Wirtschaftsminister Bernd Buchholz: „Tourismus muss um Fachkräfte werben“

Wirtschaftsminister Bernd Buchholz: „Tourismus muss um Fachkräfte werben“

Wirtschaftsminister Bernd Buchholz über den Rekordsommer, Klimawandel und die Zukunft des Ferienlandes Schleswig-Holstein

ME2BE: Dieser Sommer war ja für den Tourismus wie Ostern und Weihnachten gleichzeitig. Gibt es bei den Rekordzahlen nur Grund zum Jubeln oder auch Baustellen im Tourismusland Schleswig-Holstein?

Bernd Buchholz: Natürlich freuen wir uns über die fantastische Saison. Und dies umso mehr, weil der Tourismus auch unabhängig von dem tollen Sommer sehr gute Zahlen aufzuweisen hat: Unser Ziel aus der Tourismusstrategie, 30 Millionen Übernachtungen bis 2025 zu erreichen, haben wir mit 29,9 Millionen Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben mit 10 und mehr Betten und auf Campingplätzen bereits im letzten Jahr nahezu erreicht. Ich bin mir sicher, dass wir die 30 Millionen in diesem Jahr übertreffen werden. Baustellen gibt es trotzdem: Wir müssen weiter in Qualität investieren sowie den Binnenlandtourismus und den Radtourismus stärken. Die Digitalisierung ist für den Tourismus ebenso wie das Thema Fachkräfte eine Herausforderung, die wir angehen müssen.

Unsere Städte haben in letzter Zeit an Attraktivität für Urlauber gewonnen.
-Bernd Buchholz

Können Sie schon Trends erkennen, die sich für das Rekordjahr 2018 abzeichnen?

Unsere Städte haben in letzter Zeit an Attraktivität für Urlauber gewonnen und gute Zuwächse bei den Übernachtungszahlen erzielt. Das wird sich hoffentlich fortsetzen. Ein Trend, den ich mir für die Zukunft wünsche, ist, dass wir die Saison verlängern. Die Küsten, die Städte und das Binnenland sind auch in der sogenannten Nebensaison attraktiv. Das wollen wir mit interessanten Angeboten weiter ausbauen.

Wie es aussieht, könnte das Urlaubsland Schleswig-Holstein vom Klimawandel zukünftig profitieren. Sind Sie damit glücklich?

Ob Schleswig-Holstein wirklich vom Klimawandel profitiert, wird sich noch zeigen. Generell sollten wir darauf setzen, Angebote zu schaffen, die wetterunabhängiger sind. Einzigartige Städte, faszinierende Museen, herausragende Events ziehen die Gäste an, unabhängig vom Wetter.

Die Tourismusbranche bietet viele interessante Arbeitsplätze.
-Bernd Buchholz

Viele Feriengäste heißt auch viele Arbeits- und Ausbildungsplätze – an sich sehr zu begrüßen. Doch die Bewerberzahlen nehmen ab. Wie kann der Tourismus beim Fachkräftemangel gegensteuern?

Die Unternehmen der Tourismuswirtschaft stehen in Konkurrenz zu anderen Branchen, wenn es um die Besetzung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen geht. Die Branche muss sich Gedanken machen, wie sie ein attraktiver Arbeitgeber sein kann. Die Wirtschaftsminister der Länder haben auf ihrer Konferenz Ende Juni einen Zehn-Punkte-Plan zum Fachkräftebedarf im Tourismus beschlossen. Dieser enthält eine Reihe von wichtigen Maßnahmen: von verbesserten Arbeitsbedingungen und Flexibilisierungsmöglichkeiten über die Qualitätssteigerung bei der Ausbildung und die Modernisierung der Ausbildungsverordnung sowie verbesserte Weiterbildungsmöglichkeiten bis hin zu einer Imagekampagne der Branchenverbände. Ich würde mich freuen, wenn wir in Schleswig-Holstein gemeinsam die verschiedenen Maßnahmen angingen.

Warum lohnt sich aus Ihrer Sicht für junge Leute eine duale Berufsausbildung im Tourismus in Schleswig-Holstein?

Die Tourismusbranche bietet viele interessante Arbeitsplätze. Natürlich bringen Jobs in der Hotellerie oder Gastronomie auch Belastungen mit sich, zum Beispiel Arbeitszeiten am Wochenende und am Abend. Das ist sicherlich nicht für jeden etwas, aber wenn man flexibel ist, bietet sich ein breites Betätigungsfeld – häufig auch mit vielen Kontakten zu Menschen.

Barrierefreiheit im Tourismus wird zunehmend zu einem Wettbewerbsfaktor.
-Bernd Buchholz

Welche Bereiche werden Zukunft haben? Wohin steuert Schleswig-Holsteins Ferienbranche?

Barrierefreiheit wird auch im Tourismus immer wichtiger. Der Bedarf an entsprechenden Angeboten wird aufgrund des demographischen Wandels steigen. Barrierefreiheit im Tourismus wird zunehmend zu einem Wettbewerbsfaktor. Wir sollten diesen Trend nutzen und barrierefreies Reisen stärken. Im Gesundheitstourismus haben wir bestimmt noch Potential, das stärker genutzt werden kann. Aber Nord- und Ostsee bleiben natürlich auch in der Zukunft die „Kernkompetenzen“ für den Tourismus in Schleswig-Holstein.

TEXT Joachim Welding
FOTO Wirtschaftsministerium SH