Einfach gute Architektur – Im Gespräch mit Prof. Dipl.-Ing. Philipp Kamps

Einfach gute Architektur – Im Gespräch mit Prof. Dipl.-Ing. Philipp Kamps

Begabung und gesunder Menschenverstand. Wenn man Philipp Kamps fragt, sind das die wichtigsten Fähigkeiten, die einen Architekten auszeichnen. Wir sprachen mit dem Hamburger Architekten über seinen Weg in die Branche, seine Lehrtätigkeit an der „hochschule 21“, die Vor- und Nachteile eines dualen Studiums sowie über die Bedeutung von großen und kleinen Projekten.

ME2BE: Hallo Herr Kamps. Sie arbeiten seit nunmehr 25 Jahren als Architekt, beinahe 20 davon selbständig. Wie kamen Sie dazu, diesen Beruf zu wählen?

Philipp Kamps: Sowohl mein Großvater als auch mein Vater haben schon als Architekten gearbeitet. Ich bin sozusagen familiär vorbelastet und kam dadurch sehr früh mit dem Thema in Kontakt. Unsere Familienurlaube ähnelten öfter einer Architekturexkursion, dabei wollten wir Kinder lieber Eis essen und an den Strand (lacht). Heute bin ich sehr dankbar dafür. Durch meinen Vater konnte ich alle Aspekte des Berufes kennenlernen, auch die negativen.

Wollte Ihr Vater, dass Sie in seine Fußstapfen treten?

Er war am Anfang etwas skeptisch und fragte, ob ich mir wirklich sicher sei. Schließlich gab es bei weitem einfachere Berufe. Ich machte zwar noch ein Praktikum in einem Architekturbüro, aber ja, ich wollte auf jeden Fall Architekt werden. Für mich ist der Architektenberuf die Mischung eines Künstlers und eines Machers – und eben diese Kombination fand ich sehr spannend. Auf Anraten meines Vaters machte ich nach dem Abitur und dem Zivildienst eine Maurerlehre, bevor ich das Studium begann. Die Lehre hat mich weitergebracht, nicht nur in Bezug auf meine fachlichen Fähigkeiten. Ich bin persönlich gewachsen, bin reifer geworden.

Wie ging es nach dem Studium für Sie weiter?

Meinhard von Gerkan war einer meiner Professoren an der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig. Nach dem Abschluss fragte er mich, ob ich für ihn arbeiten möchte. Insgesamt war ich fünf Jahre bei ‚gmp – Gerkan, Marg und Partner‘ in Hamburg als Architekt tätig. Im Jahr 2000 habe ich mich mit zwei Kollegen selbständig gemacht und wir eröffneten ein eigenes Architektenbüro. Dieses führe ich bis heute mit meinem Partner Hakki Akyol.   

Eines Ihrer bekanntesten Projekte ist das ‚Klubhaus St. Pauli‘. Was waren die Herausforderungen bei diesem Auftrag?

Corny Littmann ist Bauherr und Betreiber des ‚Klubhaus St. Pauli‘. Sein Wunsch war es, dass alle roten Doppeldeckerbusse, die bei der Stadtrundfahrt die Reeperbahn passieren, vor dem neuen Gebäude halten. Mit diesem Anspruch sind wir in das Projekt gestartet. Das Markanteste an diesem Bau ist die transparente Medienfassade. Die 700 Quadratmeter große Fassade besteht aus zahlreichen in die Tiefe versetzten Metallrahmen, die vielfältig bespielt werden können. Medienfassaden sind eigentlich nichts Neues. Man kennt sie vom Times Square in New York oder Piccadilly Circus in London. Das besondere an unserer Fassade ist ihre Transparenz. Obwohl die gesamte Fläche mit LED-Modulen bestückt ist, bleibt der Blick von innen nach außen frei. Das war wichtig, weil das Klubhaus neben diversen Clubs, Theatern und Bars auch normale Büroräume beherbergt. Die Büromitarbeiter durften nicht von den LEDs gestört werden. Außerdem musste die Fassade genügend Tageslicht durchlassen und durfte nur nach unten abstrahlen, um die gegenüberliegenden Anwohner nicht zu blenden. Wir haben sehr gute Lösungen für diese Herausforderungen gefunden, und es ist ein einzigartiges Gebäude entstanden. Das Klubhaus ist ein echter Hingucker, selbst auf dem belebten Spielbudenplatz. Und anscheinend haben wir unsere Arbeit gut gemacht, denn die Stadtrundfahrt-Busse halten tatsächlich davor.    

Die Medienfassade vom „Klubhaus St. Pauli“ am Spielbudenplatz erstrahlt in bunten Farben.

 

Neben Ihrer Tätigkeit bei ‚akyol kamps architekten‘ unterrichten Sie an der ‚hochschule 21‘ in Buxtehude. Wie kamen Sie dazu, Architektur zu lehren?

Die Lehrtätigkeit habe ich kurz nach meiner Selbständigkeit begonnen. Eine pädagogische Ader hatte ich schon immer, und das Unterrichten macht mir bis heute große Freude, besonders an der ‚hochschule 21‘. Wir sind eine private Hochschule, an der man Architektur im dualen System studieren kann. Das bedeutet, dass die Studenten die Hälfte ihrer Studienzeit an der ‚hochschule 21‘ studieren und die andere Hälfte bei einem Praxispartner arbeiten, den sie sich vor dem Studienbeginn selbst aussuchen. Nach acht Semestern schließen sie das Studium mit dem Bachelor of Engineering ab.

Welche Vorteile bietet ein duales Architekturstudium?

In den Praxisphasen lernen die Studierenden den Arbeitsalltag eines echten Unternehmens sehr gut kennen. Sie arbeiten in Architektur- oder Planungsbüros, bei Bauunternehmen oder in Bauverwaltungen voll mit. Das gibt ihnen die Möglichkeit, ihr späteres Berufsfeld zu erkunden und praxisnahe Erfahrungen zu sammeln, die sie bei einem Vollzeitstudium erst nach dem Examen machen könnten. Sie bauen sich gleichzeitig ein gutes Netzwerk für die Zeit nach ihrem Abschluss auf. Viele arbeiten nach dem Studienende für ihre Praxisunternehmen weiter.

Gibt es auch Nachteile?

Durch den hohe Praxisanteil ist das duale Studium natürlich arbeitsintensiver als ein klassisches Studium. Aber einen Nachteil sehe ich darin nicht. Natürlich müssen die Studierenden Engagement zeigen und fleißig sein, aber das gehört für mich zum Studium dazu. Wer wirklich will, der schafft das allemal. Dafür hat man an der ‚hochschule 21‘ die besten Voraussetzungen. Wir legen großen Wert auf individuelle Betreuung, kleine Lerngruppen und persönlichen Kontakt. Die Studienplätze für Architektur sind auf 45 limitiert, und um die hohe Qualität des Studiums zu gewährleisten, wird das auch so bleiben.

Das Büro von akyol kamps architekten bda GmbH (links) und das Bürogebäude für die Otto Group.

An der ‚hochschule 21‘ gibt es keinen NC. Was müssen Bewerber mitbringen, um einen Studienplatz ergattern?

Zunächst absolvieren alle Bewerberinnen und Bewerber einen Allgemeinbildungstest sowie eine einfache Zeichenübung. Wir wollen ihren Wissenstand und ihre Fähigkeiten einschätzen, bevor wir in ein persönliches Gespräch mit ihnen gehen. Im Gespräch möchten wir dann den Menschen kennenlernen. Was hat er für Vorstellungen und was motiviert ihn, diesen Studiengang zu wählen?

Was macht für Sie einen guten Architekten aus?

Ein guter Architekt muss zuerst sein Handwerk beherrschen. Neben der fachlichen Kompetenz spielt allerdings die soziale Kompetenz eine ausgesprochen große Rolle. Architekten sind das Bindeglied zwischen den vielen Akteuren, die bei einem Bauvorhaben zusammenkommen. Wir halten von der ersten Idee bis zur Fertigstellung die sprichwörtlichen Fäden in der Hand. Unser Beruf hat natürlich auch etwas mit Begabung zu tun. Wenn ein Gebäude gut konstruiert ist, ihm aber die Anmut oder der Geist fehlt, dann ist es keine gute Architektur. Wenn wiederum das Bauwerk eine schöne Form hat, aber schlecht konstruiert ist oder die Bedürfnisse seiner Nutzer nicht erfüllt, dann ist das auch nicht gut. Unsere Arbeit ist immer an die Realität gekoppelt. Architekten arbeiten genau an der Schnittstelle zwischen Form und Funktion, und das macht unseren Beruf auch so spannend.

Haben Sie ein Lieblingsprojekt?

Tatsächlich habe ich kein Lieblingsprojekt. Viele unserer Projekte stehen in Hamburg. Da macht es mir natürlich Spaß, daran vorbeizufahren und zu sehen, wie gut sie geworden sind und man mit seiner Arbeit einen Beitrag für das Stadtbild leisten konnte. Ich empfinde jedes neue Projekt als Herausforderung, egal wie groß oder klein es ist. Ob wir einen neuen Bürokomplex für OTTO entwerfen oder ein kleines Rechenzentrum für die Universität Hamburg sanieren, spielt für mich keine große Rolle. Was man eher sagen könnte, ist, dass ich einen Lieblingsmoment habe, wenn wir mit einem neuen Projekt beginnen. Wenn man anfängt nachzudenken, die ersten Striche aufs Papier bringt, die Idee zu etwas Konkretem wird und man merkt, das wird gut. Architektur ist ein Abenteuer, das einen immer wieder aufs Neue herausfordert.

Herr Kamps, vielen Dank für das Gespräch.

Weitere Informationen zum dualen Studium an der „hochschule 21“ unter www.hs21.de.

 

TEXT Katharina Grzeca

FOTOS Christian Brandes/akyol kamps