Elektroniker Felix: Ein Azubi unter Mittelspannung

Elektroniker Felix: Ein Azubi unter Mittelspannung

Felix aus Kiel wuchs mit sechs Geschwistern auf – das prägte den angehenden Elektroniker

Wenn neun Familienmitglieder unter einem Dach leben, kann es schon mal turbulent zugehen. Felix Wagner durfte dieses Abenteuer Familie erleben: „Bei uns war immer viel los, es wurde nie langweilig“, erzählt der 20-Jährige, der mittlerweile ausgezogen ist und während seiner Berufsausbildung in Kiel in einer eigenen Bude lebt. „Wer aber denkt, dass wir ständig Rambazamba mit viel Lärm und Chaos im Haus hatten, der irrt: Unsere Eltern forderten von ihren sieben Kindern eine Menge Disziplin. Und wenn die Mama ‚nein‘ sagte, dann hieß das auch ‚nein“. Das akzeptierten wir alle.“

Und so ist es in einer Großfamilie auch selbstverständlich, dass alle mit anpacken, denn die Eltern können den Haushalt unmöglich alleine wuppen. „Mir machte es sogar Spaß, den Garten zu pflegen, und auch für den Einsatz an der Spülmaschine war ich oft zuständig“, berichtet Felix. Offenbar sind alle Geschwister ziemlich ausgeglichen und zufrieden. „Wir haben bis heute ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit. Das gibt uns Sicherheit im Leben“, meint der Computerfreak, der schon früh im Unternehmen des Vaters mit anpacken durfte. „Da konnte ich schon Geld für den Führerschein verdienen. Wir lebten auf dem Dorf; ohne Auto läuft da wenig, und ich wollte früh unabhängig sein. Beim Jobben entdeckte ich mein Interesse an Elektrik.“

So kompliziert ist Elektrik übrigens gar nicht: Das Prinzip der Stromspannung ist immer gleich, egal ob im Auto und bei der Hausinstallation.
– Felix Wagner

Seine Fachhochschulreife hat Felix am Regionalen Berufsbildungszentrum Technik in Kiel bestanden. „Aber zum Studieren habe ich noch keine Lust, ich wollte auf jeden Fall etwas Praktisches machen.“ Es sollte schon die Elektronik sein, aber da es mehrere Fachrichtungen gibt, wählte Felix eine besonders anspruchsvolle – die für Energie- und Gebäudetechnik. „Dabei darfst du zum Beispiel an Mittelspannungsanlagen von Trafo-Stationen arbeiten und hast dadurch später eine größere Bandbreite an beruflichen Einsatzmöglichkeiten.“ Weil ein Stromschlag tödlich sein kann, steht das Thema Sicherheit gleich zu Beginn der Ausbildung im Mittelpunkt. Von seinem Kieler Betrieb wird der Azubi bereits im zweiten Lehrjahr für die Wartung und Prüfung von Transformatoren eingesetzt oder bei der Montage von Elektronikkomponenten in Solarparks in Holland. „So kompliziert ist Elektrik übrigens gar nicht: Das Prinzip der Stromspannung ist immer gleich, egal ob im Auto und bei der Hausinstallation.“

Ein Familienunternehmen – das ist unser Traum.

Obwohl Felix der Beruf Spaß macht, konnte er seine Geschwister nicht überzeugen. „In unserer Familie haben alle den Ehrgeiz, etwas völlig anderes zu machen. Meine jüngere Schwester lernt in Österreich Hotelfachfrau, mein älterer Bruder will Schiffsmechaniker werden. Zwei andere Brüder studieren Agrarwissenschaften und Informatik.“ Nur die beiden jüngeren Geschwister gehen noch zur Schule. Weil der Kontakt unter den Geschwistern ziemlich eng ist, geistere da so ein Traum in den Köpfen herum, erzählt Felix: „Vielleicht können wir mit unseren ganz unterschiedlichen Begabungen irgendwann gemeinsam eine eigene Firma gründen. Ein Familienunternehmen – das ist unser Traum.“

Mir macht es Spaß, PCs zu Hochleistungsrechnern aufzurüsten

Und weil er mit seiner Fachhochschulreife die eigentlich dreieinhalbjährige Ausbildung um ein Jahr verkürzen kann, darf sich Felix bald als frischgebackener Elektroniker fühlen. Wie es dann weitergeht, weiß er noch nicht. Vielleicht arbeiten, vielleicht auch ein Studium draufsatteln? „Schauen wir mal, ich lass mich überraschen.“ Sein großes Hobby sind allerdings schon seit langem Computer. „Mir macht es Spaß, PCs zu Hochleistungsrechnern aufzurüsten. Manchmal baue ich auch Computer für Freunde zusammen“, erzählt der Blondschopf. Aber ein Klischee-Nerd ist Felix Wagner deshalb noch lange nicht: Er ist offen für die Welt und will noch viel erleben. Und so richtig austoben kann er sich auf dem Bolzplatz – beim Kicken mit Freunden.

TEXT & FOTOS Joachim Welding