Welche Kompetenzen sind im Berufsleben gefragt?  BO-Koordinator Meyer-Jessen weiß worauf es ankommt

Welche Kompetenzen sind im Berufsleben gefragt? BO-Koordinator Meyer-Jessen weiß worauf es ankommt

Kooperationen, Praktika und Partnerschaften: BO-Unterricht ist mehr als Schule

Ursprünglich hat Dietrich Meyer-Jessen eine Ausbildung zum Lebensmittelfachverkäufer gemacht und wollte Berufsschullehrer werden. Sein großes Interesse an pädagogischer Arbeit führte ihn jedoch in ein Studium als Grund- und Hauptschullehrer. Nach einigen anderen schulischen Stationen unterrichtet er seit 2000 an der Isarnwohld-Schule.

Herr Meyer-Jessen, Sie sind der Berufsorientierungskoordinator. Als Lehrer mit den Fächern Deutsch, WiPo, Sport eine spezielle Zusatzaufgabe. Wie sind Sie dazu gekommen?

Ich habe während meines gesamten Berufslebens immer sehr engagiert gearbeitet. Da war der Sprung zu einer Koordinationsstelle-,Stufenleitung und Berufsorientierung’ nicht weit. Aber speziell zur BO bin ich über die Flex-Maßnahmen gekommen.

Was versteht man unter Flex-Maßnahmen?

Das bedeutet, dass Schüler mit speziellem Förderbedarf darin unterstützt werden, einen Abschluss zu bekommen. Dank der Flex-Phase kann der Erwerb des ersten allgemeinbildenden Schulabschlusses bei Bedarf um ein Jahr hinausgeschoben werden, da für die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit besteht, die Klassen 8 und 9 in drei Jahren zu durchlaufen. Wir versuchen diese Schüler durch eine verstärkte berufliche Orientierung und durch vermehrte Praktika zu motivieren, einen Abschluss zu erzielen und in eine Ausbildung zu gehen.

Sind Sie als BO-Koordinator schulübergreifend verantwortlich?

Ich koordiniere die Praktika und die weiteren Bausteine zur beruflichen Orientierung. Herr Hanns koordiniert die Umsetzung der Fachanforderungen im gymnasialen Bereich. Ich kümmere mich um die vielfältigen Kooperationen, die wir als Schule, die einen großen Wert auf berufliche Orientierung legt, eingegangen sind. Unsere Partner wie die Agentur für Arbeit, die IHK Kiel, MVK Kiel, die Förde Sparkasse Kiel, die berufsbildenden Schulen in Kiel und Eckernförde und viele weitere Partner in den Betrieben unterstützen uns bei dieser Arbeit.

Als Koordinator kümmern Sie sich auch wieder um die Ausbildungsmesse, die bereits zum fünften Mal durchgeführt wird. Wie ist die Resonanz?

Die Halle wird voll. Wir haben zirka 35 Anmeldungen unterschiedlicher Betriebe und Institutionen. 600 Schüler werden die Messe besuchen, und ich arbeite gerade noch zusätzlich an dem reibungslosen Ablauf zusätzlicher Workshops, die wir parallel zur Messe veranstalten werden. Da gibt es noch Abstimmungsbedarf und einen gewissen Organisationsaufwand.

Was für Workshops sind das zum Beispiel?

Wir haben beispielsweise einen Workshop von der Agentur für Arbeit, einen zum Thema Karriere bei der Polizei, die Landwirtschaftskammer SH bietet einen Workshop rund um das Thema “Grüne Berufe” an und das UKSH und auch die Stadt Kiel stellen ihre Ausbildungsmöglichkeiten vor.  Auch der Fahrradhersteller und Fahrradladen „myBOO“ unterstützt uns mit einem Workshop zum Thema „coole Arbeit, soziale Verantwortung“. Die Schüler wählen einen Workshop über unser IServ-Portal.

Gibt es einen neuen Kooperationspartner?

Die Firma punker GmbH ist ein neuer Kooperationspartner. Das bezieht sich nicht nur auf die Messe, sondern auch auf Projekte im Unterricht. Wir haben beispielsweise das Angebot, die Fachleute der Firma zu Unterrichtsthemen, wie zum Beispiel in der Aerodynamik, dazu zu holen oder Betriebsbesichtigungen zu vereinbaren. Es gibt und gab bereits die Möglichkeit, Online-Gespräche zwischen interessierten Jugendlichen und Azubis der Firma punker durchzuführen. So kommen die Jugendlichen miteinander ins Gespräch, und die Schüler lernen die Anforderungen der Ausbildungsbetriebe besser kennen.

Offiziell beginnt die BO ab Jahrgangsstufe 8. Was machen Sie in den unteren Klassen berufsvorbereitend?

Wir haben gerade neue Fachanforderungen für die BO bekommen, und da heißt es ganz deutlich, dass die BO integrativer Bestandteil aller Fächer ist, und somit verfolgen wir das Thema natürlich auch schon früher. Wir lehren fächerübergreifend Basiskompetenzen, wie eigenverantwortliches Lernen, die ein junger Mensch benötigt, um im späteren Berufsleben bestehen zu können. Der eigentliche BO-Unterricht startet dann ab Klasse 8 mit erreichter Ausbildungsreife der Schüler.

Sie nutzen digitale Formate zur BO. Wie ist Ihr Eindruck hinsichtlich der Resonanz?

Wir nutzen viele Formate, aber wir müssen den Umgang ein Stück weit vereinheitlichen, ansonsten wird es zu verwirrend für die Schüler. Es gibt so viele gute Infos und Materialien, und ich bedauere, dass wir diese nicht alle nutzen können.

In Gesprächen mit den Schülern merkt man in dieser Hinsicht tatsächlich eine gewisse Desorientierung.

Genau aus diesem Grund diskutieren wir darüber, die Informationsflut zu kanalisieren. Nehmen wir zum Beispiel die DIGI.BO-Plattform. Sie ist regional ausgerichtet und genau das Richtige für Schüler, die die Gemeinschaftsschule nach der Jahrgangsstufe 9 oder 10 verlassen. Mit durchschnittlich 15 Jahren orientieren sie sich eher an Gettorf und wollen oder können nicht über Kiel hinaus eine Ausbildungsstelle annehmen. Da ist es utopisch, ihnen deutschlandweite Angebote zu machen.

Was wünschen Sie sich bezüglich der BO-Arbeit an der Schule?

Ich wünsche mir eine stärkere Vernetzung auch mit den kleineren Betrieben vor Ort. Der persönliche Kontakt zwischen Schülern und Betrieben hilft, Hemmungen abzubauen. Betriebe stellen natürlich Anforderungen, aber Schüler haben aus Unwissenheit einen zu großen Respekt und Angst, sich zu bewerben. Das führt oft dazu, dass Schüler an der Schule verbleiben und versuchen, einen weiteren Schulabschluss zu bekommen, obwohl sie besser in einer Ausbildung aufgehoben wären. Eine engere Absprache und mehr Praktikumsstellen wären ein Benefit für alle.

 

TEXT Anja Nacken
FOTO Sebastian Weimar