Angewandtes Alltagswissen – Im Interview mit Ariana Jannsen

Angewandtes Alltagswissen – Im Interview mit Ariana Jannsen

Mit dem Fach Verbraucherbildung werden wichtige allgemeinbildende und lebenslang notwendige Kompetenzen geschult, die für Konsumenten heutzutage unverzichtbar sind. Wie die Vermittlung dieses Wissens im Fachbereich VBB an der GMS Bredstedt – sogar zertifiziert – gelingt, haben wir mit der Koordinatorin des Fachs Ariana Jannsen besprochen.

Während Ihres Studiums hieß das Fach noch Haushaltslehre – mittlerweile Verbraucherbildung. Was hat sich verändert und warum?

Die Verbraucherbildung ist aus der Haushaltslehre hervorgegangen. In unserer immer komplexeren Welt geht es nicht mehr nur um Ernährung und die Organisation eines Haushaltes, sondern auch um die Rolle der Heranwachsenden in der Gesellschaft als Verbraucher. Themen wie der sinnvolle Umgang mit Geld, wie stelle ich Preisvergleiche an, wie gehe ich mit digitalen Medien und dem Schutz der Daten um oder wie kann ich mich nachhaltig und wirtschaftlich sinnvoll ernähren, sind nur einige der Themen, die wir behandeln und die Schülerinnen und Schüler auf ihr Leben als Erwachsene vorbereiten sollen.

Ab wann starten Sie in Bredstedt mit dem Fach Verbraucherbildung?

Ab der 7. Klasse wird Verbraucherbildung als Wahlpflichtfach angeboten. Bis zum Schulabschluss unterrichten wir wöchentlich vier Stunden, die sich in theoretische und praktische Einheiten aufteilen.

Nehmen wir mal einige konkrete Beispiele, die besonders für Schulabgänger relevant werden.

In den Jahrgängen 9 und 10 werden Themen wie Versicherungen und Finanzmanagement ausführlich behandelt. Wir besprechen notwendige Versicherungen wie Kranken- oder Haftpflichtversicherung und erörtern, in welcher Weise man während der Ausbildung durch den Arbeitgeber versichert ist. Zu diesem Themenkomplex gehört dann auch die Eröffnung eines eigenen Kontos und die Klärung der Fragen nach den Voraussetzungen und dem Procedere. In diesen Jahrgangsstufen behandeln wir unter anderem auch Fragen der Wohnungssuche und erarbeiten Kriterien für eine gelungene Vorstellung als Mietinteressent.

Und wie sieht die Themenauswahl in den unteren Klassenstufen aus?

Da ist beispielhaft der bewusste Umgang mit dem Handy oder dem Computer in Verbindung mit der frühzeitigen Schuldenprävention zu nennen. Viele Computerspiele verführen durch versteckte Zukäufe oftmals dazu, in eine Verschuldungsfalle zu geraten. Das Kaufverhalten im Allgemeinen ist ebenfalls ein Thema. Bereits in Klasse 7 sprechen wir über geschickte Verkaufsstrategien von Supermärkten oder über Facebook, Instagram & Co und die mehr oder weniger offensichtliche Werbung von Influencern. Wir beleuchten alle möglichen Tücken des Netzes und schulen so einen kritischen und verantwortlichen Umgang.

Welche Bedeutung besitzt die berufliche Orientierung von Schülerinnen und Schüler in Ihrem Fach?

Bevor unsere Schülerinnen und Schüler in der 8. Klasse ihre Praktika absolvieren, haben wir die Möglichkeit, Betriebe zu besichtigen und sie aufgrund bereits bestehender Kooperationen dorthin zu vermitteln. Durch die Vielfältigkeit unseres Unterrichts können wir dazu beitragen, besondere Interessen für unterschiedliche Berufsbereiche zu entwickeln. Wenn wir uns beispielsweise mit dem Thema Finanzen beschäftigen, sprechen wir selbstverständlich auch über den Beruf der Bankkaufleute, oder wenn wir uns dem praktischen Bereich der Ernährung oder der Nahrungszubereitung widmen, beschäftigen wir uns gleichzeitig mit der Gastronomie und dem Restaurantfach im Allgemeinen. Praxisnah lernen die Schülerinnen und Schüler ebenfalls das richtige Eindecken von Tischen oder das Servieren. Das erworbene Wissen können sie im Anschluss – durch unsere Verbindung zu dem benachbarten Altenpflegeheim – vor Ort praktisch umsetzen. So war es zumindest vor Corona. In diesem Zusammenhang entstanden auch Synergieeffekte, weil der Geschichtskurs zeitgleich ältere Menschen als Zeitzeugen zu geschichtlichen Sachverhalten befragen konnte.

Das Thema Nachhaltigkeit wird an der Schule großgeschrieben. Wie setzen Sie das in der Verbraucherbildung um?

Gerade im Bereich der Nahrungsmittelzubereitung spielt dieses Thema eine entscheidende Rolle. Die Auseinandersetzung reicht von Fragen wie: Wie kaufe ich vernünftig ein?, Wie lagere ich Lebensmittel richtig?, Wie verwertete ich restliche Lebensmittel optimal? oder auch Wie entscheide ich mich sinnvoll für die Anschaffung energieeffizienter elektrischer Geräte?

Was möchten Sie aufgrund ihrer Facherfahrung zukünftig noch vorantreiben, wo sehen Sie erhöhten Gesprächsbedarf innerhalb der Schülerschaft?

Das Thema Finanzen interessiert die Schülerinnen und Schüler besonders. Aus diesem Grunde haben wir in der Fachschaft beschlossen, diesen Bereich noch weiter auszubauen. Hierzu gehören auch Themen wie Schuldenprävention, Altersvorsorge und Geldanlagemöglichkeiten.

Was wünschen Sie sich speziell für die Entwicklung des Faches Verbraucherbildung?

Wir erleben, nicht zuletzt durch den regen Zulauf der Studien-Praktikanten der Uni Flensburg, dass dieses Fachgebiet von steigendem und allgemeinem Interesse ist. Ich wünsche mir, dass Verbraucherbildung zunehmend als Pflichtfach eingeführt und nicht nur als Wahlpflichtfach in der Schule angeboten wird. Dadurch würde die Schule noch mehr dem Wunsch von Eltern entsprechen, die Schülerinnen und Schüler in immer mehr Bereichen auf das Leben vorzubereiten.

TEXT Anja Nacken
FOTO Reinhard Witt