Das mittelholsteinische Handwerk ist stark! In den Kreisen Neumünster und Segeberg sind circa 850 organisierte Handwerksbetriebe in 20 Innungen organisiert, die rund 2.150 Nachwuchskräfte ausbilden. Jedes Jahr werden zwischen Norderstedt und Neumünster, zwischen Bad Segeberg und Henstedt-Ulzburg über 800 neue Ausbildungsverträge unterschrieben. Der Bedarf an Azubis ist groß! Zur Auswahl stehen über 100 Ausbildungsberufe – von A wie Anlagenmechaniker/in bis Z wie Zimmerer/in. Im Gespräch mit HANDS UP erläutert der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Mittelholstein, Carsten Bruhn, warum sich eine Ausbildung im Handwerk lohnt.
HANDS UP: Moin, Herr Bruhn. In Schleswig-Holstein wird fleißig gebaut, saniert und renoviert. Viele Innungsbetriebe profitieren von der anhaltend guten Konjunkturlage. Wie sieht die Situation in Mittelholstein aus?
Bruhn: Die wirtschaftliche Situation der mittelholsteinischen Innungsbetriebe ist grundsätzlich sehr gut. Die Handwerksbetriebe haben viel zu tun, die Stimmung ist gut, und wir gehen davon aus, dass die Auftragslage bis auf Weiteres stabil bleiben wird. Auf unserem noch jungen Internetportal www.handwerk-mittelholstein.de präsentieren sich unsere Innungen und Betriebe. Dort verzeichnen wir ein sehr großes Interesse von jährlich über 140.000 Klicks. Unsere Betriebe benötigen viele Fachkräfte. Hier hakt es leider ein wenig, denn an Fachkräften mangelt es überall. Viele Betriebe bilden deshalb selbst aus und sichern somit ihren Fachkräftebedarf von morgen. Allein in Mittelholstein bieten wir momentan jährlich über tausend Ausbildungsplätze an.
Viele Schülerinnen und Schüler entscheiden sich für eine Schulausbildung bis zum Abitur. Welche Konsequenzen hat das für das Handwerk? Welche Schulabgänger werden gesucht?
Bedingt durch den demografischen Wandel starten zurzeit geburtenschwächere Jahrgänge ins Berufsleben. Es gibt also ohnehin weniger Schulabgänger als in früheren Jahren. Hinzu kommt, dass auch andere Branchen Nachwuchs- und Fachkräfte suchen und der Wunsch nach Abitur und Studium gestiegen ist. Schülerinnen und Schüler besitzen heutzutage viele Möglichkeiten. Oft erschwert das sogar die Entscheidung! Im Handwerk benötigen wir Nachwuchskräfte mit allen Bildungsabschlüssen und bieten die unterschiedlichsten Karriereperspektiven. Wir brauchen sowohl die Gesellinnen und Gesellen, die ihre berufliche Zukunft auf Baustellen, in Werkstätten oder im Kundenservice gestalten, als auch diejenigen, die sich akademisch weiterbilden, um Betriebe zu führen oder zu gründen. Grundvoraussetzung ist der Erste allgemeinbildende Schulabschluss, um die schulischen und betrieblichen Anforderungen zu meistern. Für Ausbildungsberufe mit hohem Technikanspruch empfehlen wir mindestens den Mittleren Schulabschluss. Für Schulabgänger ohne Schulabschluss gibt es Fördermaßnahmen, die zu einem Schulabschluss und Ausbildungsplatz führen. Noch wichtiger als der beste Notenschnitt ist die Motivation, ein Handwerk von Grund auf zu erlernen und sich selbst eine Karriere aufzubauen.
„Was junge Leute besonders schätzen, ist einerseits die Zusammenarbeit mit Menschen und andererseits die Abwechslung.“
-Carsten Bruhn
Welche Perspektiven ergeben sich nach einer Handwerksausbildung?
Wer seine Lehrzeit mit der Gesellenprüfung erfolgreich abschließt, hat den Status einer Fachkraft erlangt und kann überall in Deutschland oder auch im Ausland seinen Beruf ausüben. Das Handwerk bietet jeder Gesellin und jedem Gesellen hervorragende Weiterbildungsmöglichkeiten. Den eigenen Fähigkeiten entsprechend können sie durch Lehrgänge in ihrem Handwerk aufsteigen, sich spezialisieren, den Techniker- bzw. Meistertitel erwerben oder ein berufsbegleitendes Studium absolvieren. Auch das Thema Selbständigkeit ist im Handwerk fest verankert. Durch den Generationenwechsel werden in den kommenden Jahren aber auch viele Betriebe ihren Besitzer wechseln. Wer sein Handwerk gut beherrscht, seine Karriere plant und sich irgendwann selbständig machen möchte, wird gute Möglichkeiten haben, einen attraktiven Betrieb inklusive Kundenstamm zu übernehmen.
Heutige Schulabgänger entstammen der ‚Generation Z‘. Sie sind kreativ, weniger materiell orientiert und suchen ein Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit. Passt das zum Handwerk?
Ja, das passt sogar sehr gut. Uns muss es nur gelingen, die Faszination des Handwerks sichtbarer zu machen. Das Handwerk bietet großartige Entfaltungsmöglichkeiten für junge Leute, sichere Einkommen und geregelte, aber auch flexible Arbeitszeiten. Jugendstudien zeigen: Was junge Leute besonders schätzen, ist einerseits die Zusammenarbeit mit anderen Menschen und andererseits die Abwechslung. Täglich werden Kundenaufträge in Teams ausgeführt, abgeschlossen und dann geht‘s zum nächsten Kunden an einen anderen Ort mit neuen Aufgaben. Unsere Berufe bieten eine einzigartige Kombination aus Kopf- und Handarbeit, Tradition und Moderne, anpackenden und gestaltenden Aufgaben, Kreativität und Technik, Teamwork und Selbständigkeit … dieser großartige Mix ist unser Trumpf.
TEXT Christian Dorbandt
FOTOS KH Mittelholstein