Viva con Agua: Projektreise ins Gebiet Korak

Viva con Agua: Projektreise ins Gebiet Korak

Versierte Festivalbesucher kennen sie, die netten Jungs und Mädels von Viva con Agua, die freundlich nach dem Pfandbecher fragen. Anzutreffen sind die lauten und leisen Durstlöscher des Hamburger Vereins zudem in nahezu allen Getränkeregalen des Landes sowie auf Karten kleiner und großer gastronomischer Lokalitäten. Das ambitionierte Ziel des Vereins ist in drei simplen wie lebensnotwendigen Wörtern enthalten: „Wasser für ALLE!“.

Die Gelder aus Pfandsammelaktionen, Spenden und Teilen der Verkaufserlöse fließen in ausgewählte Wasserprojekte in Äthiopien, Uganda, Indien und Nepal. Dabei verfolgen die Projekte immer den integrierten Ansatz namens WASH – eine Abkürzung für WAter, Sanitation and Hygiene. Trinkwasserprojekte werden auf diese Weise immer mit Sanitärprojekten und Hygienemaßnahmen kombiniert. Alle Maßnahmen wie die Bauten von Brunnen, Quelleinfassungen oder Latrinen werden bedarfsgerecht konzipiert und auf regionale Gegebenheiten ausgerichtet, bei der Planung bis zur Durchführung begleitet und langfristig betreut.

In diesem Sinne reisten bereits zum zweiten Mal VCA-Supporter/-innen in die Projektgebiete in Nepal, um das vom Verein unterstützte WASH-Projekt seines Partners Welthungerhilfe mit eigenen Augen zu erleben. Das WASH-Projekt, bei dem es in erster Linie um integriertes Wassermanagement zur Armutsbekämpfung sowie um die Verbesserung der Gesundheitssituation der ländlichen Bevölkerung geht, wurde im April 2012 gestartet und endet im Sommer 2015.

Kick-off in Kathmandu

Die dreizehnköpfige Reisegruppe begann die Projektreise am 3. November 2014 in Kathmandu, der Hauptstadt Nepals. Mit dabei waren unter anderem Matthias Herbein und Chris Wiebe, die von ihrem ereignisreichen Trip berichten: Nach der Ankunft in unserem kleinen, charmanten Hotel ging es im Fußmarsch zum Büro der Welthungerhilfe. Die Gespräche dort drehten sich vorrangig um die Erwartungen der kommenden Tage. Da es sich für die allermeisten um die erste Reise dieser Art handelte, war natürlich auch eine Portion Ungewissheit dabei, die sich mit Vorfreude und Spannung mischte. Unsere Gruppe wurde bei dieser Gelegenheit eingehend über Land und Leute informiert: Nepal ist in fünf Regionen unterteilt, die sich in 75 Bezirke unterteilen, die wiederum in etwa 3.900 Gemeinden gegliedert sind. 62 Ethnien sind im Land mit dem höchsten Gipfel der Welt vertreten, 102 verschiedene Sprachen werden gesprochen. Nepal gehört zu den „Least developed countries“ (LDC), einer Gruppe von Ländern, die von den Vereinten Nationen als am wenigsten entwickelt eingestuft werden. 60% des Trinkwassers sind verschmutzt. Lange Fußmärsche zum nächsten wasserführenden Bach oder die unzureichende oder schlicht nicht vorhandene Sanitärversorgung bereiten großen Teilen der ländlichen Bevölkerung viele Probleme.

Einde dunkelhäutige Frau mit pinker Kopfbedeckung und buntem Oberteil sitzt und schaut nach rechts.  Dies sind einige der Gründe, weshalb die Welthungerhilfe zusammen mit den involvierten NGOs vor Ort, wie z.B. der RRN (Rural Reconstruction Nepal) gerade hier aktiv ist und mithilfe der Spendengelder von Viva con Agua die Situation der Bevölkerung nachhaltig verbessern möchte. Die Reise in das Projektdorf Korak ist lang und beschwerlich. Unsere Gruppe nimmt den Bus, der eng, aber gemütlich ist, fährt in offenen Jeeps Schotterpisten entlang und kommt beim Besteigen der Berge an ihre physischen Belastungsgrenzen.

Korak

Im Projektgebiet angekommen bestaunen wir die Erfolge des Engagements. Seit dem Beginn im Jahr 2012 hat sich hier bereits einiges getan. In einem ersten Schritt wurde die Infrastruktur verbessert. Der Pfad, der auf dem Weg durch die Streusiedlung rund 1.000 Höhenmeter überwindet, wurde zu einer Straße erweitert. Dadurch ist der Transport von Baumaterialien, und noch wichtiger, von Agrarprodukten zu den Märkten, mit dem Jeep möglich, der hier als öffentlicher Bus hin- und herpendelt. Die Bewohner können so ein Einkommen generieren und damit beispielsweise das Schulgeld bezahlen. Das Nutrition-Programm bildet den zweiten Schritt: Zum einen sollen die Felderträge durch verbesserte Anbaumethoden gesteigert werden, andererseits der sogenannte Hidden Hunger, also Mangelernährung, bekämpft werden.

Anschließend kommt mit der WASH-Komponente Viva con Agua ins Spiel. Korak soll open defecation free werden – sprich, alle Einwohner sollen Zugang zu sanitärer Basisversorgung bekommen. Ein wichtiger Bestandteil ist hier die Kampagnenarbeit. Für alle sichtbar ist am Ortseingang eine große Karte des Projektgebiets aufgestellt, in der Schulen, Brunnen und die Haushalte mit und ohne Zugang zu einer Toilette verzeichnet sind. Die Karte wurde von der Community unter Anleitung der RRN erstellt und bildet Auftakt und Kern der Sanitärkampagne. Über das gesamte Siedlungsgebiet verteilt finden wir Hinweistafeln, Aufrufe und Erklärungen zu sanitärer Basisversorgung und Hygiene. Am Dorfeingang befindet sich die erste von acht öffentlichen Toiletten. Shree Maya, die Vorsitzende des WASH-Komitees, erklärte uns die Funktionsweise und Wartung der Anlage. Je nach Lage der Toiletten gibt es „Trocken“- und „Nass“-Toiletten. Der Unterschied liegt in den Auffangbehältern, die entweder nur die Feststoffe sammeln oder aber das gesamte Schwarzwasser der Toilette aufnehmen. Nach einigen Jahren müssen die Behälter dann mit Unterstützung der RRN geleert werden. Der Inhalt kann teilweise als Dünger wiederverwendet werden.

Zwei junge Frauen in Wanderausrüstung stehen auf einem Berg und lachen.

Das Befüllen der Wasserbehälter zum Händewaschen übernehmen die Mitglieder der nahe liegenden Haushalte, die Reinigung organisiert das WASH-Komitee. Shree Maya erzählte uns an dieser Stelle auch, dass die positiven Effekte, wie der Rückgang von Durchfallerkrankungen, bereits kurz nach der Inbetriebnahme der Toiletten deutlich wurden. Über die öffentlichen Toiletten hinaus werden auch die privaten Haushalte beim Bau einer Latrine mit durchschnittlich 15 € unterstützt. Die RRN stellt die Schale des Hockklos, einen Sack Zement sowie die Betonringe für die Sickergrube. Ziegel, Dach und die ausführende Arbeit muss von den Bewohnern getragen werden. Damit konnten bereits 400 der geplanten 600 Toiletten fertiggestellt werden. 100 weitere sind derzeit im Bau und bis zum Ende der Projektlaufzeit sollen auch die übrigen 100 errichtet werden. Der Bereich sanitäre Basisversorgung nimmt etwa 40% des Projektbudgets für die Region Korak ein. Weitere 20% fließen in den Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Wasser ist in Nepal grundsätzlich fast immer verfügbar, nur leider nicht in der benötigten Qualität. Durch einfache Maßnahmen lässt sich aber Abhilfe schaffen. Wir besichtigten auch eine Quelleinfassung, an der ein Gebirgsbach durch einen Sandfilter geleitet und über Rohre etwa 600 m zu einer Zisterne, der zentralen Sammelstelle, gelangt. Im Schnitt teilen sich dann 7 Haushalte einen Brunnen, der von der Zisterne gleichmäßig versorgt wird. Insgesamt erhalten durch die Wasserversorgungsstelle rund 21 Haushalte, also über 150 Menschen, dauerhaften Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Eine dunkelhäutige Frau in türkiser Kleidung trägt Lasten auf dem Rücken.                Schüler und Schülerinnen in blauer Kleidung und mit dunkler Haut sitzen an Schultischen im Freien.

Grundschule Korak

Den Höhepunkt (1.600 m über NN) unserer Reise bildete für uns der Besuch einer Grundschule in Korak. Wir übernachteten in den Klassenräumen und konnten uns vor Ort von den gepflegten Toiletten und Wasserstellen überzeugen. Am darauffolgenden Morgen begleiteten wir mehrere Kinder auf ihrem Schulweg. Für uns war es eine sportliche Höchstleistung, den Berg noch höher zu erklimmen, um die entlegenen Wohnhäuser der Kinder zu erreichen. Hinauf brauchten wir eine gute Stunde, herunter nur noch eine halbe, wobei wir sicherlich die Kids – die leichtfüßig von Fels zu Fels sprangen – daran hinderten, den Weg noch schneller zu absolvieren. Dazu muss man wissen, dass es sich hier um eine eher kürzere Strecke handelte. Im Schnitt sind die Schülerinnen und Schüler doppelt so lange unterwegs, um zur Schule zu gelangen.

Um mit den übrigen Kindern in Kontakt zu kommen, betrieben wir an der Schule erst mal Völkerverständigung per Fuß- und Volleyball. Surendra, der Programmmanager der Welthungerhilfe in Nepal, übernahm dann die Übersetzung und ließ sich zu unserem Erstaunen von den Kindern auf einem Globus genau zeigen, wo Deutschland liegt.

Back in Kathmandu

Zurück in Kathmandu trafen wir uns bei der RRN mit unseren Kollegen von Viva con Agua Schweiz, die ein Projekt von ihrer Partnerorganisation Helvetas im Nordwesten von Nepal besucht haben. Es gab nicht nur ein großes Hallo, sondern auch intensiven Austausch über die Projekte, die gelernten Lektionen, Stärken und Schwächen unserer Reise. Unser gesammeltes Feedback übergaben wir abschließend unseren Projektpartnern, zusammen mit einem signierten Viva-con-Agua-Toilettensitz.

TEXT Matthias Herbein & Christian Wiebe
FOTOS Christian Vlasak für Viva con Agua

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Spendenkonto Viva con Agua:
Hamburger Sparkasse |
BIC: HASPDEHHXXX |
IBAN: DE58 2005 0550 1268 1351 81

Weitere Informationen unter
www.vivaconagua.org