Man muss auf sein Bauchgefühl hören!

Man muss auf sein Bauchgefühl hören!

Tanja Glöckner ist seit 11 Jahren BO-Lehrerin an der Goethe-Gemeinschaftsschule. Ihr eigener Werdegang ist ein gutes Beispiel dafür, dass Berufliche Orientierung nicht nur nach ‚Schema  F’ funktionieren muss. Nach dem Abi ist sie 15 Monate nach Frankreich gegangen, hat dort sowohl eine Schule besucht, als auch als Au-Pair gearbeitet. Eine Erfahrung, die sie nur jedem empfehlen kann. Danach ging es zurück nach Deutschland, und es folgte eine schulische Ausbildung als Wirtschaftsassistentin im Fachbereich Fremdsprache und Touristik (sowie das Ausprobieren verschiedener Studiengänge). Im Anschluss war sie in einem Malereibetrieb als Büroleitung und Personalverantwortliche tätig und absolvierte noch eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Von dort aus und nach der Geburt ihres Kindes wagte Glöckner nochmal den Schritt ins Lehramtsstudium – und ist nun seit insgesamt 15 Jahren Lehrerin mit Leib und Seele.

Ein bunter Strauß an Erfahrung, den Sie da mitbringen. Haben Sie aufgrund Ihrer eigenen Erfahrung Tipps für Schüler, die Sie ins Leben entlassen?

Glöckner: Das Leben ist bunt, und es gilt immer wieder das anzunehmen, was es einem bietet. Eine Bereitschaft, etwas zu wagen, ist ganz wichtig, und das deutsche System bietet viel Unterstützung und Möglichkeiten zur Entfaltung. Man muss keine Angst vor Fehlentscheidungen haben. Irgendwie geht es immer weiter. Grundsätzlich halte ich die Lust, etwas zu tun, und das Bauchgefühl für gute Entscheidungshilfen. Die Tipps von Freunden oder deren Orientierung können interessant sein, sollten aber nicht den Ausschlag für eine Berufsorientierung geben.  

Im letzten Jahr gab es generell viele Herausforderungen an den Schulen. Wo lagen für Sie speziell als BO-Lehrerin die größten Herausforderungen?

Glöckner: Das Ausprobieren’ fehlte massiv. Praktika, Messen und andere Dinge, die wir sonst im Fachbereich organisieren, fielen weg. Das haben uns auch die Schüler bestätigt. Natürlich haben wir versucht, das über digitale Möglichkeiten aufzufangen, aber gerade in den achten Klassen, in denen wir ja mit dem BO-Unterricht beginnen, war das schwierig. Es erfordert so viel Selbstkompetenz von jüngeren Schülern, die Angebote sinnvoll zu nutzen. Sie sitzen dann allein vor dem PC und sollen sich unter anderem im Hinblick auf Berufliche Orientierung selber motivieren. Da gab es zum Glück den Wechselunterricht, der Fragen wie Wo sind meine Stärken und Schwächen’, Was mag ich oder was nicht’ mit den Schülern erarbeiten konnte. 

Gab es auch positive Erfahrungen?

Interessanterweise gab es auch Schüler  gerade in der Pubertät  , die dank der digitalen Formate aufgeblüht sind. Plötzlich fiel das ganze soziale Drumherum weg, und der Schwerpunkt verlagerte sich nach innen. Die Konzentration auf sich und die Lerninhalte hat bei einigen Schülern zu besseren Leistungen geführt.

Das heißt, Sie könnten sich auch nach der Rückkehr zum Präsenzunterricht ein Hybridmodell vorstellen?

Ja, sehr gut!  Damit kann man die verschiedenen Lerntypen einfach besser miteinander verknüpfen.

Müsste BO-Unterricht auch neu gedacht werden?

Die digitalen Möglichkeiten sind durch Corona weiterentwickelt worden, und man sollte versuchen, zukünftig alle Formate miteinander zu kombinieren, das stärkt auch die Medienkompetenz der Schüler. Vor Corona habe ich mit ausgeliehenen VR-Brillen bereits virtuelle Begehungen von Betrieben gemacht.  Dadurch besitzen wir eine zusätzliche Möglichkeit, viele Einblicke in die Unternehmen zu geben und so zahlreiche artverwandte Berufsfelder vorzustellen, die die Schüler nicht alle auf dem Schirm haben können. Das weitet den Blick im wahrsten Sinne und macht allen viel Spaß. 

Ein gutes Motivationstool für Ihren BO-Auftrag. Was halten Sie denn in diesem Zusammenhang von unserer DIGI.BO Plattform?

DIGI.BO habe ich als Unterrichtseinheit für den Präsenzunterricht geplant. In Form einer Rally möchte ich den Schülern einen Überblick über die Plattform geben und sie, aufgrund des leicht verständlichen Aufbaus, den Gebrauch üben lassen. Mir gefällt die Seite sehr, und die Regionalität dieser Berufsbilder ist für unsere Schüler hier vor Ort natürlich von besonderem Wert. Mithilfe der Tipps können Bewerbungen geübt, und viele wichtigen Sachverhalte von den Schülern gesammelt werden, die sie dann später bei konkreten Bewerbungen gebrauchen können. Ich werde sie ja leider nicht immer begleiten.

 

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TEXT Anja Nacken, Sophie Blady
FOTOS Christina Kloodt