Die beruflichen Perspektiven sind gut wie nie, die Arbeitgeber stets auf der Suche nach engagierten Nachwuchskräften und doch verzweifeln viele Schülerinnen und Schüler an der Frage, wie es nach der Schule weitergehen soll. Ein Thema, das die Dannewerkschule aus Schleswig ernst nimmt und in diesem Jahr zusammen mit der Bruno-Lorenzen-Schule und der Auenwaldschule zum dritten Mal einen Siegeltag initiiert. Frei nach dem Motto Azubi auf Probe nutzen 60 Schülerinnen und Schülern des 8. bis 10. Jahrgangs die Chance, einen Tag lang an der Seite von Azubis in ganz unterschiedliche Berufe zu schnuppern. ME2BE hat die Jugendlichen begleitet, um herauszufinden, wie diese Erfahrungen ihre Perspektiven in Bezug auf die berufliche Zukunft beeinflusst haben.
„Vom Maurer, über den Zimmermann bis hin zum Elektriker, Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Kosmetiker, Einzelhandelskaufmann und Industriekaufmann sowie Pflegefachkräfte bekamen die Schülerinnen und Schüler einen Vormittag lang die Chance erste Berufserfahrungen in den Räumlichkeiten der Kreishandwerkerschaft und in den Betrieben zu sammeln,” freut sich die BO-Koordinatorin der Dannewerkschule, Kerstin Günter. Zusammen mit ihrer Kollegin Alexandra Maltusch organisiert sie seit drei Jahren den Siegeltag und setzt sich aktiv für die berufliche Orientierung ihrer Schülerinnen und Schüler ein. „Als Botschafterschule für das Land Schleswig-Holstein erarbeiten meine Kollegin Alexandra Maltusch und ich in einer Arbeitsgruppe vom Land Konzepte, um die Berufsorientierung deutschlandweit an Schulen zu optimieren. Für unsere Schule ist das Berufswahlsiegel daher eine bedeutende Auszeichnung, die unser Engagement widerspiegelt, Schülerinnen und Schülern den Übergang ins Berufsleben zu unterstützen”, erklärt Kerstin Günter. Während in den vergangenen Jahren Berufszweige wie Pflege und Handwerk im Fokus des Siegeltags standen, sollen in diesem Jahr praktische Erfahrungen und der Austausch mit Auszubildenden den Blick für die berufliche Zukunft schärfen. „Durch die Zusammenarbeit mit Regine Theer von der IHK, zuständig für regionale Partnerschaften von Betrieben, konnten wir zudem Einblicke in duale Ausbildungsberufe in den Unternehmen ID Sievers und dem Kosmetikstudio Esthetic Company geben,” betont Kerstin Günter. Auch das Helios Klinikum, die Stadtwerke Schleswig-Holstein, LEAB, die Nord Ostsee Sparkasse und die IHK Flensburg haben aktiv zur Berufsfelderkundung beigetragen und den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geboten, vielseitige Einblicke in duale Ausbildungsberufe zu erhalten.
Duale Ausbildung in der Industrie: Einblicke, Chancen und Karrierewege
Am Siegeltag der Dannewerkschule holt die IHK die Schülerinnen und Schüler direkt von der Schulbank in die Betriebe. Regine Theer, die sich um regionale Partnerschaften zwischen Schule und Betrieb bei der IHK kümmert, hebt die Bedeutung dieser Verbindung hervor: „Es ist mir eine große Freude, die Schülerinnen und Schüler mit den Betrieben zu vernetzen und ihnen erste Einblicke zu ermöglichen.“ Die persönliche Betreuung durch Regine Theer erstreckt sich über den Kontakt zu Schulen und Betrieben hinaus. Seit vielen Jahren setzt sie sich leidenschaftlich für die berufliche Orientierung junger Menschen ein, um deren nahtlosen Übergang von der Schule in die Arbeitswelt zu unterstützen. Diese ganzheitliche Herangehensweise spiegelt das Engagement der IHK für die duale Ausbildung wider, indem sie nicht nur Brücken zwischen Bildungseinrichtungen und Unternehmen baut, sondern auch langfristige Perspektiven für die Schülerinnen und Schüler schafft, wie auch die Schülerinnen und Schüler bestätigen: „Wir durften bei dem Modehaus ID Sievers hinter die Kulissen schauen und das Lager kennenlernen. Das war wirklich eine besondere Erfahrung”, berichten Rasha und Clara von der Dannewerkschule. Von der Ankunft der Ware bis zur sorgfältigen Verpackung für den Versand haben die Mädchen jede Menge Eindrücke gesammelt und Clara kann sich sogar vorstellen, eine Ausbildung bei dem Modehaus zu absolvieren.
Im Kosmetikstudio Esthetic Company durfte die Schülerin Viktoria aus der 10. Klasse bei mehreren Kundenterminen hautnah dabei sein. Von Maniküre und Pediküre über das Anfertigen von Gelnägeln bis hin zum Reinigen von Instrumenten und der Vereinbarung von Kundenterminen – ein vielseitiger Einblick in die Welt des Beautyhandwerks. „Mein besonderes Highlight war, dass ich unserer BO-Koordinatorin Frau Günter die Augenbrauen zupfen durfte”, verriet Viktoria. Schritt für Schritt erklärte die Auszubildende Svenja Engelandt ihr die Vorgehensweise.
Von der Schulbank ins Handwerk: Wenn Bildung auf Praxis trifft
Zeitgleich herrscht in den Werkstätten der Handwerkskammer reges Treiben. Die Idee des heutigen Tages bringt Reinold Haese auf den Punkt: „Wir verpartnern mal die Schüler mit den Azubis für einen Vormittag und geben ihnen die Möglichkeit, Fragen zu stellen, sich auszutauschen und natürlich erste praktische Erfahrungen zu sammeln.”
Als wir die Werkstatt der Maurer betreten, herrscht reges Treiben. Alle scheinen beschäftigt und der Boden ist übersät mit kleinen Schächten aus Ziegelsteinen. „Wir haben uns für den heutigen Tag ein Mauerwerk ausgesucht, das unsere Azubis für gewöhnlich im ersten Lehrjahr anfertigen. Mir ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler sich der Aufgabe gewachsen fühlen, mal ein bisschen Mörtel auf der Kelle haben und ein Gefühl für den Beruf entwickeln.”, erklärt Erik Augustat, Ausbildungsmeister für die Maurer. Der Fokus liegt dabei jedoch nicht nur auf dem handwerklichen Können, sondern auch auf dem Austausch zwischen den Generationen. So wurde jedem Schüler ein Azubi zur Seite gestellt, der Hilfestellung leistet, Fragen beantwortet und auch mal aus dem Nähkästchen plaudert. Dass der Achtklässler an diesem Tag tatsächlich mauern, darf hätte Nils nicht erwartet, „Julian zeigt mir genau, worauf ich achten muss”, freut er sich und stellt dem Auszubildenden aus dem zweiten Lehrjahr Fragen zu seinem Betrieb, der Horst-Dieter Autzen GmbH sowie zu den Arbeitszeiten und Herausforderungen.
Heiß her geht es bei den Anlagenmechanikern. Der 20-jährige Auszubildende von Nelting, Sanitär & mehr GmbH & Co. KG, Rene Severin, weist die Achtklässlerin Jolina in die Kunst des Lötens ein. Zusammen erstellen sie einen Kerzenständer, den die Schülerin ihrer Mutter zu Weihnachten schenken möchte. „Eigentlich hätten wir die Jugendlichen heute in die Technik einweisen sollen, ich habe mich jedoch dazu entschieden, mit den Jugendlichen etwas zu bauen, dass sie verschenken oder als Andenken mit nach Hause nehmen können”, erklärt Herr Severin.
Der Duft von Holz und frischen Spänen weht uns entgegen, als wir die Tür zur Zimmermannswerkstatt öffnen. Die Werkstatt pulsiert vor Aktivität – das rhythmische Klopfen von Hämmern, das Sirren von Sägen und gedämpfte Gespräche der Schüler und Auszubildenden. Voller Begeisterung berichtet der 17-jährige Auszubildende Robin uns und den Schülerinnen und Schülern von seiner Ausbildung zum Zimmermann. Von Anfang an hat ihn die Arbeit mit Holz und das Gefühl, mit den Händen etwas herstellen zu können, begeistert, teilt er enthusiastisch mit. Robin, der seine Lehre bei Eichner Bau absolviert, freut sich besonders darüber, heute seine Leidenschaft und sein Wissen mit den jungen Schülerinnen und Schülern teilen zu können. „Es erfüllt mich mit Freude, die Begeisterung für diesen Beruf weiterzugeben“, betont er, dankbar den für ihn perfekten Weg gefunden zu haben.
Elektrifiziert von der Begeisterung für Holz, erhaschen wir noch einen kleinen Einblick in die Werkstatt der Elektriker. Der 14-jährige Christian aus der achten Klasse der Dannewerkschule teilt seine Eindrücke begeistert mit: „Mein Papa arbeitet ein bisschen mit Computern, und da wollte ich mehr erfahren. Ich habe heute von Julian gelernt, wie die unterschiedlichen Kabel heißen, und durfte sie auch selbst im Schaltsystem stecken.“ Azubi Julian, der seinen Wunschberuf bereits gefunden hat, absolviert seine Ausbildung im 4. Lehrjahr bei Elektro Hansen in Kropp und bereitet sich bereits auf seine Abschlussprüfung vor. „Mir ist es wichtig, die Begeisterung für das Handwerk zu vermitteln, weil ich weiß wie wichtig Nachwuchskräfte für den Erhalt des Berufsstandes sind”, betont Julian.
Bratwurst und Berufsperspektiven
Beim gemeinsamen Grillen konnten Schülerinnen und Schüler ihre Gespräche mit den Auszubildenden in lockerer Atmosphäre weiter vertiefen, ihre Eindrücke untereinander teilen und mehr über die verschiedenen Handwerksbereiche erfahren. Zwischen dem Duft von gegrilltem Essen und fröhlichem Gelächter entstand ein informeller Raum, in dem Erfahrungen ausgetauscht und wertvolle Einblicke gewonnen wurden.
Geschäftsführer Axel von Kortzfleisch von ME2EB erörterte mit der Schulleiterin der Dannewerkschule Andrea Schönberg und Kerstin Günter die weitere Zusammenarbeit für das kommende Jahr für den Ausbau der beruflichen Orientierung an der Gemeinschaftsschule. Diese vielversprechende Diskussion bildet den Auftakt für eine fortwährende Partnerschaft, die darauf abzielt, Schülerinnen und Schüler noch besser auf ihre berufliche Zukunft vorzubereiten. Der heute erlebte Austausch zwischen Azubis und Schülern spiegelt dabei exemplarisch wider, wie wichtig solche Initiativen für die Förderung des Nachwuchses sind. Wir blicken erwartungsvoll auf die kommenden Aktivitäten und sind dankbar für die Gelegenheit, gemeinsam an der beruflichen Entwicklung junger Talente mitzuwirken.
TEXT und FOTO Sophie Blady