Smarte Tools für Lebensretter – Ein Gespräch mit Melanie Badura vom Kompetenzzentrum CoSA Kommunikationssysteme, Systeme, Anwendungen an der TH Lübeck

Smarte Tools für Lebensretter – Ein Gespräch mit Melanie Badura vom Kompetenzzentrum CoSA Kommunikationssysteme, Systeme, Anwendungen an der TH Lübeck

Eine Feuerwehrleitung, die den Sauerstoffstatus jedes Feuerwehrmanns überblickt und in Echtzeit mitverfolgen kann, was Einsatzkräfte via Kamera sehen? Leider sind derlei Optimierungen, die den Arbeitsalltag von Rettungskräften sicherer gestalten, noch Zukunftsmusik, doch das Kompetenzzentrum CoSA Kommunikationssysteme, Systeme, Anwendungen an der TH Lübeck will das ändern. Denn hier betreibt man seit über zehn Jahren angewandte Forschung mit regionalen Partnern aus der Wirtschaft und in mehr als 25 Kooperationsprojekten in der Industrie, Medizintechnik, maritimen Technik sowie den Bereichen vernetzte Systeme wie dem Internet der Dinge, Künstliche Intelligenz und Human-Computer Interaction.

Doch was sind konkrete Aufgabenstellungen und welche Potenziale bieten diese Forschungsfelder – vor allem für den Medizinbereich? Um diese Fragen zu beantworten, haben wir von ME2BE mit Melanie Badura, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Elektrotechnik und Informatik an der TH Lübeck, gesprochen.

Melanie, was hat dich dazu motiviert, deinen Master Robotik und Autonome Systeme an der Universität Lübeck zu absolvieren?

Im Rahmen meiner Bachelorarbeit am Institut für Signalverarbeitung habe ich eine Exoskeletthand für Schlaganfallpatienten gebaut. Das Thema hat mich begeistert. Man steckt die Exoskeletthand an die menschliche Hand, startet den Motor und sie bewegt sich auf und zu. Dieser Mechanismus soll verhindern, dass sich die Hände des Patienten verkrampfen. Während meines Auslandssemesters in Portugal entpuppte sich Signalverarbeitung als mein Lieblingsfach. Daraus entsprang die Idee, zurück in Deutschland in diesem Bereich meine Bachelorarbeit zu schreiben. Im Rahmen meines Masterstudiums gab es ein paar spannende Labore und Praktika. Besonders cool fand ich die Aufgabe, Fließbänder zu formieren und Robotersteuerungen zu schreiben, damit Pakete vom Fließband angehoben werden. Mir gefällt es, wenn ich bei meiner Arbeit einen Effekt sehen kann.

Mit welchem Ziel hast du dein Studium verfolgt?

Vor dem Studium Robotik und Autonome Systeme habe ich Medizinische Ingenieurwissenschaften studiert. Ich wollte etwas studieren, um Menschen zu helfen. Zudem war ich in der Schule gut in Mathe und Physik. Ursprünglich zog es mich in die Prothesenentwicklung, doch in Deutschland gibt es nur wenige Hersteller. Daher entschied ich mich dazu, thematisch in Richtung Embedded Software mit Mikrocontrollern zu gehen, da dieser Bereich viel Potenzial für den Medizinsektor bietet.

Zwei Studenten halten Roboterhund im Arm.

Melanie Badura und der wissenschaftliche Mitarbeiter Sven-Ole Schmidt mit dem Roboterhund des Kompetenzzentrum CoSA.

Hast du privat auch schon getüftelt?

Mit Mikrocontrollern wie Arduino und Raspberry Pi habe ich schon früher kleine Bewässerungssysteme gebaut. Ein Freund und ich haben damit auch eine Cocktailmaschine konstruiert. Man wählte den Cocktail aus und die Maschine hat die betreffenden Zutaten aus den Flaschen gezogen und zusammengemischt.

Welche Inhalte umfasst das Studium Robotik und Autonome Systeme?

Das Studium war sehr wissenschaftlich angelegt und drehte sich vor allem um das Thema Künstliche Intelligenz. Wir haben viel mit bildverarbeitender KI gearbeitet und gelernt, wie man eine KI schreibt, ohne auf gängige Datenbibliotheken zurückzugreifen. Das Studium würde einen auf jeden Fall dazu befähigen, in der Wissenschaft zu arbeiten, zum Beispiel in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Robotik oder Embedded Software (Anm. d. Red.: Bei „Embedded Software“ handelt es sich um Programme, die für eine bestimmte Hardware – beispielsweise ein Smartphone oder eine Waschmaschine – entwickelt wurden. Die Anwendungen laufen im Hintergrund ab und steuern, regeln oder überwachen Funktionen.) Auch Reinforcement Learning (Anm. d. Red.: Reinforcement Learning, zu Deutsch verstärkendes Lernen, steht für eine Methode des maschinellen Lernens. Es nutzt Belohnungen und Bestrafungen, um beispielsweise Robotern Autonomie zu verleihen.) stellte einen Themenbereich dar, in dem wir die Funktionsweisen verschiedener Algorithmen ausprobiert haben. Hier haben wir zum Beispiel eine Art Wetterstation kreiert, die auf der Grundlage von Wetterdaten der letzten Jahre vorhersagte, wie das Wetter genau in einem Jahr sein könnte.

Kleines Gerät in Hand

Melanie Badura mit einem 5-G-Modem, das mit einem 5G-Core kommunizieren kann.

Gibt es Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz, die dir Sorgen bereiten?

Ich glaube an die Möglichkeiten und Verbesserungen, die die KI der Menschheit bringen kann. Dass sie Schlechtes bringen könnte, denke ich nicht. Dennoch sollte man Entwicklungen wie ChatGPT mit Vorsicht genießen, da auch ich bei Recherchen schon die Erfahrung gemacht habe, dass Daten nicht stimmten oder wissenschaftliche Paper falschen Autoren zugeordnet wurden.

Wie wurdest du Teil des Kompetenzzentrums CoSA an der TH Lübeck?

Auf der Suche nach einem Masterarbeitsthema wurde ich auf CoSA aufmerksam und verfasste meine Abschlussarbeit über das Thema Kommunikation zwischen Mikrocontrollern im 802.15.4-Bereich, bei dem es darum ging, eine bestimmte Kommunikation latenzarm, also mit so wenig Verzögerung wie möglich, zuverlässig zu beschleunigen. Nachdem ich meine Arbeit abgeschlossen hatte, wurde mir von Herrn Professor Hellbrück eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin angeboten, die ich gerne annahm. Thematisch befasse ich mich hauptsächlich mit dem 5G-Ausbau. Zukünftig wollen wir uns verstärkt mit der Entwicklung bestimmter 5G-Komponenten befassen, die es noch nicht gibt, mit dem Ziel, die Internetverbindung zu verbessern. Mit Professor Hellbrück tausche ich mich regelmäßig über das Projekt aus und kann stets auf ihn zukommen, wenn ich Fragen habe.

Welche potenziellen Auswirkungen hat deine Forschung auf die Gesellschaft?

Aktuell befasse ich mich damit, die Infrastruktur von Rettungskräften zu verbessern. Nach derzeitigem Stand arbeiten Rettungskräfte im Frequenzbereich Terahertzband. Das Netz ist sehr zuverlässig, aber es sind nur Funknachrichten mit Walkie-Talkie möglich. Unser Ziel ist es, den Arbeitsalltag von Rettungskräften sicherer zu gestalten, indem wir diese Kommunikation um die Daten von Lifestream- und Wärmebildkameras, Gasmessern und Sauerstofftanks der einzelnen Feuerwehrleute verknüpfen. So könnte ein Einsatzleiter unmittelbar sehen, was ein Feuerwehrmann auf seiner Kamera sieht und auch erkennen, wann ihm der Sauerstoff ausgeht. Zudem könnte man Alarmsysteme implementieren, die in so einem Fall warnen.

Wie sieht dein Arbeitsalltag bei CoSA aus und welche beruflichen Pläne verfolgst du?

An einem typischen Arbeitsalltag bei CoSA arbeite ich an wissenschaftlichen Fragestellungen bezüglich des Themas 5G. Typische Aufgaben umfassen beispielsweise den Umgang mit 5G-Basisstationen und einem 5G-Modem, das ich an meinen Computer oder einen Raspberry Pi anschließe, um die Netzqualität zu testen. Wir befassen uns auch mit der Entwicklung eines 5G-Sniffers, also einem Gerät, das 5G-Netze und Datenpakete erkennt und Fragen nach optimalen Antennenstandorten. Als nächstes plane ich die Promotion, doch das Thema steht noch nicht fest.

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TEXT Sophie Blady / Kristina Krijom
FOTO Sophie Blady