Lernen mit Kompetenzraster

Lernen mit Kompetenzraster

Für Klassenlehrerin Anne Ilgen ist Berufsorientierung ein Bestandteil ihres Unterrichts in Chemie und Mathematik an der Toni-Jensen-Gemeinschaftsschule.

Anne Ilgen ist Lehrkraft an der Toni in der Sekundarstufe eins. Zu ihrem eigenen Werdegang erzählt sie: „Ich habe damals auf Lehramt für Realschule studiert, Chemie und Mathe sind meine Fächer.“ Als sie nach ihrer Schulzeit mit dem Abitur in der Hand stand, habe sie zunächst erst einmal nicht gewusst, was sie damit anfangen sollte. Dann habe sie sich für das Lehramtstudium in Kiel entschieden und für ihre Fächer. „Damit bin ich sehr zufrieden und mir gefällt es hier an der Schule sehr gut“, sagt sie.

Es sei das erste Mal, dass sie eine Klasse durchgehend von Jahrgang fünf bis Jahrgang zehn unterrichtet habe; es sei spannend gewesen und sie sei jetzt ein wenig traurig, die Schüler abzugeben. Die Schüler wissen, was sie erwartet: Zwei wiederholen, einige gehen ans RBZ in die Berufsfachschule und knapp die Hälfte wechselt in die Oberstufe. Zwei starten direkt in eine Ausbildung. „Ich hätte mir mehr praktische Ausbildungen gewünscht“, sagt Ilgen. Sie unterrichtet NaWi und später Chemie sowie Mathe bis zur zehnten Klasse. In ihre Rolle als Klassenlehrerin fällt außerdem das Thema Berufsorientierung.

Ilgen legt großen Wert auf Berufsorientierung und integriert dies frühzeitig in den Unterricht. „In den Klassen fünf und sechs führen wir bereits Zukunftsgespräche“, erklärt die Lehrerin. Dabei werden regelmäßig die Fragen aufgeworfen: „Hast du schon eine Idee für einen Beruf?“ oder „In welche Richtung möchtest du beruflich gehen?“ Besonders spannend findet sie, wie sich die Berufswünsche der Schüler zwischen Klasse fünf und zehn entwickeln. Anfangs äußern viele den Wunsch, Arzt oder Anwalt zu werden, oft inspiriert durch die Berufe ihrer Eltern. Doch diese Wünsche ändern sich häufig im Laufe der Jahre.

Als Klassenlehrer ist Ilgen aktiv in die Berufsorientierung eingebunden und versucht, diese im Fach NaWi zu integrieren. In Mathe sei es schwieriger, aufgrund des dichten Curriculums, „aber ich sehe schon, ob ein Schüler besondere Begabungen hat und berate entsprechend.“ Auch für Schüler, die in die Oberstufe wechseln, bietet sie Unterstützung bei der Wahl des passenden Profils an. „Beim Bio-Profil kann ich beraten, welche Inhalte ein Schüler braucht, etwa organische Chemie“, sagt sie und nutzt das Kompetenzraster, um den Übergang zur Oberstufe zu erleichtern.

Für Schüler, die eigenständig arbeiten und sich zu Hause weiter mit den Inhalten beschäftigen, sind sowohl analoge als auch digitale Materialien verfügbar. Ilgen stellt sicher, dass die Schüler nach dem Klassenwechsel auf diese Ressourcen zugreifen können. „Wenn Schüler fragen, ob sie weiterhin Zugriff auf Materialien wie die Mathe-Pinnwände haben, sage ich ihnen: „Klar, schreibt es euch auf, ihr habt den Link.“ Dies sei besonders praktisch für die Prüfungsvorbereitung.

Chemie und Mathe sind spezielle Fächer, die ein tiefes Verständnis erfordern, das über bloßes Auswendiglernen hinausgeht und auf Anwendung basiert, betont die Lehrerin: „Man muss schnell lernen, die Inhalte anzuwenden.“ Daher gestaltet sie ihren Unterricht möglichst offen und kompetenzorientiert. „Ich habe ein System aus meiner früheren Schule übernommen, wo fächer- und jahrgangübergreifend unterrichtet wurde. Hier kann ich das zwar nicht so umsetzen, aber ich arbeite mit einem Kompetenzraster.“ Zu Beginn der Klasse legt sie mit den Schülern in einer Tabelle ihre Lerninhalte fest, ähnlich einem Inhaltsverzeichnis.

„Im Verlauf des Unterrichts gehen wir die einzelnen Kompetenzfelder durch und dabei sehen die Schüler, was sie bereits können und wo sie anknüpfen können“, sagt Ilgen.

In der Schulstunde gibt es zunächst einen kurzen Input von ihr, danach arbeiten die Schüler selbstständig in Gruppen und können sich bei Bedarf für vertiefende Fragen an sie richten. „Ich versuche, jeden Schüler mitzunehmen, der lernen möchte“, betont Ilgen. Bei Schülern, die Schwierigkeiten haben oder abgelenkt sind, sei die Unterstützung oft herausfordernd: „Manchmal hat man Schüler, die persönliche Probleme haben und deshalb Schwierigkeiten im Lernen haben.“ Trotz allem bemüht sie sich, jedem Schüler gerecht zu werden und seine Fortschritte zu fördern.

Ilgen integriert verschiedene Anwendungen in den Unterricht, um den Bezug zur Realität herzustellen. Sie nutzt Experimente und praktische Aufgaben, um die Schulstunden offen und anwendungsorientiert zu gestalten. So führt sie mit ihren Schülern Messungen in der Turnhalle durch oder übt das Anwenden trigonometrischer Funktionen.

„Anfangs ist es eine Hürde für die Schüler, aber später macht es ihnen Spaß“, sagt sie.

Da könne man schon Einiges machen, das in der Gebäudevermessung oder in der Vermessung des Landes gebraucht werde.

Die Lehrerin empfiehlt ihren Schülern, die sich für Mathematik oder Chemie interessieren, an Studieninformationstagen und Berufsmessen teilzunehmen, auf denen sich Universitäten vorstellen und über labortechnische Berufe informiert wird. „Ich schicke die Schüler direkt hin, wenn ich merke, dass Interesse besteht. Dies gilt auch für die schuleigene Berufsmesse“, so Ilgen. Sie betont, dass man nicht immer ein Abitur braucht, um in diesen Bereichen tätig zu werden.

Ilgen ist sich bewusst, dass nicht alle Schüler in diesen Fachrichtungen bleiben werden: „Natürlich machen einige Schüler etwas anderes. Man kriegt sie nicht alle“, sagt sie augenzwinkernd. „Aber wir brauchen schließlich nicht nur Mathematiker und Chemiker.”

TEXT Hilke Ohrt
FOTO Reinhard Witt