Er skatet seit zehn Jahren und ist einer der besten Boarder Deutschlands: Farid Ulrich spricht über sein Erfolgsgeheimnis, seine Ziele – und warum er sich von verpeilten Typen lieber fernhält…
Du humpelst ja. Was ist passiert?
Am Wochenende war ich auf einem Contest in Hannover, ging als Dritter ins Finale – und fünf Minuten vor Schluss knickte ich um und alles war vorbei. Dabei war ich so nah dran, den ersten Platz zu holen! Jetzt bin ich erst einmal für einen Monat raus und muss mich danach wieder hoch trainieren. Das nervt mich gerade ziemlich. Denn ich bin so motiviert, ich will machen, machen, machen.
Verletzungen gehören zum Berufsrisiko eines Profi-Skaters: Wie gehst du damit um, dass es jederzeit mit der Karriere vorbei sein könnte?
Ich habe neulich erst darüber nachgedacht. Eigentlich habe ich das Gefühl, dass ich mein Board so unter Kontrolle habe, das ich mich nicht verletze. Das meiste passiert immer, wenn man sich nicht richtig konzentriert oder abgelenkt wird. Also, was lerne ich daraus? Ich habe es mir ausgesucht, Skateboard zu fahren. Das bedeutet, dass ich extrem auf mich aufpas- sen muss. Deshalb ernähre ich mich gesund, nehme Vitamine, mache Ausgleichsport und Muskelaufbau. Denn je trainierter deine Mus- keln sind, desto geringer ist das Risiko, sich ernsthaft zu verletzen…
Da sprechen lange Jahren der Erfahrung…
Ja, fast zehn Jahre! Mit elf bekam ich mein ers- tes Skateboard, fing einfach an und probierte alles Mögliche aus. Da war sofort diese Fas- zination. Damals kam auch das „Tony Hawk Pro-Skater“-Game mit Videosequenzen auf den Markt, die mich total inspiriert haben. Das SB war so cool! Mit meinen Jungs gründeten wir „Ti dann die „Chinchilla“- Crew und skateten Ber- gel lin. Die Crew gibt’s noch heute – aber ich bin lich der Einzige, der Profi geworden ist…
Wann stelltest du fest, dass du mehr Talent sch hast als die anderen?
Das zeichnete sich erst später ab. Meine Freun- im de waren lange Zeit vielseitiger als ich. Meine du begrenzte Fahrweise hatte aber den Vorteil,
dass ich meine Tricks perfektionieren konnte.
Wobei kann dir denn niemand etwas vormachen?
Beim Kick Flip und Front Side Blunt. Die kann dem keiner in Deutschland besser (…lacht!).
Was war der bisherige Höhepunkt für dich?
2008 wurde ich Deutscher Amateur-Meister, ich da war ich schon sehr stolz. Und dass 2009 „Titus“ auf mich zukam und mich ins Team holte, war auch ein Meilenstein für mich. Ich bin ja schließlich mit denen groß geworden, das war und ist für mich etwas sehr Besonderes.
Wie kam es dazu?
Der Team-Manager war damals gerade nach kom Berlin gezogen und suchte nach Nachwuchs. In ich der Skate-Halle wurde er auf mich aufmerksam – und schon war ich im Team.
Mittlerweile wirst du auch noch von „Nike SB“ und „Playstation Vita“ gesponsort. Das hat sicher auch viele Vorteile…
Klar, mein Equipment ist so gesichert. „Nike SB“ schickt mir regelmäßig Schuhe und von „Titus“ werde ich mit Boards, Decks und Ku- gellager versorgt. Ich habe ja auch einen ziem- lichen Verschleiß…
Bei diesem Verschleiß trainierst du wahr- scheinlich nonstop…
Wenn ich nicht gerade verletzt bin, ja. Ich fahre immer, bis ich nicht mehr kann oder das Board durch ist. Es gibt kein Ende für mich.
Kannst du vom Skaten leben?
Von „Titus“ beziehe ich jetzt ein kleines Ge- halt, dazu kommen Preisgelder von den Cont- ests. Letztes Jahr habe ich fast zwei Monate auf dem Bau geschuftet, daher hab ich auch noch ein paar Rücklagen. Wirklich vom Skaten zu leben schaffen in Deutschland nur sehr wenige. Die kann man an einer Hand abzählen. Aber ich bin auf dem besten Weg dorthin. Ich bin im Skateboarding gerade einer der Interessantes- ten (…lacht)!
Was muss ein Skater denn haben, um erfolgreich zu sein?
Dazu gehört mehr, als nur perfekt zu ska- ten. Wer gute Ideen hat und strukturiert ist, kommt sehr viel weiter. Zum Beispiel schreibe ich gerade an einem Konzept für eine Skate- board-Tour im Ausland, dass ich Sponsoren vorstellen werde. Auf der Tour werden mit mehreren Skatern zusammen Videoprojekte und Shootings gemacht. Und das plane ich und kalkuliere ich jetzt. So etwas kommt gut an. Du musst dich selbst vermarkten, um von dir reden zu machen.
Du wirkst sehr zielstrebig. Wo willst du hin?
Ich nehme das alles schon sehr ernst, aber noch nicht ernst genug. Ich muss noch viel mehr ma- chen. Deutscher Meister zu werden und den European Skateboard Award zu holen, das wäre cool. In erster Linie will ich ohne Probleme und entspannt vom Skaten leben können. Aber mir ist auch klar, dass ich nicht ewig fah- ren kann. Ab 25 Jahren zählt man ja schon zu den Altherren. Ich will auf jeden Fall später studieren, irgendetwas in Richtung Wirtschaft.
Was rätst du jungen Skatern, die auf die Profi-Bahn kommen wollen?
Auf jeden Fall sollten sie die Schule zu Ende machen. Das war auch die Bedingung meiner Eltern. Und ich habe es keine Sekunde be- reut, dass ich mein Abi durchgezogen habe. Das hilft mir auch jetzt schon sehr viel weiter. Das gibt einfach Feinschliff, du kannst diffe- renzierter denken und planen. Das ist das eine. Dann musst du einfach dranbleiben, der Erfolg kommt ja nicht von einem Tag auf den anderen. Contests fahren, Videos machen, auf Videos gesehen werden. Wichtig ist, alles professionell aussehen zu lassen. So zu fahren wie die ande- ren, bringt nichts. Du musst irgendetwas Neu- es und Interessantes machen, um die Leute zu beeindrucken. Und du musst ein Publikumstyp sein, einen Widererkennungswert haben und ein Image aufbauen…
Was ist denn dein Image in der Szene?
Ich gelte schon als rebellisch und provokativ. Ich ecke oft an und mache mein Ding.
Wie ist den die Stimmung zwischen den Skatern? Herrscht ein großer Konkurrenzkampf?
Überhaupt nicht, eher Liebe und Bruderschaft. Ich gönne meinen Jungs den Erfolg und sie mir meinen. Und wenn man jemanden nicht mag, geht man sich eben aus dem Weg.
Gibt es etwas, was dich an der Skateboard-Community nervt?
Ich hasse dieses unorganisierte, verpeilte Skater-Dasein von vielen. Die gehen verplant durchs Leben, gucken was kommt und kriegen nichts auf die Reihe. Von Nichtsnutzen halte ich mich lieber fern. Klar, wenn du im Som- mer mit deinen Jungs unterwegs bist, ist dieses Relaxte und Verplante cool und wichtig. Doch sobald du andere Sachen machst, musst du auch wieder einen klaren Kopf haben. In meinem Freundeskreis sind deshalb auch viele, die Mu- sik machen oder filmen. Und die versuche ich in meine Projekte zu involvieren. So bringen wir uns gegenseitig voran.
Text Katharina McKechnie
Fotos Nadya-Vanessa Gruber