Schüler eine ganz andere Einstellung zum Lernen”, betont Andree Locklair (einer von drei verantwortlichen Lehrern des Schulbiotops). „Die Schüler erarbeiten gemeinsam Projekte, die sie über Wochen oder sogar Monate verfolgen. Je nach Klassenstufe arbeiten sie sehr frei und eigenverantwortlich an ihren Ideen. Alle zwei bis drei Wochen verabreden sich die Gruppen, um Rücksprache zu halten: Was klappt, wo gibt es Schwierigkeiten, wo wird Hilfe benötigt? Die Schülerinnen und Schüler lernen, sich gegenseitig zu helfen, sich auszutauschen und Werkzeuge zu bedienen”, so Locklair. Gerade Schüler, die im Klassenverband Schwierigkeiten haben, können in dieser freien Form des Unterrichts mit praktischen Fähigkeiten glänzen und ihr Selbstbewusstsein stärken. Denn „positive Selbstwirksamkeitserwartungen fördern die Motivation, neue und schwierige Aufgaben zu bearbeiten und dabei Anstrengung aufzuwenden”, wie Matthias Jerusalem in der Zeitschrift für Pädagogik resümiert. Eigene Projekte stärken das Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit und vermitteln den Jugendlichen ganz nebenbei zahlreiche Kenntnisse und Fertigkeiten, die sie für ein selbstbestimmtes Leben nach der Schule gut gebrauchen können: Teamfähigkeit, Projektorganisation, handwerkliches Geschick, Verantwortungsbewusstsein, Wertschätzung nachhaltiger Lebensformen, Wissen um biologische Zusammenhänge und nicht zuletzt einen realistischen Umgang mit Finanzen.

rotes Holzhaus für Bienen.

Bienenhaus im Schulbiotop der Gemeinschaftsschule Bredstedt.

Brücke im Schulbiotop der Gemeinschaftsschule Bredstedt.

Die Brücke im Schulbiotop der Gemeinschaftsschule wurde von den Schülern gebaut.

Von der Planung bis zur Umsetzung

Im Biotop der Gemeinschaftsschule Bredstedt werden nicht nur Pläne geschmiedet, sondern auch umgesetzt. Zwei Mal in der Woche bieten zwei Unterrichtseinheiten Zeit, eigene Projekte zu realisieren. Bevor die Schülerteams eine Idee in die Tat umsetzen, erstellen sie daher eine Zeichnung und eine Materialliste mit Mengen- und Preisangaben. Sie organisieren den Transport, überprüfen bei der Anlieferung die Ware und bringen sie an den gewünschten Ort im Biotop. Fehlt ein Werkzeug oder ein Werkstoff, ist Kreativität gefragt: Eine Idee muss her, denn die Schüler sollen so eigenständig wie möglich an ihr Ziel kommen. „Wir setzen ganz bewusst auf das Prinzip der Eigenverantwortung. Wenn zwei von fünf Schülern zu wenig tun, kommt die ganze Gruppe nicht voran, sodass die Schüler sich ganz von alleine gegenseitig anspornen und motivieren”, betont Locklair. Kein Wunder, denn wer im Biotop mitarbeitet, lernt ganz nebenbei viele interessante Berufe kennen. Es gibt Schnittmengen zur Metallverarbeitung, zum Hochbau im Bereich Mauern und Betonbau, zum Zimmerer, Dachdecker und zur Logistik. „Viele gute Schüler, die im Biotop arbeiten, möchten eine handwerkliche Ausbildung machen und dann erst studieren”, so Locklair.

Lehrer machen’s möglich!

Drei Lehrer, ein Projekt

Drei Lehrer – ein Projekt: Zusammen mit Sönke Berg (Sport, Biologie, Nawi, Biotop) und Marco Petersen (Englisch Naturwissenschaften, Sport) engagiert sich Andree Locklair (Geografie, Sport, Weltkunde) seit 2021 für die Instandhaltung, Pflege und die Weiterentwicklung des Schulbiotops. „Meine Großeltern waren Handwerker und hatten Betriebe, sodass ich als Lehrer viele handwerkliche Fertigkeiten mitbringe und große Lust habe, diese an die Schüler weiterzugeben”, erklärt Locklair. „Meine Kollegen und ich, sprechen uns sehr eng miteinander ab und stecken uns jeweils zu Beginn des Halbjahres Ziele für die einzelnen Kurse”, ergänzt er. Je nach Neigung und Vorkenntnissen verteilen sich die Lehrkräfte auf die Teams, um die Schüler optimal in ihren Vorhaben zu unterstützen. Basis ihres Unterrichts sind Maschinenkunde und Sicherheitshinweise. Die Projekte der einzelnen Teams bauen aufeinander auf und werden für ältere Schülerinnen und Schüler aufgrund ihrer gewachsenen Fähigkeiten immer anspruchsvoller. „Fachliche Unterstützung holen wir uns punktuell und gezielt zu den einzelnen Projekten”, betont Locklair. Statiker, Architekten, Dachdecker und viele andere Gewerke übernehmen die Baubegleitung und auch die Bauprüfung am Ende eines Projektes. In diesem Zusammenhang spielen auch die Eltern eine entscheidende Rolle. Sie vereinen so viele Berufe, von denen wir im Biotop lernen können.

In der 7. Klasse beginnen die Schüler mit der Errichtung von Gräben und Pflanzenkunde. Schülerinnen und Schüler des 8. Jahrgangs haben eine Brücke und eine Lehmhütte gebaut. Gemeinsam mit denen des 9. Jahrgangs arbeiten sie zudem auf einer Streuobstwiese. Ein weiteres Projekt der älteren Schüler ist das Teich- und Bewässerungssystem. Schüler des 10. Jahrgangs haben einen alten Anhänger vom Sperrmüll organisiert. Mit vielen Ideen und handwerklichem Geschick setzen sie diesen wieder instand und erfahren, dass viele alte Dinge mit ein bisschen Arbeit wieder verwendet werden können und nicht zwangsläufig auf dem Müll landen müssen. „Es macht Freude zu sehen, wie die Schüler mit ihren Aufgaben wachsen und über die Jahre ihre eigenen Projekte im Biotop verwirklichen. Einige kommen auch nach der 10. Klasse noch ins Biotop, um zu schauen, was aus ihren Projekten geworden ist”, so Locklair.

TEXT Sophie Blady
FOTO Reinhard Witt