Die Flexklasse der GMS Bredstedt

Die Flexklasse der GMS Bredstedt

Wer schlechte Noten hat, ist selbst schuld? Für manche stimmt das wahrscheinlich; vielleicht brauchen aber auch sie einfach andere Formen des Lernens. In der Flexklasse der GMS Bredstedt wird dies geboten. Neben zwei Lehrkräften kümmert sich ein Bildungscoach um die Schülerinnen und Schüler. Darüber hinaus sind Fachunterricht und Berufsorientierung eng miteinander verknüpft.

Frontalunterricht ist die denkbar schlechteste Richtung für einige Schülerinnen und Schüler.
-Stephanie Spies

Was ist die Flexklasse?

In die Flexklasse gehen Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf. Mit Hilfe von zwei Lehrkräften und einem Bildungscoach werden sie in drei Jahren auf den Ersten allgemeinbildenden Schulabschluss (ESA) und das spätere Berufsleben vorbereitet. Drei Jahrgänge teilen sich im Flexbereich Räume, Ansprechpartner und Aufgaben.

Wie kann man sich den Unterricht hier vorstellen?

Die Interessen und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler stehen im Vordergrund. Danach werden gemeinsam individuelle Lerneinheiten und -ziele erarbeitet. In insgesamt zehn Praktika lernen die Schülerinnen und Schüler die Berufswelt kennen. Durch Projekte und Präsentationen bereiten sie sich auf die Prüfung des ESA vor.

Henning Tiedemann unterrichtet in der Flexklasse

Förderlehrer Henning Tiedemann hilft einem Schüler bei seiner Bewerbung

1. Jahr: Ankommen

Berufsorientierung und Praxiseinheiten in der Schule. Mittwochs: Werkstatttag in der Küche, im Werkraum oder Gemüsegarten

2. Jahr: Praxis

Je eine Woche Praktikum. Mittwochs: im Praktikumsbetrieb für vier bis fünf Wochen

3. Jahr: Vorbereitung

Langzeitpraktikum, das sich im Idealfall aus einem der kurzen Praktika des zweiten Jahres ergibt. Mittwochs: Prüfungsvorbereitung

Das Langzeitpraktikum kann unter Umständen sogar die Tür zu einem Ausbildungsplatz öffnen.

Jan Anderesen aus der Flexklasse der GMS Bredstedt

Bildungscoach Jan Andresen im Gespräch mit Redakteurin Elena

 

Im Gespräch mit Stephanie Spies, Henning Tiedemann und Jan Andresen.

Seit 13 Jahren wird das Konzept der Flexklasse stetig weiterentwickelt. Wir haben die drei Möglichmacher/innen getroffen. Stephanie Spies ist Klassenlehrerin und Gemeinschaftsschullehrerin, Henning Tiedemann ist Förderlehrer und Jan Andresen ist Bildungscoach.

ME2BE: Wie wird das Konzept aufgenommen?

SPIES: Bei dem Ansturm bräuchten wir eigentlich noch eine zweite Klasse! Das Projekt feiert Erfolge.

ANDRESEN: Sechs von acht Abgängern des letzten Abschlussjahrganges kamen direkt in Ausbildung. Das ist extrem gut. Und wenn es nicht klappt, begleiten wir die Schüler/innen zu Übergangsmaßnahmen. Es bleibt niemand auf der Strecke. Das Besondere ist, niemand vergleicht sich mit anderen, weil jeder eigene Lerneinheiten bearbeitet.

TIEDEMANN: Wir frischen unsere Materialien jedes Jahr auf und lassen sie von jeweils einer Schülerin oder einem Schüler durcharbeiten. Sie kommen dann und sagen uns, was nicht funktioniert. Wir erarbeiten hier etwas zusammen. Und das merkt man auch am Umgang und der Stimmung.

Du musst selbst erkennen, dass du Defizite hast und das als Chance nehmen.
-Jan Andresen

ME2BE Ihr habt vorhin von Ron gesprochen – welche Geschichte steckt dahinter?

SPIES: Ron könnte man als kompletten Schulversager beschreiben. Er hat alle Aufgaben zwar sehr langsam, aber penibel genau bearbeitet und kam nicht zur Ruhe. Es stellte sich heraus: Ron ist hochbegabt! Und während er hier den Hauptschulabschluss gemacht hat, war er gleichzeitig in Physik- und Mathekursen am Gymnasium. Später hat er ein Praktikum in Harvard gemacht, und noch vor seinem Abitur wollte der Professor ihn dort schon für die Forschung haben – völlig verrückt.

Stephanie Spies aus der Flexklasse der GMS Bredstedt

Stephanie Spies weiß als Klassenlehrerin viele spannende Geschichten zu erzählen

ME2BE: Was sollte die Welt noch von euch wissen?

Spies: Mittlerweile schulen wir selbst Lehrkräfte und vermitteln unser Lehrkonzept. Bei Interesse darf man sich gern an uns wenden!

TIEDEMANN: Außerdem möchte ich alle ermuntern, die im normalen Unterricht nicht richtig mit- kommen und denken, dass die Flexklasse der richtige Ort für sie ist, sich zu bewerben.

ANDRESEN: Wenn Firmen sich eine Zusammenarbeit mit der Flexklasse vorstellen können, geben Sie uns gern Bescheid!

TEXT Elena Kruse
FOTO Jana Limbers