Ein Gespräch mit Prof. Dr.-Ing. Hinrichsen, Professor für Elektrische Energietechnik an der Hochschule Flensburg.
Herr Professor Hinrichsen, die HS Flensburg bietet gleich drei Studiengänge Energiewissenschaften zur Auswahl. Warum sollten angehende Studierende sich gerade für die Elektrische Energiesystemtechnik (EES) entscheiden, für die Sie Programmverantwortlicher sind?
Ein Studium der Elektrischen Energiesystemtechnik entspricht in etwa einem Studium der Elektrotechnik mit der Vertiefungsrichtung Energietechnik. Anders als dort steht aber bei uns der Systemansatz im Vordergrund, also der Ansatz, nicht allein die Komponenten der elektrischen Energieversorgung zu betrachten, sondern ihre Gesamtheit als ein funktionsfähiges System. Dieses System wird sich im Rahmen der Energiewende wandeln müssen, und genau für diesen Wandel braucht es Fachleute, die das große Ganze im Blick behalten, die wissen, wie man die fluktuierenden Quellen wie Windkraftanlagen und Solarparks dimensioniert und mit Speichern so kombiniert, dass eine zuverlässige Versorgung erhalten bleibt. Dazu gehört auch die Steuerung und Regelung der Netze, die freilich aufwändiger, aber auch intelligenter werden wird, als sie jetzt sind.
Was erwartet Studienanfänger des Studiengangs EES?
Bevor es in die Spezialisierung geht, sind in den ersten drei Semestern die für Ingenieursstudiengänge üblichen Grundlagenfächer wie Mathematik, Physik, Technische Mechanik, Elektrotechnik, EDV zu absolvieren. Fächer wie BWL und Englisch runden das Angebot ab. Damit es nicht zu trocken wird – denn wir sind ja als „University of Applied Sciences“ dem Versprechen der Praxisnähe verpflichtet – findet die Lehre zu einem beachtlichen Teil im Labor statt. „Hands on“, wie man heute so schön sagt, aber das sollte in der Elektrotechnik zumindest bei hohen Spannungen nicht allzu wörtlich genommen werden (lacht).
In den folgenden drei Semestern findet die Spezialisierung statt. Dabei gibt es eine Menge Wahlfreiheit auch innerhalb der EES, so dass jeder nach seinen Vorlieben und Interessen sein Studium in die Richtung lenken kann, die er oder sie für die richtige hält. Der Wahlpflichtbereich ist dabei so gestaltet, dass niemand die Basics der Energiesysteme verpasst, sich jedoch entscheiden kann, ob ihn/sie beispielsweise Speicher oder Photovoltaik mehr interessieren, oder ob es ein bisschen mehr Leistungselektronik, dafür aber ein bisschen weniger elektrische Anlagen und Netze sein sollen oder lieber doch umgekehrt.
In welchen Bereichen kommen Absolventen dieses Studiengangs zum Einsatz?
Diese Frage passt sehr gut zur vorherigen, denn unsere Studentinnen und Studenten wissen natürlich oft schon, wo die Reise hingehen soll, und setzen die Schwerpunkte bei der Fächerwahl entsprechend. Wer sich noch unsicher ist, kann jederzeit Hilfestellung bekommen – im persönlichen Gespräch mit den Professoren zum Beispiel, die an einer Hochschule viel eher Ansprechpartner für die Studenten sind als an einer Universität.
Aber nun zu Ihrer eigentlichen Frage, die sich gar nicht so leicht beantworten lässt, denn die Optionen sind zahlreich: Elektroindustrie, Ingenieurbüros, Energieversorger, Zertifizierungsagenturen und Forschungseinrichtungen, wobei es mir wirklich schwerfällt, einen Schwerpunkt auszumachen.
Welche Fragestellungen ergeben sich aus der Energiewende für Unternehmen und Politik?
Es sind nicht die gleichen. Die Politik muss langfristiger denken und die Rahmenbedingungen setzen, die dann zur Entscheidungsgrundlage für die Industrie werden. Vor allem müssen die Politiker sich entscheiden, was in welcher Höhe gefördert und was verboten werden soll. Stichworte sind EEG und Kohleausstieg. Das so geschaffene Anreizsystem führt zu mehr oder weniger guten, aber immer zu wirtschaftlichen Lösungen. Da geht auch mal was schief und muss im Nachhinein korrigiert werden. Photovoltaikförderung auf Ackerflächen ist ein solches Beispiel aus der Vergangenheit für eine im Nachhinein sicher fragwürdige Entscheidung.
An welchen Forschungsprojekten arbeiten Sie derzeit mit Ihren Studierenden?
Mein Schwerpunkt ist die Leistungselektronik, die für die Wandlung von einer Stromform in eine andere verantwortlich ist. Das populärste Beispiel sind die Solarwechselrichter, aber auch in Windkraftanlagen hat die Leistungselektronik schon lange, wenn auch von vielen unbemerkt, Einzug gehalten, denn sie ermöglicht einen stufenlos drehzahlvariablen Betrieb der Rotoren.
Wir haben in einem Forschungsprojekt – finanziert vom Land und von zwei schleswig-holsteinischen Firmen – einen Wechselrichter für Windkraftanlagen der zukünftigen Multi-Megawattklasse entworfen und aufgebaut, der auf Mittelspannungsebene arbeitet und dadurch die Turmverkabelung erleichtert und das bei ausgeprägt netzfreundlichem Verhalten, das jetzt untersucht wird.
Im Studiengang Energie– und Umweltmanagement ist ein Auslandssemester Pflicht? Halten Sie das auch für Energiesystemtechnik für sinnvoll?
Ein verpflichtendes Auslandssemester nicht, denn die meisten unserer Absolventen arbeiten anschließend in Deutschland, nicht wenige sogar heimatnah. Natürlich kann es nie schaden, mal über den Tellerrand zu schauen, und es ist natürlich auch nicht verboten, ein Auslandssemester zu nehmen. In der Regel werden die dort erbrachten Studienleistungen anstandslos bei uns anerkannt.
Die Landschaft um Flensburg ist sehr ländlich geprägt, viel Platz für regenerative Energien. Welche Rolle spielt der Standort Flensburg für Absolventen der Energiewissenschaften, insbesondere der EES?
Wie schon erwähnt, bleiben viele hier, einerseits, weil es hier zwischen den Meeren schon recht schön ist, andererseits, weil es auch genug zu tun gibt, und dazu gehört die Arbeit im Bereich regenerativer Energien genauso wie die in konventionellen Industriebereichen, die Energie benötigen und diese immer öfter auch besonders effizient einsetzen möchten.
Bewirb dich bis zum 15. Januar für den Studiengang Elektrische Energiesystemtechnik an der HS Flensburg: jetzt informieren.
Zum Interview mit Prof. Dr.-Ing. Ilja Tuschy, Fachbereich Regenerative Energietechnik: hier entlang.
Mehr zum Studiengang Energie- und Umweltmanagement im Interview mit Prof. Dr.-Ing. Jochen Wendiggensen
Drei Studiengänge im Bereich Energiewissenschaften an der HS Flensburg: informiere dich jetzt.
TEXT: Sophie Blady
FOTO: Andreas Birresborn