Prof. Enno Hartmann über die neuen Studiengänge an der Universität zu Lübeck
Der Zellbiologe Prof. Enno Hartmann (im obigen Bild) ist als Vizepräsident der Universität zu Lübeck auch zuständig für die Planung und Einrichtung neuer Studiengänge. Bevor er 2001 nach Lübeck kam, arbeitete er als Forscher am Max Delbrück Centrum in Berlin und an der Uni Göttingen.
ME2BE: Nach den gerade gestarteten Studiengängen Pflege und Physiotherapie will die Universität zu Lübeck weitere Fächer anbieten. Welches Studienkonzept verfolgen Sie dabei?
Prof. Hartmann: Demnächst sollen die drei Studiengänge Hebammenwissenschaft, Ergotherapie und Logopädie starten, hier sind wir noch in der Vorbereitung. Wenn diese Bachelorangebote angelaufen sind, planen wir anschließend einen Masterstudiengang, der darauf aufbaut. Das Ziel des gesamten Portfolios der Gesundheitsfachberufe in einer akademisierten Form ist es, die Ausbildung an einem Standort und aus einer Hand anzubieten. An der Universität zu Lübeck ist ja die Humanmedizin seit Jahrzehnten besonders stark vertreten. Dank der Nähe zur Medizin wollen wir die Fachberufe auch stärker medizinisch als etwa betriebswirtschaftlich ausrichten. Außerdem betonen wir die Interprofessionalität. Das bedeutet: Sowohl zwischen den Gesundheitsfachberufen zur Medizin als auch zur Medizintechnik pflegen wir eine intensive Zusammenarbeit über Fächergrenzen hinweg. Und nicht zuletzt fließt auch unsere Kompetenz in der Klinischen Psychologie in das Studienkonzept mit ein.
„Dieses Angebot an einer Universität mit einer medizinischen Spezialisierung und dem ganzen Portfolio an Gesundheitsfachberufen, sowie der Verbindung zur Medizintechnik und -informatik, gibt es nur an der Universität zu Lübeck.“
Die beiden Angebote Pflege und Physiotherapie sind als duale Studiengänge angelegt. Was bedeutet das für die Studierenden?
Bei der Pflege absolvieren die Studierenden als Bestandteil des Studiums gleichzeitig eine Ausbildung bei einem Praxispartner (Pflegeheim, Krankenhaus). Damit haben die Absolventen später zwei Abschlüsse in der Hand – zum einen in ihrem Ausbildungsberuf und den Bachelor der Uni. Damit haben sie die Berufszulassung als Pfleger/-in (in der Altenpflege, Gesundheitspflege oder Kindergesundheitspflege), sie können aber auch ein Masterstudium anschließen, um etwa später wissenschaftlich zu arbeiten. Die Physiotherapie ist ebenfalls dual angelegt, aber hierbei ist die Universität zugleich berufsausbildend aktiv, so dass Studierende beide Abschlüsse in einem Guss absolvieren können. Unser geplanter Hebammen-Bachelor wird so ähnlich gestaltet wie das Pflegestudium. Bei der Ergotherapie und der Logopädie wird es wieder anders aussehen: Hier absolvieren die Bewerber zunächst ihre Berufsausbildung komplett, bevor sie bei uns studieren. Für alle Studiengänge ist das Abitur Voraussetzung.
Sie wollen die Ausbildungsberufe im Gesundheitswesen aufwerten. Welche Vorteile haben die Studierenden und später die Absolventen auf dem Arbeitsmarkt?
Ein Vorteil ist, dass die Absolventen im Ausland arbeiten können, da in den meisten europäischen Ländern ein akademischer Abschluss in diesen Berufen vorausgesetzt wird. Auch in Deutschland stellen sich die Arbeitgeber darauf ein, dass die Akademisierung in diesen Berufen mehr und mehr Fuß fasst. Es gibt schon Überlegungen, Absolventen für komplexere Arbeiten einzusetzen und dafür besser zu bezahlen oder ihnen Leitungs- oder Spezialisierungsfunktionen zu übertragen. Und nicht zu vergessen: Der wissenschaftliche Background hilft ihnen später im Arbeitsalltag, etwa wenn es darum geht, welche neuen Verfahren in welchen Fällen angewendet werden sollten. Auch eine wissenschaftliche Karriere in Forschung und Lehre steht den Absolventen offen. Wir selbst suchen ja auch qualifizierte Leute, die etwa im Studiengang Hebammenwissenschaften in der Lehre mitarbeiten.
Wie ordnen Sie die Fokussierung der Gesundheitsstudiengänge an der Universität zu Lübeck in der deutschen Studienlandschaft ein?
Unser Konzept ist tatsächlich in Deutschland einmalig: Dieses Angebot an einer Universität mit einer medizinischen Spezialisierung und dem ganzen Portfolio an Gesundheitsfachberufen sowie der Verbindung zur Medizintechnik und -informatik gibt es nur an der Universität zu Lübeck.
Mit welchen Argumenten würden Sie AbiturientInnen von Ihrer Uni überzeugen?
Es ist einfach gut hier! (lacht) Wir haben einen überschaubaren Hochschulcampus, es gibt kurze Wege. Man kommt mit anderen Studierenden aus vielen verschiedenen Fachbereichen in Kontakt, alle schauen schon während des Studiums über den eigenen Tellerrand hinaus. Es ist für mich immer interessant zu sehen, wie die Studierenden an einem ganz neuen Studiengang Dinge mitgestalten können. Das ist ein fortlaufender Verbesserungsprozess, in den natürlich auch die Studenten und Studentinnen eingebunden sind. Als Pionier ist das immer die spannendste Zeit, und das Engagement der Studierenden ist dabei besonders gefragt. Und: Die Gruppen sind mit 20 bis 40 Studenten vergleichsweise klein, so dass sie von den Dozenten und Dozentinnen intensiv betreut werden können.
TEXT & FOTO Joachim Welding