Im archäo:labor erforschen Schulklassen die Jungsteinzeit

Im archäo:labor erforschen Schulklassen die Jungsteinzeit

Am Montag, 13. September 2021, eröffnete das archäo:labor der Kieler Forschungswerkstatt. Hier entdecken Schulklassen der Stufen fünf bis sieben , wie die Menschen in der Jungsteinzeit in Schleswig-Holstein gelebt haben. Sie erforschen u.a. woraus ihre Nahrung bestand oder wie ihre Häuser aussahen. Das Schülerlaborangebot ist eine Zusammenarbeit des Exzellenzclusters ROOTS (Konnektivität von Gesellschaft, Umwelt und Kultur in vergangenen Welten) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und der Kieler Forschungswerkstatt.

Vergangene Gesellschaften

Eine sechste Klasse der Käthe-Kollwitz-Schule Kiel besuchte am Eröffnungstag das neue Themenlabor. Begrüßt wurden sie von Prähistoriker Professor Johannes Müller sowie Umweltarchäologin und Archäobotanikerin Professorin Wiebke Kirleis. Sie leiten das Institut für Ur- und Frühgeschichte der Kieler Universität. Beide sind Mitglieder im interdisziplinären Exzellenzcluster. Forscherinnen und Forscher aus den Geistes- und Naturwissenschaften sowie aus den Lebens- und Ingenieurwissenschaften untersuchen hier anhand verschiedener sozialer, kultureller, ökologischer und ökonomischer Aspekte vergangener Gesellschaften die Wurzeln sozialer, umweltbedingter und kultureller Phänomene sowie Prozesse. Die Forschungsergebnisse und der Arbeitsalltag der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind direkt in die Entwicklung der Angebote im archäo:labor eingeflossen.

An der Station Keramik und soziales Miteinander dokumentieren die Schülerinnen ihre Ausgrabungsfunde. Fotos (3): Kieler Forschungswerkstatt

Neues lernen im archäo:labor

„Bei der Ausgestaltung der Lernstationen war es uns wichtig, den Schülerinnen und Schülern nicht nur die archäologischen Inhalte zu vermitteln, sondern ihnen durch möglichst realistische Einblicke in den oftmals von Mythen und Abenteuern geprägten Forschungsbereich auch das wissenschaftliche Arbeiten näherzubringen“, erklärt ROOTS-Sprecher Müller. „Vom eigens angelegten Grabungsfeld über die verschiedenen archäologischen Fundstücke bis hin zu den Werkzeugen ist daher alles so originalgetreu wie möglich.“

Umweltarchäologin Kirleis berichtet den Jungen und Mädchen bei der Eröffnung mehr aus dem Forschungsalltag. Außerdem erklärt sie was für sie das Besondere an ihrer Arbeit in der Archäobotanik ist: „Die Arbeiten sind sehr vielseitig. Neben dem Ausgraben und dem Gewinnen von Bohrprofilen gehören genauso die Probenaufbereitung im Labor, die Analyse der Funde am Mikroskop und die Datenauswertung am Computer dazu“. „Es ist faszinierend, aus einer Bodenprobe 6000 Jahre alte Getreidekörner auszuwaschen. Auf diese Wiese schauen wir den Steinzeitleuten regelrecht in den Kochtopf, können ihren Alltag detailgetreu erschließen und sogar alte Kochrezepte rekonstruieren.“

Leben vor 6000 Jahren

Mit einem zehnminütigen Einführungsvortrag über die Jungsteinzeit von Dr. Katrin Schöps, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) und Leiterin des archäo:labors, startete dann der eigentliche Besuchstag. In Kleingruppen entdeckten die Kinder die verschiedenen Stationen zu den menschlichen Grundbedürfnissen. Dazu gehören Behausung, Ernährung, Bekleidung, Umwelt und soziales Miteinander. So machten sie sich beispielsweise in dem überdachten Grabungsfeld auf die Suche nach archäologischen Fundstücken, aus denen sich in Kombination mit Experimenten Rückschlüsse auf das Leben in der Jungsteinzeit ziehen lassen. Dabei erfahren sie auch, dass man an gefundenen Keramikscherben nicht nur ablesen kann, welche Art von Gefäßen die Menschen in Schleswig-Holstein vor 6000 Jahren benutzt haben.

Wenn man Glück hat, kann man anhand der Scherben sogar herausfinden, mit welchen Regionen ein Austausch bestanden hat. „Ich fand die Archäologie schon immer faszinierend. Aber dass man aus dem Fund einer einzigen Keramikscherbe so viel Verschiedenes erfährt, hätte ich nicht gedacht“, so eine Schülerin.

Mithilfe von alten Scherben kann man herausfinden, wie unsere Vorfahren lebten.

Über die Kieler Forschungswerkstatt

Die Kieler Forschungswerkstatt ist eine gemeinsam Einrichtung CAU und des IPN. In den thematischen Laboren beschäftigen sich Schulklassen, Lehrkräfte sowie Studenten und Studentinnen mit Fragestellungen aus den Meeres- und Nanowissenschaften. Sie erfahren mehr über die gesellschaftlichen Aspekte von Energie, erhalten Zugang zu aktuellen Themen aus der humanmedizinischen und biologischen Forschung. Außerdem entdecken die Robotik oder lernen, warum Boden mehr als nur Dreck ist. Die geisteswissenschaftlichen Werkstätten bieten Angebote aus dem Bereich Sprache, Kunst und Theologie sowie zu historisch-politischen Themen.

Im archäo:labor erfahren Schulklassen bei Grabungen und Experimenten mehr über das Leben in der Jungsteinzeit. Dabei durchlaufen sie in Kleingruppen verschiedene Module zu den menschlichen Grundbedürfnissen Behausung, Ernährung, Bekleidung, Umwelt und soziales Miteinander. Mehr unter: www.forschungs-werkstatt.de

Das Exzellenzcluster

Der Exzellenzcluster ROOTS – Konnektivität von Gesellschaft, Umwelt und Kultur in vergangenen Welten – an der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel (CAU) untersucht seit 2019 die Wurzeln sozialer, umweltbedingter und kultureller Phänomene und Prozesse, die die menschliche Entwicklung nachhaltig prägen. Dafür erforschen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in einem interdisziplinären Ansatz archäologische und historische „Laboratorien“ unter der Annahme, dass Menschen und ihre Umwelt sich gegenseitig geprägt haben und dabei soziale und umweltrelevante Konnektivitäten geschaffen haben, die bis heute existieren.

Text: RED