Warum die Handwerksausbildung auf das Leben vorbereitet und große Zukunftschancen bietet.
Stolz sind sie immer gewesen, die „ehrbaren Handwerker“. Als sich Berufe wie Schmied, Töpfer, Tischler, Goldschmied oder Zinngießer im Mittelalter ausformten, entstand es schon, das berühmte Sprichwort: „Handwerk hat goldenen Boden“. Es gilt bis heute. Doch das Handwerk wäre vielleicht längst unbedeutend, wenn es nicht mit der Zeit gehen würde. Und immer modern und faszinierend geblieben wäre. Handwerk heute heißt: computergestützte CAD-Maschinen, neueste Materialien und Fertigungsmethoden, Hightech einerseits. Und andererseits: das Geschick und die Freude, mit den Händen Produkte zu formen. Fair und „wahrhaftig“ mit Kollegen und Kunden umzugehen. Optimistisch in die Zukunft zu schauen. Denn handwerkliche Berufe eröffnen einen bunten Strauß an Lebens- und Karrierewegen. Und: Handwerk fördert Herz und Hand, Geschick und Verstand. Kurzum: Es bereitet Dich auf das Leben vor.
„Ehrbarkeit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit“ – mit der traditionellen Handwerker-Formel starten jedes Jahr über 950 Azubis ins mittelholsteinische Handwerk. Sie werden von über 850 Innungsbetrieben ausgebildet – dual selbstverständlich: die Praxis im Unternehmen, das Fachwissen in der Berufsschule. Die Ausbildungsbetriebe werden oft in langer Tradition als Familienunternehmen geführt. Sie sind in Mittelholstein verwurzelt, fast jeder kennt sie. Anders als Filialen anonymer Großkonzerne überzeugen die Mittelständler mit Handbearbeitung, Transparenz über Materialien, Inhalten und Verarbeitungsweisen. Handwerksunternehmen setzen nicht wie viele börsennotierte Konzerne in erster Linie auf Wachstum und Profit, sondern vielmehr auf Qualität und Beständigkeit. Selbst wenn die wirtschaftlichen Zeiten mal rauer werden, halten – wie Studien zeigen – die meisten Chefs ihre Mitarbeiter im Unternehmen. Die Arbeitsplätze gelten als sicher. Kurzum: Mit den Innungsbetrieben der Kreishandwerkerschaft können sich Mitarbeiter und Kunden identifizieren, sie genießen einen guten Ruf. Ein schöneres Kompliment kann man den Firmen kaum machen.
Wir kennen es nicht anders, dass Handwerksbetriebe „ihre Leute“ selbst ausbilden. Jeder dritte Auszubildende lernt ein Handwerk. Die Lehrlinge von einst heißen heute Azubis, die mit ihrem Berufsabschluss in der Tasche wie eh und je ihren Gesellenbrief erhalten. Auch, dass der Chef nach wie vor der Meister und meist auch der Firmeninhaber ist, gehört zur Handwerkstradition. Und auch, dass die meisten Firmen ihre fleißigen jungen Gesellen übernehmen und ihnen eine berufliche Zukunft bieten. Wer erfahren will, was die Arbeitswelt noch alles für ihn oder sie bereithält – dem stehen sehr viele Türen offen: Wer selbst ein Unternehmen gründen will, „macht seinen Meister“ und darf dann selbst den Berufsnachwuchs von morgen ausbilden. Wer noch mehr lernen will, kann ein Studium anschließen und in mittelständischen Betrieben Leitungsaufgaben übernehmen.
Da sich die Berufe ständig spezialisieren, gehört lebenslanges Lernen zu den Grundprinzipien des modernen Handwerks. Du hast die Chance: Mach dich selbstständig und werde Firmenchef oder übernimm in einem größeren Betrieb eine Führungsposition! Oder schlage eine neue Fachrichtung ein, nutze Weiterbildungsangebote und werde Experte! Oder erlebe in Praktika, wie im Ausland gearbeitet wird – das deutsche Handwerk ist auch außerhalb der Landesgrenzen hoch angesehen. Alles ist möglich, die Wahl liegt bei Dir. Hauptsache ist: Die Freude an der Arbeit sollte erhalten bleiben, denn das ist die stärkste Motivation in einem abwechslungsreichen Berufsleben.
Die Unternehmen haben verstanden: Bei aller Tradition versuchen sie sich immer wieder neu zu positionieren. Sie greifen die technischen Trends der Zeit auf und wollen junge Menschen für das Handwerk begeistern. Gleichzeitig versteht es sich als „große Familie“: Handwerker haben sich schon seit Jahrhunderten in Zünften und Innungen organisiert, um sich gegenseitig zu stärken und Wohlstand in die Region zu bringen. Außerdem sind Handwerker vorbildliche Teamplayer. Schau einfach auf die Abläufe beim Bau eines Hauses. Auf jeder Baustelle arbeiten Handwerker aus verschiedenen Gewerken Hand in Hand: Zuerst errichten die Maurer Wände, dann können die Elektro-Spezialisten Stromleitungen und Steckdosen installieren. Estrichleger bereiten den Bodenbelag vor, und die Zimmerer errichten den Dachstuhl, bevor der Dachdecker ans Werk geht. Maler, Fliesenleger und Tischler übernehmen schließlich den Innenausbau.
„Da sich die Berufe ständig spezialisieren, gehört lebenslanges Lernen zu den Grundprinzipien des modernen Handwerks“
Wer ein guter Handwerker werden will, muss in der Schule übrigens kein Super-Abi gemacht haben. Genau das ist die Stärke des Handwerks: Schulabgänger mit allen Abschlüssen und sogar ohne Schulabschluss haben Chancen auf einen attraktiven Arbeitsplatz. Grundsätzlich sind alle Schüler willkommen, junge Frauen und Männer ebenso wie Hochschul-Absolventen und Studienabbrecher. Was Bewerber/-innen auf jeden Fall brauchen, ist handwerkliches Geschick und Spaß an der Arbeit mit Kopf und Hand. Alles andere lernen sie in der dualen Ausbildung. Wer wirklich will, hat jedoch die Qual der Wahl und muss sich aus über 120 Ausbildungsberufen für einen entscheiden: von A wie Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik bis Z wie Zimmerer/in. Was Azubis brauchen? Lust auf Handwerk. Und den Willen, einen attraktiven Beruf zu erlernen und etwas zu erreichen. Der Stolz auf die gute, alte Handwerkstradition kommt dann von allein.
Text Joachim Welding
Illustrationen Shutterstock