Was bedeutet es, eine Schule zu leiten?

Was bedeutet es, eine Schule zu leiten?

Die kommissarische Schulleiterin der Ferdinand-Tönnies-Schule gibt Einblicke in Ihre Arbeit

Katrin Rode ist zurzeit eine der kommissarischen Schulleiterinnen der Ferdinand- Tönnies-Schule Gemeinschaftsschule. Die schnelle Versetzung des früheren Schulleiters und eine längere Erkrankung des Konrektors musste aufgefangen werden, und so ist sie zusammen mit ihrer Kollegin Vera Hofmann kurzerhand „in den Job reingesprungen“. Sie ist darüber hinaus Koordinatorin der Jahrgangsstufe 5 und 6 und unterrichtet die Fächer Deutsch, Sport, Religion und Gestalten/Theater im Rahmen des Wahlpflichtbereichs. Auch wenn sie mit positivem Elan die verantwortungsvolle Aufgabe der Schulleitung ausfüllt, wünscht sie sich doch eine schnelle Rückkehr in den normalen Schulalltag.  

Warum sind Sie Lehrerin geworden?

Ich wollte schon während meiner Schulzeit unbedingt Lehrerin werden. Trotz sogenannter Lehrerschwemme. Viele in meinem Umfeld haben mich gefragt, warum ich das ausgerechnet in so einer schwierigen Zeit ohne Jobgarantie machen wolle. Mein Entschluss stand aber fest. Also habe ich ein Studium für Grund- und Hauptschullehrkraft an der Uni Flensburg gemacht und  dann viele Jahre an der damaligen Hauptschule hier in Husum gearbeitet. 

Wahrscheinlich gab es zu Ihrer Zeit Schulzeit keinen BO-Unterricht?

Nein, aber umso mehr freue ich mich, dass in diesem Bereich mittlerweile so viel nachgeholt wird. 

In den Jahrgangsstufen 5 und 6 findet noch kein BO-Unterricht im engeren Sinne statt. Aber der FTS liegt die Berufs- und Studienorientierung sehr am Herzen, ab wann bereiten Sie die Schüler darauf vor?

Im Grunde von Anfang an. Natürlich geht es meist in den unteren Jahrgangsstufen noch nicht um konkrete Berufswünsche, aber hier werden die ersten Grundlagen gelegt. Sei es durch das Verfassen von Briefen und erste Schritte am PC. Zusätzlich legen wir viel Wert auf das Erlernen von Soft-Skills wie Höflichkeit, Pünktlichkeit und die Fähigkeit, sich entschuldigen zu können. In den unteren Jahrgangsstufen gibt es bei der Durchführung von Girls’ and Boys’Days die ersten Berührungspunkte mit der Arbeitswelt. Richtig los geht es dann in der 8. Klasse im Rahmen des Wirtschafts- und Politikunterrichts, zunächst um  eigene Interessen, Fähigkeiten und Stärken herauszufinden. Die Schüler lernen darüber hinaus Berufsfelder sowie Ausbildungs- und Studienberufe kennen, beschäftigen sich mit Entwicklungstendenzen und Anforderungen der Wirtschaft.  

Werden alle Praktika 2021 wieder angeboten, und wie ist der Ablauf an der FTS?

Auch während Corona gab es Praktika-Angebote, natürlich sehr viel weniger als vorher. Jetzt normalisiert sich das aber wieder. Mit den entsprechenden Hygienekonzepten der einzelnen Firmen sind alle im Prinzip auf der sicheren Seite. Unsere Schüler sollen sich ganz bewusst selber eine Praktikumsstelle suchen. Allerdings haben wir in letzter Zeit häufiger von  Schülern gehört, dass die Unternehmen angeblich keine Stellen anbieten. Das hat uns hellhörig gemacht, und wir haben den Schülern einen Bewerbungsnachweis an die Hand gegeben, wo sie mindestens fünf Stellen, bei denen sie vorstellig geworden sind, mit entsprechenden Stempeln nachweisen mussten. Und siehe da, die Zahl der Praktikumsmöglichkeiten änderte sich!  

Welche Rolle spielen die Eltern beim Thema Berufsorientierung?

Das ist sehr, sehr gemischt. Es gibt viele Eltern, die ihre Kinder bei der Suche unterstützen und andere, die das wiederum gar nicht machen und damit das Thema komplett an die Schulen abgeben. Dabei ist das so schade. Manchmal würde es schon viel bringen, wenn Eltern helfen, den Radius der Praktikumsstellen zu erweitern, indem sie zusammen mit den Kindern die Betriebe mit dem Auto abfahren. Da sind doch einige sehr auf sich alleine gestellt und haben gegenüber anderen Mitschülern ganz klare Nachteile. 

Das Thema Ungerechtigkeit beim Thema Bildungszugang gab es bestimmt auch aufgrund von Corona?

Ein ganz klares Ja, auch wenn wir die Langzeitfolgen noch nicht ganz absehen können. Teilweise mangelte es an Geräten, am Platz und an häuslicher Unterstützung. Wir haben versucht, diese Probleme aufzufangen, sei es mit Leihgeräten oder mit Hausbesuchen unseres Lehrpersonals, aber es war schwierig. Bis heute merken wir die Nachwirkungen auch im Bereich ‚neuer Schwung‘. Nach so einer langen Zeit, in der so vieles an Kontakten brach lag, fällt es vielen schwer, die Lethargie abzulegen und durchzustarten.

Sie bieten an der Schule viele Projekte wie Nationalparkschule, Zukunftsschule, Plan B oder Schwerpunktschule G. Inwieweit konnte diesen Projekten in letzter Zeit Rechnung getragen werden?

Wir sind nach wie vor mit den entsprechenden Institutionen gut vernetzt. Auch online ging es lange gut, aber nun braucht es wieder den direkten Austausch, um Projekte voranzutreiben. Viele waren während Corona aufgrund der Kohortenregelung nicht praktikabel. Es geht aber aufwärts, und alle sind dieses Jahr mit dabei. Praktika, Klassenfahrten und Ausflüge finden zum Beispiel schon wieder statt, und die wiedergewonnene Normalität in allen Bereichen tut echt gut. 

Auch das Projekt Messe und das entsprechende FTS-Book wird weitergeführt. Wie sind hier die Rückmeldungen?

Das Book hat eine  sehr starke Außenwirkung sowohl auf Lehrkräfte, Eltern und Schüler. Es zeigt, dass wir das Thema der beruflichen Orientierung ernst nehmen. Wir sind vernetzt, wir schauen, wo man sich notwendige Informationen holen kann – und das Ganze mit Unterstützung einer qualitativ sehr hochwertigen Aufmachung, die mehr Aufmerksamkeit als ein einfacher Flyer erzielt. Damit transportieren wir unser Niveau im Bereich Berufsorientierung, das für uns maßgeblich ist. 

Was wünschen Sie sich besonders für das neue Schuljahr?

(Lacht) Eine neue Schulleitung. Natürlich wünsche ich mir eine gute personelle Aufstellung, um allen Anforderungen an Schule gerecht zu werden. Das reicht von Berufsorientierung bis hin zu individueller Unterstützung (wie Plan B), so dass man mehr Zeit hätte, allen Bedürfnissen noch gerechter werden zu können. Eine intensivere Elternarbeit wäre ebenfalls  wünschenswert. Die Eltern, die hier aktiv sind, machen das hervorragend, aber ich würde mir noch eine breitere Mobilisierung der Elternschaft zur Mitgestaltung der Schulzeit ihrer Kinder wünschen. 

Viel Arbeit und viele Herausforderungen! Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?

Grundsätzlich existiert eine positive Grundstimmung. Wir haben ein  sehr engagiertes   Kollegium, und es macht sehr viel Spaß, hier zu arbeiten. Sonst würden wir zum Beispiel eine Messe auch gar nicht zusätzlich schaffen. Wenn ich mich persönlich entspannen will, gehe ich spazieren, schwimmen, lese oder mache einen Trip mit dem Wohnmobil an die Küste. Ein Themen- und Perspektivwechsel tut immer gut! 

Dann drücken wir die Daumen für die Zukunft und wünschen viel Spaß auf der Messe!

TEXT Anja Nacken
FOTO Reinhard Witt