Dr. von Hoerschelmann ist Naturwissenschaftlerin mit Leib und Seele
Ulrike von Hoerschelmann hat ihren Doktor an der CAU zu Kiel im Bereich Biologie gemacht. Ihre Doktorarbeit widmete sie der Ökosystemforschung der ‚Wirbellosen im Belauer See‘. Viele Jahre war sie zunächst Wissenschaftlerin, bis sie sich vor 15 Jahren entschied, ins Lehramt zu gehen. Dafür musste sie an der Uni als zweites Fach Chemie studieren, und seit 2011 ist sie an der FTS als Lehrkraft für Biologie, Chemie und Naturwissenschaften tätig. Sie lebt in Tönning und hat die FTS maßgeblich dabei unterstützt, Nationalpark-Schule zu werden – mit ‚Wirbellosen‘ hat sie es im Wattenmeer nach wie vor zu tun!
Was bedeutet Nationalpark-Schule?
Dahinter steht ein Kooperationsprogramm der Nationalparkverwaltung für Schulen in Nordfriesland und Dithmarschen. Das Programm richtet sich an Schulen, die das Weltnaturerbe Nationalpark Wattenmeer intensiv und vielfältig im Unterricht, in Form von Projekten und auf Exkursionen, bearbeiten. Um Nationalpark-Schule zu werden, braucht man eine Zertifizierung, die wir durch die Durchführung diverser Projekte erhalten haben.
Wie setzen Sie dieses Thema im Unterricht um?
Wir beschäftigen uns beispielsweise in der ‚Vorhabenwoche‘, in der Jahrgangsstufe 5 mit dem Thema Nationalpark Wattenmeer und haben ab Klasse 7 einen ‚angewandten Naturwissenschaftskurs‘, in dem sich die Schüler das ganze Jahr über mit dem Thema beschäftigen, Experimente durchführen und Exkursionen machen. Es gibt aber danach aber auch fächerübergreifende Projekte. Mein Kurs für angewandte Naturwissenschaft hat beispielsweise mit dem Deutschkurs, beide Jahrgangsstufen 8, eine Exkursion auf die Hallig Nordstrandischmoor unternommen und dort einen Bauernhof und eine Schule besucht, inklusive einer Wattwanderung. Der Deutschkurs las gerade den Schimmelreiter, und so hat sich der Kreis geschlossen.
Gibt es ein festgelegtes Programm für die Exkursionen im Nationalpark Wattenmeer?
Die Lehrkraft organisiert die Exkursionen im Nationalpark Wattenmeer in Kooperation mit den dort zuständigen Nationalpark-Rangern, die als absolute Experten Wattwanderungen oder ornithologische Führungen, zum Beispiel auf der Hamburger Hallig, mit uns zusammen durchführen.
Stichwort ‚Multimar Wattforum’. Was genau wird dort gemacht?
Das Multimar Wattforum in Tönning ist ein Erlebnismuseum und das größte Informationszentrum für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, der wiederum zum Landesbetrieb für Küsten- und Meeresschutz (LKN) in Schleswig-Holstein gehört. Hier können unsere Schüler zum Beispiel in einem Schülerlabor tiefere Einblicke über die einzelnen Lebewesen gewinnen und ökologische Zusammenhänge verstehen. Zusätzlich ist dies ein Veranstaltungsort und Treffpunkt für unsere Netzwerktreffen mit anderen Nationalpark-Schulen, die zum Austausch und zur Fortbildung gedacht sind.
Neben den Exkursionen, wo ist das Projekt in der Schule außerdem präsent?
Wir stellen unsere Arbeiten aus. Wir bekommen jetzt eine Nationalpark-Ecke, also eine ganze Wand, die wir mit den Schülern zum Thema gestalten können. Es werden Aktivitäten, Puzzles oder Erklärvideos implementiert, die unsere Arbeit als Nationalpark-Schule sichtbar machen. Wir haben auch kürzlich einen Strandkorb erhalten, in dem man zum Beispiel mittels MP3-Dateien Vogelstimmen hören kann. Mit einem Kurs habe ich auch mal beim Offenen Kanal eine Sendung zum Wattenmeer produziert. Die Möglichkeiten, das Thema in der Schule einzubinden, sind also mannigfaltig.
Bietet das Projekt auch Anstöße für eine berufliche Orientierung der Schüler
Oh ja, ich bekomme immer wieder Rückmeldungen von Schülern, die durch unsere Projekte, wie zum Beispiel auch die Wasseruntersuchungen unseres schuleigenen Teiches, neue Möglichkeiten entdecken. Das berufliche Spektrum wird vergrößert und Tätigkeiten in einem Labor oder bei einer Wasserbehörde sind plötzlich greifbare Alternativen. Viele wissen gar nicht, was für vielfältige Möglichkeiten naturwissenschaftliche Berufe mit sich bringen. Da würde ich mir ein Umdenken wünschen.
Gibt es einen Zusammenschluss für Berufspraktika oder Ausbildungen mit der LKN?
Ja, das LKN bietet als großer Arbeitgeber – vom Wasserbauer, also vom Küstenschutz, bis hin zu Laborassistenten oder der Verwaltung – auf allen Ebenen berufliche Möglichkeiten an. Auch im Bereich Tourismus gibt es viele spannende Berufe. Aus diesem Grunde sind die Messen so wichtig. Die Schüler haben hier die Chance, möglichst viele Berufsgruppen kennenzulernen. Mit einer Orientierung kann gar nicht früh genug angefangen werden.
TEXT Anja Nacken
FOTO Reinhard Witt