Ein Gespräch mit Dr. Frank Paul, dem Urgestein von Jugend forscht, zu dem wachsenden Erfolg des Wettbewerbs
Dr. Frank Paul, ist bis 2024 Patenbeauftragter des Landeswettbewerbs „Jugend forscht“ und Geschäftsführer der Technischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel gewesen. Diese richtet den Wettbewerb für Schleswig-Holstein seit 1998 organisatorisch aus. ME2BE hat mit Dr. Paul über „Jugend forscht“ gesprochen, auch über die Einordnung in die Entstehungsgeschichte und das Bildungssystem.
Wenn wir einmal auf die Entstehungsgeschichte von „Jugend forscht“ schauen, wie war das damals?
Dr. Paul: Bereits in den 1960er Jahren wurde das deutsche Bildungssystem stark kritisiert. Als Antwort darauf gründete der damalige stern-Chefredakteur Henri Nannen 1965 den Wettbewerb „Jugend forscht“, um gezielt junge Talente in Wissenschaft und Forschung zu fördern. Es werden auf Landesebene Wettbewerbe durchgeführt und alle Jungforscher, die beim Landeswettbewerb den ersten Preis gewinnen, nehmen am Bundeswettbewerb teil. Seit 1966 sind Schleswig-Holsteins Schüler und Jugendliche regelmäßig beim Bundeswettbewerb Jugend forscht vertreten.
Wie sieht das in Schleswig-Holstein aus?
Wir kamen als Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 1998 spontan dazu, den Wettbewerb auszurichten. Seit 1988/89 wurde er von Bettina Hampel-Wollweber, Gymnasiallehrerin an der Max-Planck-Schule Kiel ehrenamtlich als hauptverantwortliche Wettbewerbsleiterin organisiert und geführt, mit Unterstützung von Unternehmen. 1998 war wegen der wirtschaftlich schweren Lage kein Unternehmen mehr bereit, diese Aufgaben zu übernehmen.
Da kam die Anfrage an das Dekanat unserer Technischen Fakultät, die Durchführung des Wettbewerbs zu übernehmen. Das kam uns damals sehr gelegen, denn die 1991 gegründete TF befand sich noch im Aufbau und angesichts der Anfängerzahlen in den technisch-naturwissenschaftlichen Fächern war das eine hervorragende Möglichkeit, Werbung für unsere Fächer zu machen.
Wie ordnen Sie die Bedeutung des Wettbewerbs für das Bildungssystem ein?
Wir sehen das als gute Möglichkeit, das Interesse der Schülerinnen und Schüler für naturwissenschaftliche Fächer zu wecken. Sie lernen hierbei, einer Forschungsfrage nachzugehen und diese Fragestellung konsequent zu verfolgen und zu dokumentieren.
Als Projektleiter von Jugend forscht in Schleswig-Holstein kann ich sagen, dass wir im Laufe der Jahre immer erfolgreicher geworden sind. Die steigenden Teilnehmerzahlen zeigen das ebenfalls an. Wir hatten anfangs drei Schulen, heute sind es 70 Einrichtungen, die sich an dem Wettbewerb beteiligen.
Wir haben schon sehr engagierte und motivierte Lehrkräfte, aber es ist wichtig, sie weiterhin zu motivieren und zu qualifizieren, da das Land dringend Nachwuchs im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich braucht.
Wie sieht es mit den Schülern aus, auch im Hinblick auf Mädchen?
Wir haben pro Wettbewerb rund 300 Schüler, mittlerweile sind 40 Prozent von ihnen weiblich. Ein überwiegender Teil der Schülerinnen wählt den Bereich Biologie, aber auch Technik ist durchaus stark vertreten.
Wir können schon sagen, dass wir etliche Beispiele von Schülern haben, für die diese Veranstaltung prägend war und die einen wissenschaftlichen Werdegang eingeschlagen haben. Insgesamt ist die Bedeutung für das Bildungssystem sehr groß und sie ist in Schleswig-Holstein auch gestiegen.
Wie kam das?
Angeregt durch Dr. Philipp Murmann, Gesellschafter der Zöllner Holding GmbH und damals Bundestagsabgeordneter, und auf Initiative von Dr. Jörn Biel, ehemaliger Schleswig-Holsteinischer Wirtschaftsminister und damaliger Hauptgeschäftsführer der IHK zu Kiel, ist es uns gelungen, die Ausrichtung des Bundeswettbewerbs nach Kiel zu holen. Das war 2011. Wir konnten den Wettbewerb im Kieler Landeshaus ausrichten und nicht nur die Vertreter aus der Landespolitik, sondern auch der Bundespräsident, damals Christian Wulff, war mit dabei. Dadurch hat der Wettbewerb bei uns richtig Schwung bekommen. 2022 haben wir einen weiteren Bundeswettbewerb ausgerichtet, und zwar an der MuK (Musik- und Kongresshalle) Lübeck; es war der erste nach dem pandemiebedingten Lockdown.
Wie wird das Ganze finanziert?
Eine Veranstaltung in der Größenordnung des Landeswettbewerbs – und noch mehr des Bundeswettbewerbs – benötigt engagierte Mitarbeiter für die Organisation und Durchführung und auch die zuverlässige Bereitstellung finanzieller Mittel. Insbesondere die Unterstützung durch die regionale Wirtschaft macht es möglich, den Forschungsstandort im Norden weiter auszubauen. Die Innovationsstiftung Schleswig-Holstein war seit 2004 bis zu ihrer Auflösung Partner der TF und sicherte den Landeswettbewerb finanziell.
Wir haben 2006 zudem das Forschungsforum Schleswig-Holstein e.V. gegründet. Mitglieder sind zum einen mittelständische Unternehmen in Schleswig-Holstein und zum anderen einige Institutionen des Landes. Damit soll der Wettbewerb nicht nur materielle Unterstützung erfahren, sondern auch ideelle, zum Beispiel durch die Unterstützung der Lehrerinnen und Lehrer, die wiederum ihre Schülerinnen und Schüler motivieren. Gelder aus dem Sponsorenpool können beispielsweise für benötigte Geräte verwendet werden, unter der Bedingung, dass das Projekt bei den Wettbewerben antritt.
Kiel bekommt Mittel aus der EU-Förderinitiative „Science comes to town“. Werden diese auch für den Wettbewerb bereitgestellt?
Ja. Ziel ist es, die Zukunft von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern zu unterstützen und hier bietet sich eine ganz konkrete Maßnahme an. Der europäische Wettbewerb, der European Contest for Young Scientists, wird 2026 nach Kiel kommen. Thomas Pilz aus dem Fördermittelmanagement der KielRegion GmbH wird der Hauptorganisator, entwickelt wurde die Idee von der Universität gemeinsam mit der Stadtverwaltung Kiels.
Informationen über Dr. Frank Paul
Dr. Frank Paul ist das „Urgestein“ des Wettbewerbs. Als Geschäftsführer der Technischen Fakultät der Christian Albrechts Universität zu Kiel war er jahrzehntelang, seit 1998, der Patenbeauftragte und Organisator des Landeswettbewerbs „Jugend forscht – Schüler experimentieren in Schleswig-Holstein“. Zudem etablierte er die Regionalwettbewerbe, um den hohen Anspruch zu erfüllen, den Wettbewerb auf drei Ebenen auszutragen. Auch über Schleswig-Holstein hinaus war Dr. Paul tätig. Er hat das deutsche Team mehrmals als ISEF-Koordinator zum weltgrößten MINT-Wettbewerb in die USA begleitet. Am 30. Dezember 2024 ist Paul in den Ruhestand gegangen.
Pamela Fleischmann aus dem Institut für Informatik (ein Institut der Technischen Fakultät) der CAU hat seine Aufgaben für Schleswig-Holstein übernommen und ist froh, „Jugend forscht“ weiterhin an der Universität der Landeshauptstadt zu halten.
Für seine herausragenden Verdienste um den Wettbewerb „Jugend forscht“ sowie weiterer Initiativen zu MINT ist Dr. Frank Paul von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet worden. Ministerpräsident Daniel Günther hat die Auszeichnungen am 1. April 2025 in Kiel überreicht.
TEXT: Hilke Ohrt
FOTO: Hilke Ohrt & Frank Peter


