Schornsteinfegerlehrling Tobias Koch (20) liebt seine Arbeit auf dem Land. Im Kehrbezirk Holtsee kann er seinen Beruf nämlich ganz traditionell ausüben: auf Bauerndächer steigen, mit Leuten schnacken und manchmal auch mit dem Schornsteinfeger-Fahrrad zum Kehren ausrücken.
Eigentlich ist Tobias Koch eher zufällig zum Schornsteinfeger-Beruf gekommen. Es war ein Übungsabend bei der Freiwilligen Feuerwehr Borgstedt, als ihn ein Kamerad ansprach, der sein künftiger Chef werden sollte. Schon länger hatte Tobias Koch vergeblich nach einem Betriebspraktikum gesucht. Nun sollte es also ein Praktikum in einem Schornsteinfeger-Betrieb werden. „Das ist ein Beruf, über den man erst gar nicht so nachdenkt“, meint der Auszubildende. Doch nach wenigen Tagen als Praktikant auf den Dächern im Kreis Rendsburg-Eckernförde wusste er, dass er von nun an nichts anderes mehr machen wollte.
Koch beendete die Schule daher vorzeitig mit dem Mittleren Schulabschluss und begann seine Ausbildung zum Schornsteinfeger. „Man ist viel an der frischen Luft und in Bewegung, das gefällt mir“, sagt der 20-Jährige. Ein klassischer Bürojob wäre für ihn nicht das Richtige gewesen. Stattdessen klettert er lieber auf Hausdächer und schwingt seinen Kehrbesen an der langen schwarzen Leine in Schornsteine hinein. Dabei kann er seine Heimat meist weit überblicken. „Da oben zu stehen, ist wirklich ein ganz anderes Gefühl“, erzählt Koch. Nur etwa zehn Zentimeter messen viele der kleinen Trittflächen, auf denen er mit seinen Sicherheitsschuhen Halt sucht, um kehren zu können. Ohne Netz und doppelten Boden.
„Es ist ganz normal, dass man am Anfang ein bisschen unsicher steht. Gerade hier auf dem Land, wo an manchen Tagen der Wind ordentlich weht.“ Doch das bisschen Höhenangst, das ihn die ersten Male begleitet habe, sei schnell verschwunden.
„Man gewöhnt sich an die Höhe und weiß bald, wie man mit dem Körpergewicht umzugehen hat.“
Schnell hat sich Tobias Koch auch an etwas anderes gewöhnt: an den offenen Umgang und den engen Kontakt mit den Kunden auf dem Land. Es ist für ihn sogar einer der schönsten Aspekte seines Berufes geworden. „Auf dem Land sind die Leute alle freundlich. Manche kochen dir einen Kaffee oder laden dich zum Frühstück ein.“ Wenn es passt, schaufelt sich der Schornsteinfegerlehrling gerne ein bisschen Zeit frei, um ein belegtes Brötchen am Küchentisch zu essen. „Man redet eigentlich über alles. Jetzt natürlich viel über Corona.“ Manche Kunden seien daher etwas zurückhaltender, scheuen den direkten Kontakt oder wollen ihren Schornstein lieber zu einem anderen Zeitpunkt gereinigt haben. Doch Koch hat immer eine Maske bei sich und hält sich an die Abstands- und Hygieneregeln. Einen Vorteil hat die Corona-Pandemie für Schornsteinfeger aber schon. Da viele Menschen im Homeoffice arbeiten, ist immer jemand zuhause, der dem Glücksbringer die Tür öffnen kann. Das erleichtert die terminliche Organisation.
„Wer Schornsteinfeger werden möchte, sollte unbedingt eigenständig arbeiten können“, meint Tobias Koch. Zwischen 20 bis 30 Kundenbesuche stehen pro Tag an, die man selber koordinieren kann. Körperlich anstrengend sei der Beruf eher weniger, so der Azubi. Die Kugel an der Kehrleine wiegt zwei bis drei Kilo, die Leiter ist ausziehbar. Wenn Tobias Koch eine Feuerstättenschau oder Heizungsmessung auf dem Plan hat, wo er keine großen Werkzeuge braucht, lässt er das Auto auch mal stehen und fährt nach alter Schornsteinfeger-Sitte mit dem Fahrrad über Land. „Gerade die älteren Leute sind begeistert, weil sie sich an diese Tradition erinnern können.“
In einem Jahr wird Koch seine Ausbildung als Geselle beenden. Dann möchte er unbedingt als Schornsteinfeger in der Region bleiben. Die absolute Krönung seiner Lehrlingszeit ist aber symbolischer Natur. Nur wer ein fertig ausgebildeter Schornsteinfeger ist, darf auch einen Zylinder tragen. „Für mich wird das etwas ganz Besonderes sein. Mit dem Zylinder als Geselle kann man wirklich stolz auf seine Ausbildung sein.“
Weitere Informationen über den Beruf des Schornsteinfegers findet ihr in bei der Schornsteinfegerinnung.
Alle Infos über das Berufsbild des Schornsteinfegers findest du hier.
TEXT Nadine Schättler
FOTO Christina Kloodt