Als Adrain Riekert noch auf die Johannes-Brahms-Schule in Pinneberg ging, konnte ihm kein Schüler des Landes etwas vormachen: Bei Mathe-Bundeswettbewerben schnitt er regelmäßig als Bester ab und qualifizierte sich unter 200.000 Teilnehmern in Deutschland drei Mal für die Mathe-Olympiade (IMO). Adrian holte mit dem Deutschland-Team zwischen 2013 und 2015 zweimal die Silbermedaille und einmal Bronze. Nach dem Abi begann der heute 20-Jährige mit dem Studium in Bonn. ME2BE fragte den Ausnahme-Tüftler, warum er Mathe cool findet.
ME2BE: Du bist ja für die großen Mathe-Wettbewerbe schon viel in der Welt herumgekommen. Was hat dich dabei beeindruckt?
Adrian: Es war auf jeden Fall spannend, in die verschiedenen Länder zu reisen und andere Teilnehmer aus der ganzen Welt kennenzulernen. Teilweise waren die Wettbewerbe fast wie Urlaub, nur dass man sich zwischendurch mit Mathe beschäftigt hat.
Wann hast du als Kind gemerkt, dass dir die Welt der Zahlen und Formeln besonders liegt?
Als ich in die Grundschule gekommen bin, habe ich gemerkt, dass mir der Mathematikunterricht im Vergleich zu den anderen Schülern besonders leicht fiel. In der fünften Klasse habe ich das erste Mal von der Mathe-Olympiade gehört und wollte das einfach mal ausprobieren. Das hat mir auch direkt Spaß gemacht und ich habe ganz gut abgeschnitten. Danach habe ich dann jedes Jahr daran teilgenommen und angefangen, mich mehr mit Mathematik zu beschäftigen.
„Man muss andere Dinge ausblenden und sich auch nicht davon unter Druck setzen lassen, wenn die letzte Klausur schlecht gelaufen ist.“
Was begeistert dich an Mathe?
Ich finde es faszinierend, dass mathematische Probleme, die auf den ersten Blick sehr schwierig aussehen, trotzdem ziemlich einfache, teilweise überraschende, Lösungen haben können. Außerdem gefällt mir das Abstrakte an der Mathematik: Viele Probleme, auch in der Praxis, werden einfacher, wenn man unwichtige Dinge weglässt und sie aus einer allgemeineren oder abstrakten Perspektive betrachtet.
Welche Fähigkeiten muss man haben, um so gut bei Wettbewerben abzuschneiden?
Man sollte auf jeden Fall durchhalten können und nicht aufgeben, auch wenn man bei manchen Aufgaben erstmal nicht weiterkommt. Bei der IMO hat man jeweils 4,5 Stunden Zeit für drei Aufgaben, das heißt, es ist schon so vorgesehen, dass man sich mehr als eine Stunde mit nur einer Aufgabe beschäftigt. Manchmal ist es auch nicht so einfach sich überhaupt für eine so lange Zeit zu konzentrieren. Man muss dann andere Dinge ausblenden und sich auch nicht davon unter Druck setzen lassen, wenn die letzte Klausur schlecht gelaufen ist.
Muss man dafür viel lernen oder reicht ein hervorragendes Talent aus?
Ich würde schon sagen, dass das Talent eine große Rolle spielt. Die meiste Zeit habe ich mich kaum auf die Wettbewerbe vorbereitet. Aber Übung bringt einen auf jeden Fall auch weiter, manche Lösungsmethoden muss man einfach mal gesehen haben. Und je mehr Aufgaben eines bestimmten Typs man schon gemacht hat, desto leichter fallen einem dann ähnliche Aufgaben. Deshalb gibt es zumindest vor der IMO auch mehrere Vorbereitungsseminare für das Team.
Nach dem Abi hast du ein Studium begonnen. Ich brauche dich nicht zu fragen, welches Fach – oder?
Ich habe mich tatsächlich für ein Mathematikstudium entschieden. Ich habe schon ernsthaft überlegt, etwas Angewandtes zu studieren, aber letztendlich interessiert mich Mathematik doch am meisten. Damit hat man später beruflich auch noch vielfältige Möglichkeiten, ohne sich direkt festzulegen.
Hast du schon einen Plan, was du nach der Uni machen willst?
Ich bin mir aktuell noch nicht sicher. Ich kann mir schon vorstellen, an der Uni zu bleiben und in die Forschung zu gehen. Aber auch in der Wirtschaft zu arbeiten, wäre möglich. Ich möchte erst einmal mein Studium fortsetzen und mehr Gebiete der Mathematik kennenlernen, bevor ich weiß, was mir am besten gefällt.
TEXT Joachim Welding
FOTO Adrian Riekert