Am heißesten Tag dieses Jahres hat sich das ME2BE-Filmteam auf den Weg nach Niebüll gemacht. Wir besuchen den nordfriesischen Luftkurort jedoch nicht wegen der reizvollen Umgebung, sondern weil wir drei Kurzfilme über die Ausbildungsberufe bei DuPont Danisco produzieren wollen.
Während der Großteil der Stadt noch schläft, machen wir uns mit der aufgehenden Sonne im Rückspiegel, einem Kaffee im Getränkehalter und unserem Filmequipment auf nach Niebüll. Das Navi zeigt eine Fahrzeit von einer Stunde und fünfunddreißig Minuten an. Ausreichend Zeit, um letzte Details des finalen Drehplans zu besprechen.
Ein schöner, wenn nicht sogar der schönste, Aspekt unserer Filmarbeit ist, dass wir mit jedem Projekt neue interessante Orte, Menschen und deren Arbeit kennenlernen. Heute besuchen wir DuPont Danisco – einen der Marktführer für Lebensmittelzusatzstoffe. Am Standtort in Nordfriesland werden natürliche Mikroorganismen gezüchtet, die für die Produktion von Joghurt, Käse, Quark, Kefir oder auch Fleischkulturen notwendig sind.
Die Berufsbezeichnungen Milchtechnologe/in oder Milchwirtschaftliche/er Laborant/in sind uns aus Beiträgen im Magazin HIERGEBLIEBEN ein Begriff , aber konkrete Vorstellungen vom Arbeitsalltag haben wir bisher jedoch nicht. Selbst der an sich geläufige Ausbildungsberuf der Fachkraft für Lagerlogistik unterscheidet sich je nach Unternehmen sowie nach Art und Beschaffenheit der zu lagernden Güter.
DER DREHORT: EINE HERAUSFORDERUNG FÜR SICH
Als wir um halb acht Uhr unser erstes Ziel, die Produktionsanlage von DuPont Danisco, erreichen, zeigt das Termometer bereits 20 Grad; aber wir werden an den nächsten zwei Drehtagen noch Temperaturunterschiede bis zu 70 Grad erleben.
Bevor die ersten Aufnahmen im Kasten beziehungsweise auf der SD-Karte abgespeichert sind, muss sich das Filmteam zunächst umziehen. Auf dem Firmengelände gelten höchste Sicherheitsbestimmungen. In einer Schleuse tauschen wir unsere Straßenkleidung gegen weiße Kasacks, Sicherheitsschuhe sowie Überzieher. Anschließend passieren wir noch eine Schranke, bei der die Hände wiederholt desinfiziert und geprüft werden, erst danach dürfen wir die Anlage betreten. Während unsere Projektleiterin bereits zum Locationscouting in Niebüll war, um den Cast zu treffen und Drehorte auszusuchen, lassen wir uns von den Sinneseindrücken vor Ort überwältigen.
Die ungewohnt hohe Luftfeuchtigkeit, Gerüche sowie die labyrinthartig anmutenden Rohrsysteme der Teilanlage wirken im ersten Moment einschüchternd. Für das Wachstum der Mikroorganismen bedarf es einer warmen Umgebung. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Danisco sind diese Arbeitsbedingungen vertraut, uns hingegen stellen sie vor neue Herausforderungen. Schon aufgrund der Hygienevorschriften können wir kein aufwendiges Set herrichten. Die filmischen Möglichkeiten stoßen hier an ihre räumlichen Grenzen. In solchen Fällen sind Fantasie und Improvisationsgeschick des Teams gefragt, etwa um eine Szene entsprechend auszuleuchten, den gewünschten Bildausschnitt oder die Kamerafahrt zu erzeugen. Nachdem wir die Aufnahmen in den Produktionsanlagen beendet haben, sind wir froh, unsere Straßenkleidung in der Umkleide hängen zu haben. Die hochsommerlichen Temperaturen zollen ihren Tribut.
DIE HARMONIE MUSS STIMMEN
Aber auch für die eine oder die andere Person vor der Kamera ist es – trotz Heimvorteil – ungewohnt, im Rampenlicht zu stehen. Daher achten wir besonders auf eine harmonische Atmosphäre zwischen den Beteiligten vor und hinter der Kamera. Andererseits kann eine Sequenz schnell verkrampft wirken. In der Regel wird eine Szene nicht einmal, sondern mehrmals aufgenommen. Jeder, der vor dem Spiegel denselben Satz häufiger laut gesprochen hat, weiß, wie komisch sich das irgendwann anfühlen kann. Die Filmarbeit ist im Grunde eine äußert kleinteilige Wiederholung einzelner Abläufe.
ES GIBT SZENEN, DIE MÜSSEN BEIM ERSTEN TAKE SITZEN
In bestimmten Situationen ist eine Wiederholung von Szenen jedoch nicht möglich, dazu gehören zum Beispiel die Aufnahmen der Kryokbehälter. Dort lagern die gesamten Kulturen von Danisco, stünde nämlich die Abdeckung zu lange offen, könnten die Mikroorganismen auftauen und Jahrzehnte lange Forschung sowie das Kapital des Unternehmens wären gefährdet. (Ob die Szene erfolgreich abgedreht werden konnte, könnt ihr im Film über die Milchwirtschaftliche Laborantin sehen).
In den Lagerhallen von Danisco erleben wir klimatisch das völlige Gegenteil. Damit die lebenden Organismen beispielsweise Milch in Käse oder Joghurt verwandeln können, werden die Kulturen bei bis zu Minus 55 Grad gelagert. Bei solchen Temperaturen geraten Mensch und Technik unweigerlich an ihre Grenzen. Daher tauschen wir unser Sommeroutfit gegen Schneeanzug, Warnweste, Schutzhelm und -brille.
DAS LAGER TANZT
Als wir das Lager betreten, sind wir beeindruckt. Mit Hubwagen, Gabelstaplern und Vakuumkran transportieren Fachkräfte für Lagerlogistik Paletten mit Behältern und Waren von einem Punkt zum anderen. Riesige Rolltore und massive Schiebetüren öffnen und schließen sich wie von Zauberhand. Die vielen unterschiedlichen, aber synchronen Bewegungen und Geräusche der Menschen und schweren Maschinen wirken geradezu tänzerisch. Damit die Abläufe so reibungslos funktionieren, bedürfe es eines eingespielten Teams und konzentrierter Arbeit, erfahren wir von Felix und bemerken sofort, dass bei ihm jeder Handgriff sitzt. Zu Beginn ist er sogar schneller als wir mit dem Drücken des Aufnahmeknopfes. Er rollt die elektrische Packbandmaschine vor eine Palette, drückt auf einen Knopf – auf einmal surrt ein Gelenkarm unter der Europalette hindurch, an der gegenüberliegenden Seite wieder hoch und bis zu Felix zurück. Blitzschnell schnappt sich Felix das Band. Noch bevor er uns den Vorgang komplett erklärt hat, ist das Paket auch schon fertig verschnürt. Das war cool, aber kannst du das auch langsamer machen?
Im nächsten Schritt stehen das Sichten, Schneiden und Montieren des Materials an.
Gegen achtzehn Uhr: Wir haben abgedreht! Der Tag ist wie im Fluge vergangen. Erschöpft , aber glücklich bedankt sich das ME2BE-Filmteam bei den professionellen Akteuren von Danisco. Es gab keine Komplikationen, und ein erster Blick auf das Material erscheint vielversprechend. Für heute ist die Filmarbeit abgeschlossen, doch der Dreh ist nur ein Teil der gesamten Filmproduktion. Im nächsten Schritt stehen das Sichten, Schneiden und Montieren des Materials an.
Auf der Rückfahrt nach Kiel genießen wir die friesische Landschaft , mit ihren typischen Fachwerkhäusern. Wir sprechen noch über einzelne Szenen, die jeder für sich bereits zu Sequenzen montiert und überlegt, welche Musik dazu passen würde. Dann schweifen die Gedanken jedoch wieder ab – die untergehende Sonne im Rücken.
TEXT Marc Asmuß
FOTOS Laura Hasl