Wir blicken freundlich in die Zukunft

Wir blicken freundlich in die Zukunft

Herzlicher Empfang auf der TeJo 2024, der 17. Tellingstedter Jobmesse

Es ist Samstag früh, die Sonne scheint und alles strahlt. Tellingstedt zeigt sich von seiner besten Seite. Und das ist auch gut so, denn es liegt ein turbulenter Tag vor der Grund- und Gemeinschaftsschule (GGS) Tellingstedt: Die von allen freudig erwartete jährliche schuleigene Jobmesse TeJo. ME2BE und etwa 40 weitere Aussteller sind dabei, um den Schülerinnen und Schülern der GGS Tellingstedt ihre vielfältigen Berufe, Biografien und Betriebe vorzustellen.

Wichtiger Besuch wird erwartet. Alle sind früh auf den Beinen und ein wenig aufgeregt. Die Schule hat sich herausgeputzt. Die für das Catering eingeteilten Schülerinnen und Schüler bereiten belegte Brötchen und frisch gebrühten Kaffee vor. Um 7 Uhr morgens ist die dörfliche Welt noch in Ordnung. Denn heute reisen Unternehmen und Organisationen aus dem Kreis Dithmarschen und aus den Nachbarkreisen an, aus Brunsbüttel, aus Hemmingstedt, aber auch aus Itzehoe oder Sehestedt. Geschäftiges Treiben herrscht beim Aufbau der Messestände. Der Schutz- und Spürhund, den der Zoll mitgebracht hat, döst noch ein wenig vor sich hin. Die Schul-Crew ist entspannt. Es ist alles bestens vorbereitet für einen gepflegten und freundlichen Empfang der Gäste. Die Schülerinnen und Schüler freuen sich auf anregende Gespräche. Die Aussteller hoffen darauf, dass der Funke bei dem einen oder anderen Jugendlichen zündet.

Menschen

„Wir brauchen immer mehr Menschen, die es praktisch können!“, spricht Augenoptiker Claussen die Jugendlichen an. Hörakustiker Schlages informiert über seinen digitalen Alltag.

Guten Morgen! Man kommt ins Gespräch – Fielmann Optik und Hörakustik

Herr Leissner, Beauftragter für Berufsorientierung an der GGS Tellingstedt, blickt im Laufe des Vormittags zufrieden in die Runde. Ihm gefällt, was er sieht. Schülerinnen und Schüler der 8. bis 10. Klasse treten höflich und interessiert an die Stände der Aussteller heran und bemühen sich um ein erwachsen wirkendes Auftreten. Das gelingt natürlich nicht allen auf Anhieb, aber die Aussteller sind nett und kommen den Unsicheren entgegen. Am Stand des bekannten Brillen-Unternehmens Fielmann stehen die Augenoptikerin Claussen und der Hörakustiker Schlage aus der Filiale in Heide und beraten eine Schülergruppe. Anschließend verraten uns die beiden, wie sie den Jugendlichen erklären, was sie beruflich machen und dabei auch noch Interesse wecken.
Claussen packt die Jugendlichen, indem sie sie herausfordert: „Wir brauchen immer mehr Menschen, die es praktisch können!” Davon fühlen sich die Selbstbewussten angesprochen. Hörakustiker Schlage sagt: „Ich kriege die schüchternen oder manchmal auch gelangweilten Schüler immer ganz gut aus der Reserve gelockt, wenn ich frage: ‘Wollt ihr digital arbeiten? Programmieren und so?’ Das ist nämlich mein Beruf!” Darunter können sich die zum Teil noch sehr jungen Schülerinnen und Schüler schon eher etwas vorstellen. Hörakustiker? Den Beruf kennen viele noch nicht.

Auf einen Schnack mit Klaus Leissner, BO-Koordinator der GGS Tellingstedt

Wir von ME2BE haben eine Verabredung mit Klaus Leissner. Er ist an diesem Tag sehr beschäftigt, nimmt sich aber Zeit für einen kurzen Austausch mit unserer Redaktion. Herr Leissner, was ist Ihre Aufgabe an dieser Schule? „Mein Job an der GGS Tellingstedt ist es, alles rund um das Thema Berufsorientierung zu koordinieren. Dazu gehört unter anderem die Organisation der jährlichen Jobmesse. Ich freue mich, auch in diesem Jahr wieder rund 40 Unternehmen und Organisationen gewonnen zu haben.“
Das klingt nach sehr viel Engagement und Netzwerkpflege rund ums ganze Jahr. Auch die Schulleiterin der GGS Tellingstedt, Angela Altrock, ist voller Lob: „Dass wir diese Schulmesse in dieser Größe veranstalten können, ist vor allen Dingen dem Einsatz von Herrn Leissner zu verdanken.” Er ist im Hauptberuf Lehrer für Deutsch, Geschichte und Weltkunde und unterrichtet auch das Fach Wirtschaft und Politik. Außerdem ist er ein großer Fan von Willy Brandt und dem ikonisch gewordenen Statement ‘Mehr Demokratie wagen!’ So wird auch verständlich, dass Berufsorientierung in der Schule für Leissner etwas mit höheren Werten zu tun hat.
„Berufsorientierung ist für mich Menschwerdung,” sagt er. Und weiter: „Wenn ich höre, dass 78 Prozent aller Abiturienten nach der 13. Klasse nicht wissen, was sie nach der Schule tun wollen, dann läuft hier etwas schief.” Von daher arbeitet Klaus Leissner an seiner Schule, der GGS Tellingstedt, sehr intensiv und vor allen Dingen frühzeitig daran, dass möglichst viele seiner Schützlinge nach der 10. Klasse eine Ausbildung anstreben. „Das ist unser Ziel“, verrät der Pädagoge. Es könne schließlich nicht angehen, dass eine Region, die so viel vorhat in Richtung Zukunftstechnologien und Energiewende, die Arbeitskräfte von morgen nicht rechtzeitig mitnehme.

Mann und Frau sitzend

Mit großem Engagement und einer klaren Vision organisiert Klaus Leissner die jährliche Jobmesse.

Früh übt sich, wer ein Meister werden will – River Loft Hotel & Spa

Wie das funktioniert, führt Leissner eindrucksvoll vor. Er spricht einen Schüler an, der adrett im gebügelten Fischerhemd über die Messe schlendert. Er ist erst in der 7. Klasse und nimmt freiwillig an der Messe teil. Verpflichtend ist die Veranstaltung nur für die älteren Jahrgänge: „Hej, Du hast dich aber schick gemacht. Ich sehe dich ehrlich gesagt in einer serviceorientierten Branche wie dem Hotel- und Gaststättengewerbe. Du hast einfach eine wahninnig freundliche Ausstrahlung!“ Der Siebtklässler ist sichtlich geschmeichelt und wendet sich dem Stand des River Loft Hotel & Spa zu, einem Unternehmen der Schramm Group.
Dort steht Lotta Heesch, Gästeservice Manager, und erzählt, dass ihr Unternehmen am Standort Brunsbüttel tatsächlich besonders interessant ist für Auszubildende, die schon in jungen Jahren ins Berufsleben aufbrechen möchten. „Gerade eben hatte ich hier eine Mutter am Stand, die über einen NDR-Bericht davon erfahren hat, dass wir günstige Wohnheimzimmer für Auszubildende anbieten. Die ist allein aufgrund dessen gezielt auf uns zugekommen.“ So können nämlich auch Jugendliche, deren Elternhaus nicht direkt nebenan liegt, eine Ausbildungsstelle annehmen. Interessant, was Unternehmen alles aufbieten, um dem demografischen Wandel ein Schnippchen zu schlagen.
Klaus Leissner meint, dass Berufsorientierung als Lebens-, Welt- und Werteorientierung tatsächlich noch früher beginnt und zwar zu Hause in den Familien. Eltern, Geschwister, Großeltern, Nachbarn, Tanten und Onkel – alle Menschen haben Berufe und sollten entsprechend viel auch mit Kindern darüber reden. Wiederholung und vertraute Gesichter, das ist es, was den Grundstein für eine gelungene Lebens- und Berufsorientierung legt. Auf diese Kontinuität im Beziehungsaufbau setzen Leissner und die Unternehmen, mit denen er zusammenarbeitet, auch mit den jährlichen Schulmessen. Etliche Aussteller sind seit vielen Jahren präsent.

Schüler am Messestand

Auf der Messe zeigt das River Loft Hotel & Spa der Schramm Group spannende Ausbildungsperspektiven im Hotel- und Gastgewerbe.

ME2BE, DIGI:BO und Hiergeblieben

Auch wir von ME2BE sind mit einem Messestand auf der TeJo 2024 vertreten. Online-Redakteurin Patricia war vor ein paar Wochen schon einmal in Tellingstedt, zur Starterwoche der GGS Tellingstedt. Sie hat den Schülerinnen und Schülern eine Einführung in das Berufsorientierungsportal DIGI:BO gegeben. Patrick Bahl, Kreisfachberater für Berufsorientierung und Lehrer in St. Michaelisdonn, grüßt freundlich. Man habe sich ja neulich erst gesehen, bei einem Besuch der Ideen-Expo in Hannover mit Dithmarscher Schülerinnen und Schülern und dem Brunsbütteler Unternehmen Covestro. Wir bringen als Gastgeschenk unsere neueste ME2BE-Publikation für den Berufsorientierungsunterricht mit: das Magazin ‘Hiergeblieben’, damit auch die Tellingstädter Jugendlichen nachlesen können, wie’s auf der Ideen-Expo war. Auch das gehört zu einer guten didaktischen Taktung: der Einsatz von gut aufbereiteten Medien zu aktuellen Themen der Berufsorientierung. Mit Einblicken und Informationen über spannende Ausbildungsbetriebe und Behörden in der Region zur Vor- und Nachbereitung im Unterricht.

Frau an Messestand

ME2BE unterstützt die Schüler in Tellingstedt gezielt bei ihrer Berufsorientierung.

Berufe von A – Z – Abfallwirtschaft, Justiz, Medien und Zollbeamte

Die Berührungspunkte von Schule und Beruf sind manchmal ganz selbstverständlich. Manchmal müssen Schülerinnen und Schüler aber erst einmal auf Zusammenhänge gestoßen werden. Wie beispielsweise bei einem Besuch beim Abfallwirtschaftsbetrieb Dithmarschen (AWD). Nicole Krotzek, die Ausbilderin beim AWD hat sich in diesem Jahr mit der Ausgestaltung des Messestandes große Mühe gegeben, den Jugendlichen zu vermitteln: „Wir sind mehr als nur die Müllabfuhr!“ Sie stellt gute gebrauchte Kleidung und Gegenstände aus, die andere Leute weggeworfen haben und die beim AWD ressourcenschonend einer Wiederverwendung zugeführt werden. Ist das etwa eine praktische Anwendung des Themas Nachhaltigkeit, das im Unterricht schon mal behandelt worden ist? Allerdings. Und wer Lust hat, sich auch später beruflich mit dem Thema zu befassen, sollte einfach mal einen zweiten Blick auf das kommunale Unternehmen AWD werfen.
Finja Lemke von der Staatsanwaltschaft Itzehoe berät die Jugendlichen über Berufe in der Justiz. Justizfachwirt ist zum Beispiel ein Ausbildungsberuf. Um Rechtspfleger zu werden, muss man studieren. Und zwar in Hildesheim an der Norddeutschen Hochschule für Rechtspflege (HR Nord), einer staatlichen Fachhochschule, die Rechtspfleger für die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Bremen ausbildet. Auch Finja Lemke muss mit Vorurteilen aufräumen: „Nein, ich war noch nie Zielscheibe von körperlichen Angriffen.” Genau das wollte eine Schülerin von ihr wissen. „Mein Job ist nicht gefährlich!“, sagt die junge Vertreterin der Judikative im Landesdienst. Ihr Kollege von der Exekutive im Bundesdienst beim Zoll, der mit seinem Such- und Schutzhund den ganzen Samstagvormittag draußen verbracht hat, kann von einem anderen Alltag berichten. Als Vollzugsbeamter muss er sich auch vor Angreifern schützen. Und darf im Rahmen seines Amtes staatlich legitimierte Gewalt ausüben. Damit muss man sehr verantwortlich umgehen, weshalb eine besondere charakterliche Eignung für diesen Beruf unabdingbar ist.
Und wie ist das nochmal mit dem demokratischen Prinzip der Gewaltenteilung? Richtig! Das bedeutet die Trennung von gesetzgebender, ausführender und richterlicher Staatsgewalt und ihre Zuweisung an voneinander unabhängige Staatsorgane. Und was versteht man nochmal unter der vierten Gewalt im Staat? Genau! Das sind zum Beispiel wir von ME2BE, Teil der demokratischen unabhängigen Medienlandschaft in Deutschland.

Frau neben Kleiderständer

Ausbilderin Nicole Krotzek zeigt den Schülern, dass der AWD mehr als nur die Müllabfuhr ist.

Tschüss bis zum nächsten mal – mit einem Lächeln im Gesicht

Am Ende steht jedenfalls fest: Es ist ein wunderbarer Tag gewesen. Randvoll gefüllt mit gezielten und zufälligen Begegnungen, anregenden Gesprächen und dem intensiven Austausch von Adressen und Informationen. Die Atmosphäre war auffallend freundlich, die Organisation von Seiten der Schule vorbildlich, die jungen Leute motiviert. Die Stimmung unter den Ausstellern, den Schülerinnen und Schülern, den Eltern und den Lehrenden der Schule hätte nicht besser sein können. Wir freuen uns schon auf das Wiedersehen im nächsten Jahr bei der TeJo 2025.

TEXT und FOTO Natascha Pösel