Arbeitgeber aller Branchen präsentierten sich am 20. März im Schulzentrum Brunsbüttel. Mit fast 70 Anbietern waren so viele wie noch nie vor Ort, um sich dem Nachwuchs zu präsentieren und für sich zu werben, wo sonst Handballer um Punkte kämpfen.
Selten waren die Voraussetzungen für Schulabgänger besser als heute, um in das Berufsleben zu starten. Während die „Baby-Boomer“ sich in Richtung Rente oder Ruhestand verabschieden, steigt das Angebot freier Plätze für die nachwachsende Generation: Wer heute eine Ausbildung beginnen will, hat viele Möglichkeiten für Zukunft und Karriere.
Bürgermeister Martin Schmedtje und Nicole Schröder von der Bundesagentur für Arbeit in Heide eröffneten die Ausbildungsmesse „Zukunft Westküste“. Auf den meisten Infoständen gab es anschliessend Gelegenheit, mit Auszubildenden direkt in Kontakt zu kommen und sie mit Fragen zu löchern.
Für die YARA Brunsbüttel GmbH, einem Unternehmen im ChemCoast Park Brunsbüttel, das Ammoniak, Harnstoff und AdBlue herstellt, stand Felix Oke Grund für die Schüler bereit. Für den Chemikanten im zweiten Lehrjahr war wichtig, einen abwechslungsreichen Beruf zu finden: „Die Mischung ist in dem Beruf gut,“ freut er sich, „auf der einen Seite bin ich in der Messwarte und kontrolliere die Prozessabläufe, auf der anderen arbeite ich in der Anlage selbst.“ Er wäre zum Beispiel dafür verantwortlich, sie für Wartungsarbeiten vorzubereiten. Wie es nach der Ausbildung weitergeht, steht für Felix noch nicht fest. Er schätzt die familiären Arbeitsbedingungen bei YARA, und denkt darüber nach, wie er das eventuell mit einem Studium der Verfahrenstechnik verbinden kann.
Die Messestände wurden von den Schülern intensiv besucht. Das lag zum einen am direkten Kontakt zu den Azubis, die ihre Ausbildungsbetriebe vorstellten und von ihren Erfahrungen erzählen konnten. Eine weitere Motivation war aber auch die „Tabtour“-App auf ihren Smartphones, die eigens für die Messe programmiert wurde. Die Schüler waren aufgefordert, Fragen rund um die Aussteller zu beantworten und Fakten zusammenzutragen. Manches ließ sich dabei im Internet recherchieren, aber vieles musste an den Messeständen selbst herausgefunden werden. Und es galt in der App, die von der Firma „teamgeist“ erstellt wurde, möglichst viele Punkte zu ergattern. Die App war ein voller Erfolg: Bereits nach zwei Stunden hatten sich mehr als 400 Schüler angemeldet und machten sich an den Ständen schlau.
Als Hauptpreis war für die Klasse, deren Schüler beim Punkte-Sammeln am erfolgreichsten waren, eine Fahrt zu einer großen Mitmach-Messe im Juni in Hannover ausgelobt.
Wie unterschiedlich die Berufe in der Region sind, zeigte sich an Niclas Lewkowiz: Der Mikrotechnologe im dritten Lehrjahr hatte sich seine Berufskleidung übergezogen und demonstrierte damit, welche Anforderungen für die Arbeit bei der Produktion von Mikrochips im „Reinraum“ bei der X-FAB MEMS Foundry Itzehoe GmbH gestellt werden: „Damit schütze ich nicht mich vor dem Produkt, sondern das Produkt vor mir!“, erklärte er gut gelaunt. Ihm war es bei der Berufswahl wichtig, etwas zu finden, wo er sich wohlfühlt und sinnvolle Arbeit macht: „Von unseren Produkten profitiert die ganze Welt,“ hob er die Bedeutung der Mikrochips hervor.
An Straßen– und Tiefbau interessiert, mit Köpfchen und großen Maschinen in der Erde arbeiten? Dann könnte eine Firma wie Gottfried Puhlmann der richtige Arbeitgeber werden. Sie präsentierte sich frech und selbstbewusst, sucht zum Beispiel „zuverlässige Strippenzieher“. Kanalbau, Hausanschlüsse, Trinkwasserleitungen, Ver- und Entsorgungsleitungen sind ihr Aufgabenfeld. Aber auch im Erdboden hat man die Zukunft im Blick: Kritische Infrastruktur wie Pipelines und Hochspannungs-Erdkabel für die Energiewende gehören bei Puhlmann dazu.
Ein besonderer Ausbildungsbetrieb ist die Bundeswehr. Sie stellt ein breites Angebot an Ausbildungsmöglichkeiten vor. Neben der Kombination Militärdienst mit Ausbildung oder Studium bietet sie auch rein zivile Ausbildungsplätze wie zum Maler und Lackierer oder Verwaltungsfachangestellten an. Dafür unterhält sie in Husum eine eigene Ausbildungswerkstatt. „Wir brauchen im Jahr über 20.000 neue Leute in allen Bereichen. Und das sollen gute Fachkräfte sein,“ wünscht sich Stabsfeldwebel Dieter Sierk. Wer interessiert ist, hat die Möglichkeit, im Internet seine Eignung zu testen.
Die Ausbildungsmesse „Zukunft Westküste“ bot mit ihrer großen Vielfalt für jeden Schulabgänger etwas. Auch ohne die Gigafactory von Northvolt zeigt sich die Region selbstbewusst und nach vorn blickend. Nicole Schröder von der Arbeitsagentur in Heide freut sich auf die Zukunft: „Wir werden eine attraktive Region werden und können mit Industrie, Forschung und Innovation glänzen,“ strahlt sie vor Optimismus, „wir sind auf jeden Fall eine Boom-Region.“ Und auf die Frage, ob einen oder beide Daumen hoch, antwortet sie sofort: „Beide Daumen hoch!“
Für die Schulabgänger und ihre zukünftigen Ausbildungsbetriebe sind gute Zeiten in Aussicht.
ME2BE-Online-Redakteuerin Patricia wurde zur Chemikantin bei Covestro verwandelt.
In diesem Jahr hatten wir von ME2BE auch wieder unser ME2BE-Magazin „Unterwegs” im Gepäck. Das lokale Magazin zu Berufsorientierungsmessen in Schleswig-Holstein gilt als Tourguide, insbesondere für den Tag der Ausbildung in Brunsbüttel.
TEXT und FOTO Michael Ruff