Rückendeckung von den „Profis“: Rund 27.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich als „Scientists for Future“ den aktuellen Schülerprotesten angeschlossen. In einer Erklärung sichern sie den jungen Fridays-for-Future-Aktivisten „volle Unterstützung“ zu. Mit der Initiative der Forscher hat die wachsende Bewegung für besseren Klimaschutz nun auch die Universitäten erreicht.
Seit knapp sechs Monaten wiederholen sich die Bilder in vielen größeren Städten weltweit. Jeden Freitag ziehen junge Menschen mit Transparenten vor die Parlamente und fordern einen Wandel im Klimaschutz. Eine Folge: Immer mehr Menschen solidarisieren sich mit der Fridays-for-Future-Bewegung und schließen sich zu Unterstützergruppen zusammen. Eltern, die ihren Kindern keinen zerstörten Planeten hinterlassen wollen, nennen sich „Parents for Future“, Lehrerinnen und Lehrer schließen sich als „Teachers for Future“ den Forderungen an.
Die größte öffentliche Aufmerksamkeit erregten bislang jedoch die Scientists for Future – eine Initiative, in der sich etwa 27.000 Wissenschaftler aus Österreich, der Schweiz und Deutschland zusammengeschlossen haben. Der öffentliche Schulterschluss der Forscher mit den Protestlern brachte dabei vor allem zusätzliche Seriosität in die Debatte. Wer zuvor noch mit mildem Lächeln auf die Proteste der jungen Menschen schaute, wurde spätestens mit der Stellungnahme zigtausender Forscher eines Besseren belehrt.
Dabei haben sich die Scientists for Future offenbar einiges bei ihren jungen Mitstreitern abgeguckt. Der erste Auftritt hatte alles, was nötig ist, um die öffentliche Aufmerksamkeit zu gewinnen – Ort, Zeit und Besetzung waren geschickt gewählt. Als Bühne wählten die Initiatoren um den Gründer Dr. Gregor Hagedorn die Bundespressekonferenz und hatten so alle wichtigen Medien fast automatisch im Publikum. Dass mit Maja Göpel – promovierte Politökonomin, Honorarprofessorin und seit 2017 Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen – und dem Mediziner und Comedian Eckhart von Hirschhausen zwei prominente Gesichter für die Scientists for Future sprachen, trug sicher zu einer gesteigerten Aufmerksamkeit bei. Auch das Datum war gut gewählt: Die Wissenschaftler veröffentlichten ihre Stellungnahme am Dienstag, 12. März – drei Tage vor dem bis dahin größten weltweiten Aktionstag mit Demonstrationen von Kapstadt über Montevideo bis Hongkong.
Die junge Generation hat recht
Was die Wissenschaftler von Scientists for Future dann vor versammelter Presse zu sagen hatten, spiegelt ganz unakademisch ein Satz: „Wir sind die Profis und sagen: Die junge Generation hat recht.“
Die Forderungen der jungen Aktivisten seien berechtigt und gut begründet. Die derzeitigen Maßnahmen zum Klimaschutz reichten bei Weitem nicht aus. Nur durch schnelles und konsequentes Handeln könne eine lebenswerte Zukunft für jetzige und spätere Generationen erreicht werden.
Wir sind die Profis und sagen: Die junge Generation hat recht.
Mit der öffentlichen Solidarisierung wurde offenkundig, was an Hochschulen immer deutlicher zu spüren ist. Auch in der wissenschaftlichen Community wächst der Unmut, weil trotz unzähliger Studien kaum konkrete Fortschritte in Sachen Klimaschutz zu verzeichnen sind. Was hilft es letztlich, wenn in den Instituten, Laboren und Seminaren geforscht und debattiert wird, aber außerhalb der akademischen Welt alle Apelle verhallen? Mit dem Gang an die Öffentlichkeit bringen die Forscher nun ihre beste und wirksamste ‚Waffe‘ in die politische Auseinandersetzung ein: wissenschaftliche Erkenntnisse!
Mojib Latif ist Professor am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel und einer der führenden Klimaforscher in Deutschland. Zum Interview mit ihm gelangst du HIER!
TEXT Lutz Timm
FOTOS Florian Kolmer