Wie kommt eigentlich die Milch aus dem Euter einer Kuh in den Milchkarton im Kühlschrank? Diejenigen, die das ganz genau wissen, sind die Milchtechnologen. Sie kennen die genauen Verfahren, um aus dem frischen Produkt das Lebensmittel herzustellen, mit dem wir täglich Müsli oder Kaffee verfeinern. Sie kennen auch die Rezepturen, um aus der Rohmilch leckeren Joghurt, streichfeste Butter oder löchrigen Käse herzustellen. Milchtechnologen und Milchtechnologinnen haben gut zu tun, denn alleine in Schleswig-Holstein werden jährlich rund 2,5 Milliarden Liter Milch verarbeitet.
Während der Ausbildung lernen Milchtechnologen die Herstellung der kompletten Produktpalette ihres Ausbildungsbetriebs kennen. Sie erfahren, wie die Rohmilch angenommen und getestet wird, und lernen alles über die Verfahren und Anlagen der Milchbearbeitung, die Qualitätsüberwachung und die Produktionsverfahren. Von der Anlieferung der frischen Rohmilch bis zur Verpackung des Endprodukts begleiten sie in der Regel alle Produktionsstufen. Nur die Kühe bekommen sie nie zu Gesicht.
Die dreijährige duale Ausbildung absolvieren die Milchmänner und -frauen in Molkereien, Käsereien oder Milchwerken. Außerhalb von milchverarbeitenden Betrieben wird die Ausbildung auch bei Produzenten von Lebensmittelzusatzstoffen angeboten. Den theoretischen Hintergrund bekommen die angehenden Milchtechnologen und Milchtechnologinnen an der Landesberufsschule in Bad Malente. Neben den Fächern Chemie, Physik und Mikrobiologie sind Milcherzeugung und Qualitätssicherung wichtige Lernfelder. Aber auch das Verpacken und Lagern von Milcherzeugnissen, die Ausführung und Einhaltung von Hygienemaßnahmen sowie der Arbeits- und Umweltschutz gehören zum Lehrstoff. Auch die Milchwirtschaftlichen Laborantinnen und Laboranten erhalten ihre theoretische und überbetriebliche Ausbildung in Bad Malente.
Der Weg der Milch
Als Erstes nehmen die „Molkies“ die Rohmilch an, die jeden Morgen durch Tank-Lkws von den Milchhöfen angeliefert werden, und kontrollieren ihre Menge und Qualität. Gibt es an dieser Stelle nichts zu beanstanden, also stimmen der Fett- und Eiweißgehalt und die Keimzahl, wird die kostbare Fracht in die Silos der Molkereien und Käsereien hineingepumpt. In der Branche kommt es auch auf Schnelligkeit an, denn Milch ist kein Produkt, das im unbehandelten Zustand lange gelagert werden darf. Im nächsten Bearbeitungsschritt wird in einer speziellen Zentrifuge die Magermilch vom Rahm getrennt. Anschließend wird beides, je nach gewünschtem Fettgehalt, wieder vereint und hitzebehandelt. Das Erhitzen dient der Verlängerung der Haltbarkeit und gleichzeitig der Abtötung von krankheitserregenden Keimen. Der letzte Schritt ist die Homogenisierung der Milch. Diese verhindert, dass sich an der Oberfläche eine Rahmschicht bildet. Was folgt, ist die Weiterverarbeitung zu den zahlreichen Milchprodukten, die in den Kühlregalen im Supermarkt unseres Vertrauens auf uns warten.
Gerade in Großbetrieben ist der Herstellungsprozess weitgehend automatisiert. Milchtechnologen bedienen und überwachen die modernen Maschinen, richten die Produktionsanlage ein, nehmen Proben für eine Qualitätskontrolle und reichen sie an das Labor weiter. Hier ist viel Technik am Arbeitsplatz, doch auch den eigenen Sinnen müssen sie vertrauen. Aussehen, Geruch und Temperatur sind entscheidende Merkmale, die beachtet werden müssen. Weniger Technik und mehr Handarbeit finden sich hingegen in den zahlreichen kleineren Käsereien, die sich in der Regel auf die Erzeugung besonderer Produkte spezialisiert haben. Egal, ob in der technisierten Großmolkerei oder in der traditionellen Käserei – der Milchtechnologe lernt den Beruf überall von der Pike auf.
Ganz in Weiß
Hier ist die Farbe der Arbeitskleildung kein Fashion-Statement, sondern wurde im Hinblick auf die strengen hygienischen Standards bei der Milchverarbeitung ausgesucht. Verunreinigungen jeder Art müssen aus dem Produktionsablauf ferngehalten werden. Deswegen gehören neben dem blütenweißen Overall auch ein Mundschutz und Haube zum Milchtechnologen-Outfit. Ohrringe und anderer Schmuck müssen vor dem Betreten der Produktion abgenommen, Piercings abgeklebt werden. Rein ins Werk kommt man nur durch eine Hygieneschleuse, die sowohl die Hände als auch Schuhe gründlich desinfiziert. Einen gewissen Hang zur Sauberkeit sollten angehende Milchtechnologen und Milchtechnologinnen also schon mitbringen.
Weitere Anforderungen sind: … Gute Kenntnisse in Naturwissenschaften und Mathematik, Interesse an Technik, Lebensmitteln und ihrer Herstellung sowie dem Umgang mit Computern sind die wichtigsten Anforderungen, die Interessenten für die Ausbildung mitbringen sollten. Rechtlich ist keine bestimmte Schulbildung vorgeschrieben. In der Praxis stellen Betriebe überwiegend Auszubildende mit gutem Ersten allgemeinbildenden oder mit Mittlerem Bildungsabschluss ein.
Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung sind Milchtechnologen und -innen begehrte Fachkräfte in der Lebensmittelbranche mit sehr guten Aussichten auf eine Festanstellung, zum Beispiel bei Danisco in Niebüll. Es gibt keine arbeitslosen Milchtechnologen, heißt es. Weiterbildungen gibt es auch viele: Molkereimeister/-in, Molkereitechniker/-in, Industriemeister/-in Fachrichtung Lebensmittel oder gar ein Studium der Lebensmitteltechnologie. Ob mit oder ohne Studium, Milchtechnologen sind auch in anderen Branchen der Lebensmittel- oder Zuliefererindustrie gefragte Fachleute.
TEXT Katharina Grzeca
ILLUSTRATION Sarah Matuszewski