Im Interview mit Julia Wildbrett, dem Cheerleading-Coach der Frisian Cheer Stars aus den Niederlanden.
Cheerleading? „Das sind doch Mädels, die am Rande eines Sportfeldes stehen und ihre Pompons schütteln.“ Wer dieses Vorurteil für bare Münze nimmt, hat die Rechnung ohne die Top Teams gemacht. Cheerleading ist ein durchaus ernstzunehmender Sport, der im Jahr 2020 sogar olympisch werden soll. Wie aus einem Hobby eine Berufung wurde, erzählt Julia Wildbrett (33). Nach einer erfolgreichen Cheerleader-Karriere coacht die Kielerin das Niederländische Team Frisian Cheer Stars. ME2BE begleitete sie und ihr Team zu den Cheerleading Worlds Meisterschaften nach Orlando/Florida.
Hallo Julia, wie bist du eigentlich zum Cheerleading gekommen?
Meine Liebe zum Cheerleading begann 2001! Als Teenager habe ich den Sport zum ersten Mal ausprobiert und war sofort begeistert. Für die Figuren und Sprünge benötigt man eine sehr gute Körperbeherrschung und viel Kraft. Gleichzeitig müssen die Bewegungen zur Musik passen und mit denen der anderen Teammitglieder übereinstimmen. Timing ist enorm wichtig. Zudem feuern die Cheerleader ihre Mannschaft an und reißen das Publikum mit den akrobatischen Tanzeinlagen mit. Ein Teil davon zu sein, macht einfach unglaublich viel Spaß.
Gibt es einen besonderen Moment, an den du dich gerne zurückerinnerst?
2007 hat mein Team, die KBH Cheerleader aus Kiel, den Deutschen Meistertitel gewonnen. Das war eine fantastische Erfahrung. Das harte Training hat sich ausgezahlt. Mit dem Sieg qualifizierten wir uns für die Europa- und Weltmeisterschaften.
Wann hast du mit dem Coaching von Cheerleadern angefangen?
Mit dem Coaching habe ich schon 2003 begonnen. Ich fand es damals schon toll, andere für den Sport zu begeistern und junge Talente zu fördern. Parallel zum Coaching, Cheerleading und meiner damaligen Arbeit bei einer Auslandsversicherung in Hamburg habe ich eine Ausbildung zum Juror im CVD (Cheerleading Verband Deutschland) begonnen. Im Anschluss war ich als Jurorin häufig für den CVD auf Meisterschaften unterwegs. Seit zwei Jahren bin ich nun im CCVD (Cheerleading und Cheerdance Verband Deutschland) tätig und habe als Jurorin einige internationale Meisterschaften gewertet. Dadurch konnte ich zahlreiche Kontakte knüpfen, die mich unter Anderem dort hingeführt haben, wo ich heute bin.
Was machst du, wenn du gerade kein Cheerleading-Team coachst?
Ich mache eine duale Lehrerausbildung zur Deutschlehrerin in den Niederlanden.
Als Coach passt der Beruf der Lehrerin bestimmt gut zu dir. Aber warum ausgerechnet in den Niederlanden?
Von 2012 bis 2015 studierte ich Pädagogik und Germanistik an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel. Für das Masterstudium bin ich nach Münster an die Westfälische Wilhelms-Universität gegangen. Gegen Ende des Studiums erfuhr ich, dass es schwierig sein würde, eine feste Stelle zu bekommen, denn eigentlich wollte ich am Landesinstitut für Schulentwicklung arbeiten. Also suchte ich nach anderen Perspektiven; dabei bin ich auf die Organisation Nuffic (Netherlands Universities’ Foundation for International Cooperation) aufmerksam geworden und hatte Glück, noch im Eilverfahren einen Platz in einem Projekt zu bekommen. Die Organisation unterstützt Muttersprachler mit einem Stipendium, so dass sie die praxisorientierte Lehrerausbildung sowohl an einer Hochschule als auch an einer Schule in Teilzeit innerhalb von zwei, anstatt der üblichen drei Jahre, absolvieren können.
Du wohnst also in den Niederlanden. Deswegen trainierst du auch ein niederländisches Team?
Ohne meinen Sport kann ich einfach nicht leben! Deswegen war für mich von Anfang an klar, dass ich in den Niederlanden weiter Coachen möchte. Das Team kannte ich noch aus meiner Zeit als Jurorin bei einer Meisterschaft in den Niederlanden. Die Mädels besitzen ein großes Potenzial. Seit einem Jahr bin ich jetzt Trainerin und fahre zwei- bis dreimal in der Woche von meinem Wohnort Almere nach Heerenveen, wo das Team zu Hause ist. Das war besonders während der Anfangszeit nicht immer leicht. Die Jüngste im Team ist 13 Jahre alt und es hat eine Weile gedauert, die unterschiedlichen Eigenarten und Fähigkeiten aller Teammitglieder kennenzulernen. Aber Herausforderungen anzunehmen und zu meistern, gehört einfach dazu!
Das klingt nach großer Leidenschaft und enormem Durchhaltevermögen! So viel Einsatz wird durch die Teilnahme an den „Worlds“ hoffentlich belohnt!
Die Teilnahme an den Cheerleading Worlds ist nur möglich mit einem Team, das hart arbeitet und als Team konsequent das gleiche Ziel anstrebt. Für mich gibt es einfach nichts Schöneres, als ein Team auf so hohem Niveau zu trainieren und es auf internationale Wettbewerbe zu begleiten. Darüber hinaus habe ich in Orlando die weltbesten Coaches getroffen und wichtige Tipps und Tricks in Erfahrung gebracht. Das ist der Wahnsinn! Dafür haben sich der Einsatz und die Arbeit definitiv gelohnt.
Gibt es ein Motto, an dem du dich orientierst?
Yes! Impossible is nothing!
Informationen zu Studienangeboten und Stipendien in den Niederlanden findet ihr unter: www.nuffic.nl
Text & Fotos Mirja Wilde