Es gibt Dinge, die immer wiederkehren, weil die Natur es so will. Wie Ebbe und Flut an der Nordsee. Und dann gibt es Menschen, die wieder an Orte zurückkehren, doch dies liegt nicht an der Natur der Dinge, sondern an den Orten. Die Nordseeschule in St. Peter-Ording ist so ein Ort.
Seit 1945 gibt es die Nordseeschule, auch wenn sie damals noch anders hieß. Seit dem Jahr 2009 ist die Nordseeschule ein Gymnasium mit integrierter Gemeinschaftsschule. Außerdem ist sie das einzige staatliche Gymnasium mit angeschlossenem Internat in Schleswig-Holstein. Dies allein ist zwar ein besonderes Charakteristikum, macht aber nicht den eigentlichen Reiz der Nordseeschule aus. Wir haben mit dem Schulleiter Herrn Hokamp darüber gesprochen, was die Nordseeschule zu einem besonderen Ort macht.
Zur Zeit werden hier etwa 700 Schülerinnen und Schüler unterrichtet; im gymnasialen Zweig gibt es nur noch G9 Klassen. „Das ist ein wichtiges Merkmal”, erzählt uns Herr Hokamp, „wir haben Schüler, die einen weiten Fahrtweg auf sich nehmen, um im G9-System unterrichtet zu werden. Ich bin von G9 überzeugt; deswegen haben wir den erst möglichen Termin genutzt, um wieder zum diesem System zurückzukehren.”
Doch G9 ist nicht die einzige Besonderheit der Schule, die nur einen Steinwurf vom Deich der Nordsee entfernt liegt.
Als ausgezeichnete Europaschule glänzt sie mit einem vielfältigen Austauschprogramm, mit Partnerschulen in Italien, Frankreich, Spanien, aber auch in Mexiko. In der Mittelstufe wird das Fach Geografie auf Englisch unterrichtet, und bis zum Abitur können die Schülerinnen und Schüler bis zu vier Sprachen belegen.
Auch Nachhaltigkeit wird an der Nordseeschule groß geschrieben. Sie ist Zukunftsschule und Nationalparkschule. Das Dach wurde zum Beispiel mit Solarplatten ausgestattet, und die Zusammenarbeit mit dem Nationalpark Wattenmeer besteht schon seit vielen Jahren.
Einige unserer Mannschaften sind regelmäßig an deutschen Meisterschaften beteiligt.
-Herr Hokamp
Außergewöhnlich ist aber auch die sportliche Ausrichtung der Schule. „Wir haben eine offene Ganztagsbetreuung mit vielen AGs, darunter zahlreichen Sport-AGs. Einige unserer Mannschaften sind regelmäßig an deutschen Meisterschaften beteiligt. Im Unterschied zu anderen Schulen der Umgebung haben wir unser Sportprofil in der Oberstufe ausgebaut.” Der sportliche Spirit der Schule zeigt sich auch in anderen Teilen der Schule. Alle Schüler, mit denen wir sprechen, erzählen uns von ihren Sportvereinen sowie vom Zusammenhalt und der Gemeinschaft an der Schule.
Diese Gemeinschaft ist etwas, das Herrn Hokamp sehr am Herzen liegt. „Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, dass sich hier alle wohl fühlen. Dass unsere Gemeinschaft so stark ist, liegt sicher auch daran, dass viele eine starke Bindung zur Nordseeschule und Eiderstedt haben. Acht Kollegen sind ehemalige Schüler der Nordseeschule – mich eingeschlossen. Unsere Ehemaligentreffen sind ebenfalls extrem gut besucht; fast alle ehemaligen Internatsschüler kommen zu diesen Treffen aus aller Welt angereist.”
Die Tatsache, dass der Schulleiter zurückgekehrt ist, hat ebenfalls mit dem besonderen Gemeinschaftsgefühl zu tun. „Ich hätte an keiner anderen Schule den Posten des Schulleiters übernommen, aber die Nordseeschule liegt mir sehr am Herzen. Die Chance, über Belange der Schule mitzuentscheiden und dafür zu sorgen, dass man sich hier wohl fühlen kann, konnte ich mir nicht entgehen lassen.”
Uns interessiert, wie die Schule mit dem Thema Digitalisierung umgeht. „Wir sind uns im Kollegium einig, dass man die Digitalisierung nicht aufhalten kann und soll”, sagt Herr Hokamp. „Wir denken aber auch, dass es nicht sinnvoll ist, umstandslos auf digitale Medien umzusteigen. Lehren und Lernen ist ja auch eine persönliche Sache, und man muss berücksichtigen, dass nicht alle Kollegen optimal mit digitalen Medien umgehen können. Das Medium muss zur Person passen, und wenn man mit der klassischen grünen Tafel besser arbeiten kann, wird der Unterricht nicht besser, nur weil in der Klasse ein Whiteboard hängt.
Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. Wir haben Medienpräventionstage, an denen wir alle – Schüler, Eltern und Lehrer lernen, worauf es beim Umgang mit den aktuellen Medien ankommt, und wir arbeiten auch im Unterricht immer wieder mit Computern, Beamern, Whiteboards und auch Handys. Es kommt aber eben darauf an, was in der jeweiligen Situation sinnvoll ist. Digitalisierung ist nicht wichtiger als das individuelle Lernen.”
Als wir die Schule verlassen haben und unseren Tag Revue passieren lassen, wird uns klar: Die Nordseeschule ist ein Ort, den man so schnell nicht vergisst. Die einzigartige Lage, die starke Gemeinschaft und die Wertschätzung jedes einzelnen lassen Menschen an diesen Ort zurückkehren. Immer und immer wieder… und manchmal für immer.
TEXT & FOTOS Jana Limbers