Zu Besuch auf der 12. Berufsmesse der Siegfried-Lenz-Schule in Handewitt
Wir reisen in aller Frühe an den nördlichen Rand Schleswig-Holsteins, zur Schülermesse JOBLenz der Siegfried-Lenz-Schule in Handewitt, kurz vor der dänischen Grenze. Es ist ein eiskalter Morgen und es regnet in Strömen. Pünktlich um 6 Uhr 50 Uhr finden wir uns am Eingang der zwei Sporthallen ein, gemeinsam mit circa 65 weiteren Ausstellern aus der Region, die ihre Unternehmen, Behörden und Organisationen an diesem Tag vorstellen, um für ihre Ausbildungsberufe zu werben und Interesse für ein Praktikum zu wecken.
Thilo Jagow, Koordinator für die Berufsorientierung an der Siegfried-Lenz-Schule, hat die Messeleitung voll im Griff. Sein Zeitplan für Ankunft, Aufbau, Begrüßung, Durchführung der Informationsgespräche, Kaffeepause, Schichtwechsel und Abbau ist eng getaktet. Erwartet werden 500 Schülerinnen und Schüler aus Handewitt. Und weitere 125 von der Gemeinschaftsschule Schafflund. Die Anwesenheit ist für die Jugendlichen verbindlich. Teilnehmende Jahrgänge: vier- bis fünfzügige Klassenstufen von acht bis zehn.
Tagesbefehl – Mach, was wirklich zählt
Jeder Jahrgang hat pro Halle 30 Minuten Zeit, Schülerinnen und Schüler müssen zwei verbindliche Gesprächstermine schon vorab gebucht haben. Es werden pro Stand vier Stühle für Beratungsgespräche zur Verfügung gestellt, fürs Schlendern und für zufällige Begegnungen bleibt wenig Raum. Einige Aussteller vermissen die atmosphärische Lebendigkeit und Spontaneität einer klassischen Messe. Andere finden die straffe Organisation ganz gut. Die Kameraden von der Truppe beispielsweise sind ganz zufrieden damit, wie der Tag beginnt.
Mission accomplished – Recruiting bei der Bundeswehr
Der beeindruckende Truck der Bundeswehr ist hochprofessionell ausgestattet mit allem, was das Infotainment so hergibt. Audiostationen, Modelle, Filme und Printprodukte in Tarnfarben, passend zum Corporate Design des stylischen Messe-Sonderfahrzeugs. „Tagesbefehl – Mach, was wirklich zählt“, ist der Titel einer Broschüre. Der Appell zieht. Es wirkt, als hätte die Bundeswehr damit das Motto des Tages für alle Messe-Teilnehmenden ausgegeben. Das fühlt sich für den Trupp der Bundeswehr, die als Einzige draußen im eiskalten Wind auf dem Parkplatz vor der Turnhalle stehen, irgendwie stimmig an.
Die Beraterinnen und Berater in Uniform sind psychologisch geschult in Sachen Kommunikation und leisten geschickte Überzeugungsarbeit. Ihre Mission? „Wir haben den Auftrag, Schülerinnen und Schüler über die vielfältigen Karrieremöglichkeiten bei der Bundeswehr zu informieren“, klärt uns der Diensthabende am Eingang zum Pop-up-Messestand auf. Sein Vorgesetzter ergänzt: „Hier wird niemand zur Unterschrift gedrängt. Sich leichtsinnig als Soldat zu verpflichten, und am nächsten Tag kriegt man den Marschbefehl, sowas gibt’s bei uns nicht!“ Sehr viele Berufszweige sind bei der Bundeswehr möglich. Sowohl zivile Berufe wie der des Elektrikers, Mechatronikers, Sanitäters, Ingenieurs oder als Koch werden angeboten. Aber natürlich steht Jungen wie Mädchen prinzipiell auch die militärische Laufbahn offen. Wichtigste Voraussetzung ist die deutsche Staatsbürgerschaft, das müssen vor allem Geflüchtete und Migranten ohne deutschen Pass verstehen lernen.
Wie willst Du später mal arbeiten? – ME2BE Medien informiert
Wir von ME2BE sind zwar nicht ganz so gut ausgestattet wie die Bundeswehr, dafür ist unser Messestand im Nu aufgebaut. Wir wollen unverbindlich und barrierefrei ins Gespräch kommen. Hauptsache, es gibt WLAN. Denn dafür sind wir hier: Wir wollen den jungen Messebesuchern und deren Lehrkräften die Plattform DIGI:BO vorstellen, das digitale Portal zur Berufsorientierung für den Unterricht und für zu Hause.
Schülerinnen machen Schule – Was brauche ich?
Auch wir haben eine Voranmeldung zum Gespräch. Zwei Schülerinnen von der Gemeinschaftsschule Schafflund, Maja (15) und Nele (15), kommen zu uns an den Stand. Sie besuchen die 10. Klasse und interessieren sich beide für einen Medienberuf. Maja kann sich gut vorstellen, ins schreibende Fach zu gehen, während Nele sich auch im technischen Bereich gut aufgehoben fühlt. „Ich bin nicht so der Handwerker“, sagt Maja, „aber ich bin gerne kreativ, das Schreiben liegt mir.“
Ihre Kreativität wird die Schülerin ausleben können, wenn sie bei ihrem Berufswunsch bleibt. Das können wir ihr versprechen. Die beiden wissen schon viel, sie haben sich informiert. Strukturiert sollte man sein, dazu gut unter Zeitdruck arbeiten können und grundsätzlich keine Scheu vor fremden Umgebungen und Menschen haben, sagt Maja. Das können wir bestätigen.
Nele empfehlen wir, auf jeden Fall die Digitalisierung im Fokus zu behalten. Denn ob Social Media, Daily Magazin, Online-Redaktion oder Bewegtbild-Agentur – die Medienbranche ist durch und durch ein digitales Geschäft. Von der Recherche mit KI-Unterstützung über die Bildbearbeitung und den Videoschnitt im Post-Production-Prozess bis zum agilen Projektmanagement läuft heute nichts mehr ohne digitale Tools.
Berufe auf der JOBLenz 2024 – Thilo Jagow sondiert die Trends
Mit den Wünschen nach digitalen Kompetenzen sind wir aber nicht alleine, wie Thilo Jagow uns erzählt. Er hat beobachtet, dass von rund 60 Ausstellern über die Hälfte den Bereich Informatik abrufen wollen. „Das ist schon bemerkenswert“, sagt der Berufsmesse-Koordinator. Umgekehrt könne man kaum einschätzen, warum von Seiten der Schülerschaft einige Betriebe sehr stark nachgefragt würden und andere weniger häufig angewählt worden seien.
Jagow hat eine Vermutung: „Betriebe, die zum ersten Mal auf unserer Messe vertreten sind, haben es erfahrungsgemäß schwerer, die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler zu erlangen“, sagt Jagow. Er hat eine Empfehlung an die Betriebe in der Region: „Kontinuität und regelmäßige Präsenz sind ganz wichtig für Schülerinnen und Schüler.“ Man kann es wohl vergleichen mit dem didaktischen Aufbau einer Unterrichtseinheit. Mit regelmäßigen Wiederholungen erreicht man eine Verankerung des Lernstoffs im Langzeitgedächtnis.
Jagow erklärt sich den unterschiedlichen Zulauf an den Messeständen auch mit dem jugendlichen Alter seiner Schülerinnen und Schüler: „Alles, was mit Sicherheit zu tun hat, wie Polizei, Zoll und Bundeswehr, ist für 14 bis 16-Jährige erstmal attraktiv.“ Das schlage sich aber nicht unbedingt im größeren Erfolg beim Abschluss von Ausbildungsverträgen nieder. Sein pädagogischer Ansatz ist ohnehin, dass Schülerinnen und Schüler von Klasse 8 bis Klasse 13 kontinuierlich mit Berufsträgern in ihrer Region zusammenkommen.
„Menschen suchen Menschen. Das gibt am Ende den Ausschlag für die Wahl eines Ausbildungsbetriebs,“ ist sich Thilo Jagow sicher. Darüber hinaus empfiehlt er Unternehmen neben klassischen Informationsmedien mit stark visuellem Anteil auch ein haptisches Konzept: „Anfassen und Ausprobieren, auch darüber lernen Schülerinnen und Schüler ihre mögliche Eignung für diverse Berufe kennen.“
Hierbleiben oder Wegziehen – das ist hier die Frage
Wir sprechen auch mit Auszubildenden, die vor kurzem selbst noch zur Schule gegangen sind. Denn das ist ja das Konzept der JOBLenz: „Azubis werben Azubis“. Am Stand des Unternehmens Heimtierbedarf Trixie erfahren wir von einer jungen Auszubildenden, dass sie froh und glücklich gewesen sei, nach der Schule in ihrer Heimat bleiben zu können, der 6.000-Seelen-Gemeinde Tarp. Das habe für sie den entscheidenden Ausschlag gegeben „Meine Eltern sind nach Wangerooge gezogen. Ich bin lieber hier geblieben“, verrät die 16-Jährige. Trixie hat sich seit 1974 von einem Einmann-Betrieb zum europäischen Weltmarktführer für Heimtierbedarf entwickelt. Trotz seines enormen Wachstums ist das Unternehmen bodenständig geblieben. Und das schätzt auch die junge Auszubildende an ihrem Betrieb: „Hier duzt jeder jeden!“
Auch Thyra (19) hat nach dem Abschluss ihrer Fachhochschulreife nach der 12. Klasse beschlossen, zu Hause in der Region zu bleiben. Sie legt viel Wert auf ein gutes Arbeitsklima. Das Unternehmen TEAM, für das sie sich entschieden hat, kann sie uneingeschränkt weiterempfehlen: „Der Name sagt einfach alles!“ Mit rund 5.000 Mitarbeitenden an etwa 450 Standorten ist TEAM ein bedeutender Arbeitgeber, der Sitz der Firmenzentrale ist Flensburg. Wem es genauso geht wie den beiden heimatverbundenen Mädchen aus dem hohen Norden, dem sei die ME2BE-Publikation HIERGEBLIEBEN ans Herz gelegt. Hier stellen wir interessante lokale Unternehmen vor und sprechen mit jungen Leuten, die nach der Schule nicht in die weite Welt ziehen, sondern die ihrer Region erhalten bleiben.
Berufsorientierung an der Siegfried-Lenz-Schule Handewitt
Levke Schwennesen, ebenfalls Teil der Messeleitung und im Hauptberuf Lehrerin für Geschichte und das Fach Wirtschaft Politik (WiPo), erläutert den Ansatz von Beruflicher Orientierung an ihrer Schule: „Schülerinnen und Schüler müssen innerhalb ihrer Schullaufbahn ihre eigenen Stärken und Schwächen immer besser einschätzen können und damit umgehen lernen.” Das ist die entscheidende Grundlage der beruflichen Orientierung, damit Schülerinnen und Schüler das Highlight des BO-Jahres in Handewitt, die JOBLenz-Messe, überhaupt sinnvoll und für sich nutzbringend besuchen können. „Ich freue mich darüber, dass die Schülerinnen und Schüler aller Jahrgänge sich sehr gut vorbereitet haben und bestens informiert sind“, lobt die engagierte Lehrkraft. „Die Jugendlichen sind beispielsweise wesentlich fitter im Erkennen von Logos der ausstellenden Unternehmen und Behörden als noch in den vergangenen Jahren.“ Den Slogan “Du hältst das Land am Laufen!“ der Ausbildungsoffensive des Landes Schleswig-Holstein können vielleicht nicht alle Jugendlichen zuordnen. Das Landes-Logo erkennen aber alle!“
Fazit: Eine gelungene Messe und eine Liebeserklärung an die Region
Die Berufsmesse JOBLenz der Siegfried-Lenz-Schule war ein voller Erfolg für alle Beteiligten. Ein besonderer Höhepunkt für uns war es, zu beobachten, wie Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sowie Ausbildungsverantwortliche und Auszubildende der regional ausstellenden Unternehmen und Behörden sich interessiert dem Medienangebot unseres ME2BE-Messestandes zugewendet haben.
Wir freuen uns schon auf ein Wiedersehen im kommenden Jahr!
TEXT Natascha Pösel
FOTO ME2BE